Direkt zum Inhalt

Lexikon der Mathematik: Wendepunkt

liegt an einer inneren Stelle a des Definitionsbereichs D ⊂ ℝ einer Funktion f : D → ℝ vor, wenn sich an der Stelle a das Konvexitätsverhalten von f von strenger Konvexität zu strenger Konkavität oder umgekehrt ändert, d. h. wenn es ein ϵ > 0 derart gibt, daß [aϵ, a + ϵ] ⊂ D gilt und f streng konvex in [aϵ, a] sowie streng konkav in [a, a + ϵ] ist oder umgekehrt. Man beachte: Teilweise wird in der Literatur statt strenger Konvexität / Konkavität nur Konvexität / Konkavität gefordert. Dann hätte z. B. eine auf ℝ definierte konstante Funktion an jeder Stelle einen Wendepunkt.

Die Definition macht keine weiteren Voraussetzungen an die Funktion (wie Stetigkeit oder Differenzierbarkeit). Beispielsweise hat die stetige Funktion \({\mathbb{R}}\,{\unicode {8717;}}\,x\mapsto \mathrm{sgn}(x)\cdot \sqrt{|x|}\in {\mathbb{R}}\) an der Stelle 0 einen Wendepunkt, ist dort aber nicht differenzierbar. Durch Addition von sgn(x) zu dieser Funktion erhält man sogar eine Unstetigkeit am Wendepunkt.

Abbildung 1 zum Lexikonartikel Wendepunkt
© Springer-Verlag GmbH Deutschland 2017
 Bild vergrößern

Einen Wendepunkt an einer Stelle a, an der die Funktion differenzierbar ist und eine horizontale Tangente besitzt (d. h. f′ (a) = 0), bezeichnet man auch als horizontalen Wendepunkt oder als Terrassenpunkt. Ein Beispiel ist etwa die Funktion ℝ ∋ x ↦ sgn(x) · x2 ∈ ℝ an der Stelle 0.

Abbildung 2 zum Lexikonartikel Wendepunkt
© Springer-Verlag GmbH Deutschland 2017
 Bild vergrößern

Hat f an der Stelle a einen Wendepunkt und ist in einer Umgebung von a differenzierbar, so hat f′ an der Stelle a ein lokales Extremum, und zwar ein lokales Minimum beim Wechsel von Konkavität zu Konvexität und ein lokales Maximum beim Wechsel von Konvexität zu Konkavität. Hat f an der Stelle a einen Wendepunkt und ist in einer Umgebung von a zweimal differenzierbar, so folgt f″ (a) = 0.

Umgekehrt gilt: Ist f dreimal differenzierbar an der Stelle a mit f″ (a) = 0 und f″′ (a) ≠ 0, so hat an der Stelle a einen Wendepunkt. Der Satz von Maclaurin (Maclaurin, Satz von) verallgemeinert diese Aussage im Fall f′ (a) = 0, also eines horizontalen Wendepunkts. Die Voraussetzung f″′ (a) ≠ 0 ist wesentlich, wie man etwa bei der Funktion ℝ ∋ xx4 ∈ ℝ an der Stelle a = 0 sieht.

Ein Punkt p einer ebenen algebraischen KurveC heißt Wendepunkt, wenn C glatt in p ist und die Tangentialgerade an C in p die Kurve mindestens von der Ordnung 3 schneidet, was hier einfach bedeutet, daß die Gleichung von C, eingeschränkt auf diese Gerade, eine mindestens dreifache Nullstelle hat.

  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.