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Lexikon der Neurowissenschaft: Mikrogliazellen

Mikrogliazellen [von griech. mikros = klein, glia = Leim], Hortega-Zellen, Mikroglia, E microglia,Bezeichnung für teilungsfähige Gliazellen des Nervensystems, die im Gegensatz zu den Makrogliazellen nicht ektodermalen Ursprungs sind, sondern sich von Blutzellen (vermutlich Makrophagen) ableiten und daher vom Mesoderm abstammen. Während der frühen Ontogenese des Nervensystems wandern vom Knochenmark stammende Monocyten in das sich entwickelnde Gehirn. In dieser Phase phagocytieren diese noch nicht gereiften amöboiden Mikrogliazellen hauptsächlich degenerierende Zellen, die durch ontogenetischen Zelltod anfallen. Zusätzlich können sie Wachstumsfaktoren und Cytokine absondern, die wiederum Neuritenwachstum, Gliogenese und Angiogenese regulieren können. Mikrogliazellen leisten somit in mehrfacher Hinsicht einen bedeutenden Beitrag zur Gehirnentwicklung. Während der späten Phase der Gehirnentwicklung verändern sie ihre Morphologie von amöboid zu stark verzweigt und behalten diese auch im erwachsenen Zustand bei. Im erwachsenen Zentralnervensystem (ZNS) finden sich Mikrogliazellen in allen Gehirnregionen, wobei phylogenetisch jüngere Bereiche (Großhirnrinde, Hippocampus) und die graue Substanz mehr Mikroglia enthalten als ältere Gebiete (Hirnstamm, Kleinhirn) bzw. die weiße Substanz. – 5-20% aller Gliazellen im Gehirn der Maus sind Mikrogliazellen. Ihre Rolle im erwachsenen Gehirn ist nicht klar definiert. Sie können aber mit Sicherheit als Teil des Immunsystems des ZNS, das ja durch die Blut-Hirn-Schranke von den Immunzellen des Blutes abgeschnitten ist, angesehen werden. Mikrogliazellen sind in der Lage, Antigene zu präsentieren und freie Sauerstoffradikale, Stickoxid und Interleukine abzugeben. Bei praktisch allen Formen von Gehirnpathologie, ob krankheitsbedingt (Alzheimer-Krankheit, multiple Sklerose etc.) oder verletzungsbedingt, kommt es zu einer Aktivierung von Mikrogliazellen. Zum einen bedeutet dies eine Veränderung der Zellmorphologie (Stäbchenglia), bei der sich die Fortsätze verdicken und die Zellkörper vergrößern, zum anderen kommt es zu einer vermehrten Produktion von Makrophagen-spezifischen Proteinen. Aktivierte Mikrogliazellen können wieder phagocytotisch aktiv werden und Zelltrümmer abgestorbener Zellen entfernen. Im peripheren Nervensystem übernehmen eingewanderte Makrophagen diese Funktion. Sowohl ruhende als auch aktivierte Mikrogliazellen können spezifisch mit einem Antikörper gegen Ferritin angefärbt werden. Ob die von aktivierten Mikrogliazellen abgegebenen Substanzen pathologische Prozesse auslösen oder verstärken können, ist noch Gegenstand intensiver Untersuchungen. Neuroimmunologie.

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