Lexikon der Neurowissenschaft: Konfliktverhalten
Konfliktverhaltens [von latein. conflictus = Zusammenstoß],E conflict behavior, Verhaltensweisen bei gleichzeitiger Aktivierung zweier Verhaltenssysteme, deren Handlungen sich ausschließen ( siehe Zusatzinfo ). Da meist nur ein System das momentane Verhalten bestimmen kann, ist Konfliktverhalten häufig und wurde in der Ethologie vielfach untersucht. Die Stärke des Konflikts und die Ausprägung des Konfliktverhaltens hängen dabei von der Stärke der Gesamterregung und vom gegenseitigen Verhältnis der konkurrierenden Motivationen, Tendenzen usw. ab. Stammesgeschichtlich kann Konfliktverhalten durch Ritualisierung zu einem der Kommunikation dienenden Auslöser werden, z.B. Drohverhalten. In der Verhaltensphysiologie wurde Konfliktverhalten auch dadurch untersucht, daß durch elektrische Hirnreizung zweier Rindenfelder beim Huhn unvereinbare Verhaltenstendenzen aktiviert wurden. Bereitschaft, Übersprungverhalten.
Konfliktverhalten
Kategorien von Konfliktverhalten:
gehemmteIntentionsbewegungen: z.B. wieder abgebrochenes Vorwärtsgehen bei einem Angriff (dies kann zu den bekannten Pendelbewegungen führen); auch das menschliche Ballen der Faust bei Ärger kann als gehemmte Intention zum Zuschlagen gedeutet werden.
ambivalentes Verhalten: z.B. das ängstliche Beobachten eines Löwen durch eine Gazelle, die noch an Futterresten im Maul weiterkaut; der Konflikt führt zu einer Mischung von Freß- und Fluchtverhaltensweisen.
umorientierteBewegungen: z.B. Angriffsbewegungen, die am eigentlichen Gegner vorbei zielen; so rupfen Silbermöwen bei Revierkämpfen demonstrativ an Grasbüscheln.
Übersprungverhalten: z.B. das überraschende Einnehmen der Schlafstellung bei Austernfischern mitten in einer Revierauseinandersetzung; dabei tritt, während zwei Verhaltenssysteme im Konflikt stehen, plötzlich ein Element aus einem dritten System auf.
vegetative Reaktionen: z.B. das Sträuben und Glätten von Federn bei Vögeln (das eigentlich der Warmeregulation dient), Haarsträuben, rasches Atmen usw.; beim Menschen kommen Erröten, Schwitzen, Frösteln, Zittern u.a. Reaktionen der Temperaturregelung vor.
Anfälle: z.B. wilde motorische Aktivität und Schreien, kommen bei extremen inneren Konflikten vor; sie wurden bei Mäusen unter Laborbedingungen untersucht; vermutlich bricht die geordnete Verhaltenssteuerung bei einem Anfall unter der Belastung des Konflikts zusammen.
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