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Lexikon der Neurowissenschaft: Sauberkeitserziehung

Sauberkeitserziehung w, Bezeichnung für eine Reihe pädagogischer Maßnahmen, gedacht als Unterstützung einer perfekten Blasen- und Darmkontrolle. Da die Darmkontrolle bei fast allen Kindern zuerst und problemlos verläuft (über 90% aller Kinder können bis zum 3. Geburtstag ihren Darm regelmäßig kontrolliert entleeren), wird eine Sauberkeitserziehung vor allem in Bezug auf die Blasenkontrolle durchgeführt ( siehe Zusatzinfo ).

Sauberkeitserziehung

Neuere Forschungsergebnisse schränken sowohl die Effizienz als auch die Unbedenklichkeit einer frühen Sauberkeitserziehung ein. Das Erreichen der perfekten Blasenkontrolle ist ein durch Erziehung in Ablauf und Geschwindigkeit nicht beeinflußbares biologisches Reifungsphänomen. Mit oder ohne Sauberkeitserziehungsmaßnahmen werden Kinder am Tag durchschnittlich mit 28 Monaten trocken, nachts durchschnittlich mit 33 Monaten. Erst wenn die neurophysiologischen Voraussetzungen für eine kontrollierte Harnabgabe ausgereift sind, können Erziehungshilfen seitens der Eltern das Ergebnis dieses Entwicklungsstands verbessern. Die perfekte Blasenkontrolle setzt sich aus Reifungs- und Lernleistungen zusammen. Das Körpersignal Harndrang (entstanden durch Meldungen der Dehnungsrezeptoren der Blasenwand) wahrnehmen und differenzieren zu können, ist eine neurophysiologische Reifungsleistung und von außen nicht beeinflußbar. Ist dieses Stadium erreicht, wird durch Unterstützung der Eltern das rechtzeitige Reagieren auf den Harndrang in Form eines Aktivitätsabbruchs und Toilettengangs eingeübt. Die Fähigkeit, bei schwach gefüllter, ebenso wie bei prall gefüllter Blase willentlich Harn lassen zu können, ist wiederum ein Reifungsschritt, der die Voraussetzung für den Lernschritt prophylaktischer Toilettengänge (z.B. vor dem Schlafengehen) bildet. Die Fähigkeit, einen nötigen Toilettengang kurzfristig hinauszögern zu können, sowie die Fähigkeit, normalerweise ohne Blasenentleerung nachts durchzuschlafen, jedoch ausnahmsweise nach großen Trinkmengen nachts rechtzeitig aufzuwachen, sind wiederum Reifungsschritte, die einer nachfolgenden erlernten Perfektionierung vorausgehen müssen. Das Kind, das diesen Entwicklungsstand erreicht hat, kann durch Nachahmungslernen bei seinen älteren Geschwistern, Spielkameraden und Eltern die für unseren Kulturkreis üblichen Toilettengewohnheiten erlernen. Für die Reifungsanteile des Geschehens braucht das Kind eine möglichst ungestörte Entwicklungszeit (eine zu frühe, strenge Sauberkeitserziehung steht im Verdacht, den Zeitpunkt der perfekten Blasenkontrolle hinauszuschieben und eine Enuresis zu begünstigen). Für die nachgeordneten Lernschritte ist eine liebevolle, konsequente Unterstützung durch die Eltern förderlich.

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