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Lexikon der Neurowissenschaft: Endocytose

Endocytose w [von griech. endon = innen, kytos = Höhlung (heute: Zelle)], E endocytosis, Einschleusen von extrazellulärem, korpuskulärem (Phagocytose) oder gelöstem (Pinocytose) Material in die Zelle im Zuge eines Vesikulationsvorgangs der Plasmamembran (Membran, Membranfusion). Vor allem bei Protozoen (Einzellern) sind einfache, relativ unspezifische Endocytoseformen zu finden, die ausschließlich der Nahrungsaufnahme dienen. Die Endocytosevesikel (Endosomen) fusionieren hier mit primären Lysosomen zu sekundären Lysosomen, in denen der enzymatische Abbau des endocytierten Materials stattfindet. Bei höheren Organismen dient die Endocytose meist nicht der Nahrungsaufnahme, sondern je nach Zelltyp der Eliminierung von körpereigenen oder körperfremden Zellen oder Makromolekülen, der Aufnahme bestimmter Verbindungen in die Zelle zur Weiterverarbeitung oder Deponie, der Aufnahme von Mikroorganismen und Makromolekülen zur Antigenpräsentation und damit zur Induktion der humoralen Immunantwort oder dem Transport von Makromolekülen durch Epi- und Endothelzellen (auch als Transcytose oder Cytopempsis bezeichnet). Auch membranumhüllte Viren nutzen zelluläre Endocytosemechanismen, um in die Zelle einzudringen. Die vielfältigen Aufgaben erfordern spezifische Erkennungsmechanismen, die über entsprechende Rezeptoren vermittelt werden. Die Bereiche der Plasmamembran, in denen diese rezeptorvermittelte Endocytose erfolgt, tragen auf der cytoplasmatischen Seite meist einen Clathrin-Mantel, eine Hülle aus polyedrisch angeordneten Clathrin-Molekülen (auch andere Proteine sind möglich), und werden coated pits genannt. In diesen coated pits befinden sich die Endocytose-Rezeptoren, einige sammeln sich dort erst nach der Beladung mit Liganden. Die Membranbereiche stülpen sich nach der Beladung zur P-Seite der Membran hin (in die Zelle) ein und bilden dann nach der Abschnürung die (Clathrin-)coated vesicles. Nach dem Verlust der Clathrinhülle verschmelzen die Vesikel mit frühen Endosomen. Die Liganden dissoziieren im sauren Milieu der frühen Endosomen von den Rezeptoren ab und landen schließlich in den Lysosomen; einige der Rezeptoren gelangen vesikulär zur ursprünglichen Plasmamembran zurück, einige werden in Lysosomen abgebaut und manche begeben sich in eine andere Domäne der Plasmamembran. Das frühe Endosomen-Kompartiment (sorting vesicle) gewährleistet diese planmäßige Weiterverwendung der Membran und die Abgabe der Inhaltsstoffe. Gut untersucht ist die Aufnahme von Lipoproteinen geringer Dichte mittels des LDL-Rezeptors (low density lipoprotein Rezeptor) und der Transport von Eisen in proteingebundener Form mit Hilfe des Transferrin-Rezeptors. – In der Präsynapse (Synapsen) spielt Endocytose insbesondere bei der Wiederaufnahme von Membranmaterialien eine Rolle. Dabei werden die Membranbestandteile, die zuvor bei der Ausschleusung von Neurotransmittern mittels Exocytose in die Zellmembran gelangt waren, in Form von Clathrin-coated pits abgeschnürt und wieder in die Zelle zurücktransportiert. Man hat auch Clathrin-unabhängige Endocytose an Nervenzellen nachgewiesen. Die eingeschnürten Vesikel enthalten die ursprünglichen Membranproteine der synaptischen Vesikel sowie eingefangene Moleküle des externen Mediums. Diese Endocytose kann konstitutiv unter zufälliger Aufnahme von extrazellulären Molekülen erfolgen, andererseits bewirken extrazelluläre Signale (z.B. die Bindung des Nervenwachstumsfaktors, NGF, an seinen Rezeptor) die gezielte Aufnahme eines Membranabschnitts. Die durch Endocytose aufgenommenen Substanzen, z.B. der NGF, aber auch Viren und Toxine, gelangen mit Hilfe des schnellen retrograden Transports (mittels eines Antiebsmoleküls, einer Form des Dyneins) von der Synapse zum Perikaryon (axonaler Transport).

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