Lexikon der Neurowissenschaft: supplementär-motorisches Areal
supplementär-motorisches Areal, supplementär-motorisches Rindenfeld, medialer prämotorischer Cortex, Abk. SMA, M II, E supplementary motor area, mittlerer Teil des Brodmann-Areals 6 am oberen hinteren Frontallappen; dient der Handlungsvorbereitung und -ausführung, d.h. der Planung und Auswahl erlernter, nicht reizinduzierter Bewegungen einschließlich des Sprechens (supplementäres Sprachareal), insbesondere bei bereits gelernten Wortfolgen, z.B. einer Aufzählung der Wochentage. Im Gegensatz zum Broca-Areal ist das SMA auch bei der Sprachinitiation wesentlich beteiligt. Es steht weit oben in der Hierarchie der Willkürmotorik (Wille, Willensfreiheit) und ist dem prämotorischen Cortex vorgeschaltet. Im Gegensatz zu diesem ist es bilateral aktiv und koordiniert die Bewegungen beider Körperseiten. Eine elektrische SMA-Stimulation führt zu bilateralen Bewegungen im Gegensatz zur lediglich einseitig-contralateralen Muskelinnervation von prämotorischem Cortex und Motorcortex. Das SMA ist auch bei bloßen Vorstellungen oder beim geistigen Nachvollziehen von Bewegungen (E mental rehearsal) aktiv und am impliziten Lernen beteiligt. Immer wenn der prämotorische Cortex aktiv ist, ist auch das SMA aktiv, das Umgekehrte gilt jedoch nicht. Das SMA gilt als die Quelle des Bereitschaftspotentials, das sich vor Handlungen (Aktion) im Elektroencephalogramm bemerkbar macht. Mit zunehmender motorischer Geläufigkeit wird die Bewegungsplanung vom SMA auf den primären Motorcortex verlagert. Das SMA erhält Inputs vom präfrontalen Cortex (Brodmann-Areal 46), vom somatosensorischen Cortex (Handlungsrückkopplungen via Propriorezeption), vom Scheitellappen (Brodmann-Areal 5) und vom ventrolateralen Nucleus des Thalamus, der u.a. Informationen vom Kleinhirn und den Basalganglien aufnimmt. Efferenzen führen zum prämotorischen und motorischen Cortex sowie zu einem kleinen Teil direkt ins Rückenmark. SMA-Läsionen führen beim Menschen (bei Affen aber meist nicht) zu einer transienten Akinese und zu Mutismus. Der Patient scheint stumm zu sein, antwortet aber auf Fragen, kann Wörter wiederholen, die er hört, oder Objekte benennen, die er sieht. Die zweihändige Koordination und Bewegungsimitation sind beeinträchtigt; auf der contralateralen Seite sind die Effekte stärker ausgeprägt. Meist bilden sich die Beeinträchtigungen mit der Zeit zurück, doch eine reziproke Koordinationsstörung bleibt lange bestehen.
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