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Lexikon der Mathematik: Zusammenhang auf einem Vektorbündel

Begriff aus der algebraischen Geometrie.

Es seien X eine komplexe Mannigfaltigkeit und \({\mathbb{F}}={\mathbb{C}}\) oder ein glattes algebraisches Schema über einem Körper \({\mathbb{F}}\), sowie \({\mathcal{E}}\) ein Vektorbündel über X.

Ein Zusammenhang auf \({\mathcal{E}}\) ist ein \({\mathbb{F}}\)-linearer Operator \(D:{\mathcal {E}} \to {\Omega }_{X}^{1}\otimes{_{\mathcal{O}_{X}}}{\mathcal {E}} \) (\({\Omega }_{X}^{1}\) die Garbe der Differentialformen über \({\mathbb{F}}\)), der der Leibnizregel \begin{eqnarray}\nabla (fs)=df\otimes s+f\nabla s\end{eqnarray} (\((f\in {{\mathcal{O}}}_{X})\), S ∈ \({\mathcal{E}}\)) genügt. Der Schnitt ∇(s) heißt die kovariante Ableitung von s bez. des Schnittes s. Analog wird im C-Fall der Begriff „Zusammenhang“ auf einem C-Vektorbündel E definiert, an die Stelle von \({\mathcal{E}}\), \({{\mathcal{O}}}_{X}\) bzw. \({\Omega}_{X}^{1}\) hat man hier die Garben der C-Schnitte \({C}_{X}^{\infty }(E),\,{C}_{X}^{\infty },\,{C}_{X}^{\infty }(T^\ast X)\) zusetzen. Während im C-Fall auf jedem Vektorbündel Zusammenhänge existieren, ist das im komplexanalytischen oder algebraischen Fall nicht immer gewährleistet, notwendig und hinreichend ist hier das Verschwinden einer bestimmten Kohomologie-Klasse, der sog. Atiyah-Klasse.

Ebenso läßt sich der Begriff auf meromorphe Zusammenhänge ausdehnen, wobei insbesondere der Zusammenhang mit logarithmischen Polen wichtig ist. Ein meromorpher Zusammenhang mit Polen in einem (effektiven) Divisor DX ist ein Operator \begin{eqnarray}\nabla : {\mathcal E} \to {\Omega }_{X}^{1}(* D){\otimes }_{{{\mathcal{O}}}_{X}} {\mathcal E} \end{eqnarray}\(\begin{eqnarray}({\Omega }_{X}^{1}(\ast D)={\bigcup }_{k\ge 0}{\Omega }_{X}^{1}(kD)\end{eqnarray}\), \(\begin{eqnarray}{\Omega }_{X}^{1}(kD)\end{eqnarray} \) = Formen mit höchstens k-fachem Pol längs D), der die Leibnizregel erfüllt, und ∇ hat logarithmische Singularitäten, wenn D nur Normale Kreuzungen hat und ∇ über \({\Omega }_{X}^{1}(\mathrm{log}D){\otimes }_{{\mathcal{O}}X}{\mathcal {E}} \) (Log-Komplex) faktorisiert.

Lokal, d.h., wenn ein Isomorphismus \({\mathcal{E}} \simeq {{\mathcal{O}}}_{X}^{r}\) vorliegt, läßt sich ∇ in der Form ∇v = dv + w · v schreiben, mit \(v\in {{\mathcal{O}}}_{X}^{r}\), aufgefaßt als Spaltenvektor, und einer (r × r)-Matrix w (mit Einträgen aus \({\Omega }_{X}^{1}\,\text{resp}.{C}^{\infty }(T^* X)\,\text{resp}.{\Omega }_{X}^{1}(* D)\), usw.). Jede solche Matrix definiert (lokal) einen Zusammenhang. Der Operator ∇ läßt sich zu Operatoren \begin{eqnarray}{\Omega }_{X}^{p}\otimes{_{\mathcal{O}_{X}}}{\mathcal{E}} \to {\Omega }_{X}^{p+1}\otimes {_{\mathcal{O}_{X}}}{\mathcal{E}} \end{eqnarray} (analog für die anderen Fälle) fortsetzen durch \begin{eqnarray}\nabla (\alpha \otimes s)=d\alpha \otimes s+(-1)^p\alpha \wedge \nabla s,\end{eqnarray} (α p-Form, s ∈ \({\mathcal{E}}\)). Dabei stellt sich heraus, daß \begin{eqnarray}\nabla \circ \nabla :{\Omega }^{p}\otimes {_{\mathcal{O}_{X}}}{\mathcal{E}} \to {\Omega }^{p+2}\otimes {_{\mathcal{O}_{X}}}{\mathcal{E}} \end{eqnarray} die Form IdF mit einem \({{\mathcal{O}}}_{X}\)-linearen Operator \begin{eqnarray}F=\nabla \circ \nabla :{\mathcal{E}} \to {\Omega }^{2}\otimes {_{\mathcal{O}_{X}}}{\mathcal{E}} \end{eqnarray} hat. In lokaler Form ist F durch die Matrix \begin{eqnarray}dw+w\wedge w\end{eqnarray} gegeben. Dieser \({{\mathcal{O}}}_{X}\)-lineare Operator heißt Krümmung des Zusammenhanges ∇ oder der Krümmungstensor von ∇. Sind \({\mathcal{E}}\)1, \({\mathcal{E}}\)2 mit Zusammenhängen ∇1, ∇2 versehen, so auch die Bündel \({\mathcal{E}}_{1}{\otimes }_{{\mathcal{O}_{X}}}{\mathcal{E}}_{2}\) mit \begin{eqnarray}\nabla ({s}_{1}\otimes {s}_{2})=\nabla ({s}_{1})\otimes {s}_{2}+{s}_{1}\otimes \nabla ({s}_{2})\end{eqnarray} bzw. \( {\mathcal H} {\text{om}}_{{{\mathcal{O}}}_{X}}({\mathcal E}_{1},{\mathcal E}_{2})\) mit \begin{eqnarray}\nabla (\varphi )({s}_{1})=\nabla (\varphi )({s}_{1}))-(1\otimes \varphi )\nabla ({s}_{1}).\end{eqnarray}

Insbesondere gilt also ∇(F) = 0 (die sog. zweite Bianchi-Idendität, die einfach aus \(\nabla \circ (\nabla \circ \nabla )=(\nabla \circ \nabla )\circ \nabla \) folgt).

Im Falle \({\mathcal {E}} ={\Theta }_{X}\) sei σ der Schnitt von \({\Omega }_{X}^{1}\otimes {{\mathcal{O}}}_{X}{\Theta }_{X}\). Dann heißt \begin{eqnarray}T=\nabla {\unicode {x03C3}}\in {\Omega }_{X}^{2}\otimes {_{\mathcal{O}_{X}}}{\Theta }_{X}\end{eqnarray}

Torsion des Zusammenhangs. Für Vektorfelder \({v}_{1},{v}_{2}\in {\Theta }_{X}\) ist \begin{eqnarray}T({v}_{1}\wedge {v}_{2})={\nabla }_{v_1}({v}_{2})-{\nabla }_{v_2}({v}_{1})-[{v}_{1},{v}_{2}].\end{eqnarray}

Wenn T = 0, so heißt ∇ torsionsfreier Zusammenhang. Ist g eine symmetrische Bilinearform \begin{eqnarray}{\Theta }_{X}\otimes {\Theta }_{X}\to {{\mathcal{O}}}_{X},\end{eqnarray}die nirgends ausgeartet ist, so gibt es einen eindeutig bestimmten torsionsfreien Zusammenhang ∇ auf ΘX mit den Eigenschaften ∇(g) = 0 (d. h. \begin{eqnarray}dg(v,w)=g(\nabla v,w)+g(v,\nabla w)),\end{eqnarray} dieser heißt Levi-Civita-Zusammenhang. Analoges gilt im C-Fall.

Schnitte s mit ∇s = 0 heißen flache Schnitte, und die Bedingung F = 0 ist notwendig und hinreichend für die Eigenschaft, daß das Bündel lokal durch flache Schnitte erzeugt wird. In diesem Falle bilden die flachen Schnitte eine lokal konstante Garbe E von Vektorräumen mit \({\mathcal {E}} ={{\mathcal{O}}}_{X}{\otimes }_{{\mathbb{C}}}E\), und jede solche Garbe \({\mathcal{E}}\) entspricht einem Bündel ε mit flachem Zusammenhang.

Zusammenhänge mit F = 0 heißen flach oder in-tegrabel. Ein wichtiges Resultat über integrable Zusammenhänge ist Delignes Fortsetzungssatz:

Ist D Divisor mit normalen Kreuzungen auf einer komplexen Mannigfaltigkeit X, und ist (\({\mathcal{E}}\)0, ∇0) ein holomorphes Vektorbündel auf X \ D mit einem flachen holomorphen Zusammenhang0, so gibt es eine Fortsetzung (\({\mathcal{E}}\), ∇) zu einem holomorphen Vektorbündel \({\mathcal{E}}\)auf X und einem meromorphen Zusammenhangmit logarithmischen Polen längs D.

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  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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