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Lexikon der Neurowissenschaft: Temperaturregulation

Temperaturregulation w, Thermoregulation, Wärmeregulation, E thermoregulation, innerhalb der Organismen unterschiedlich gut ausgebildete Fähigkeit, ein thermisches Gleichgewicht mit der Umgebung, d.h. eine ausgeglichene Bilanz zwischen Wärmeaufnahme, -abgabe und -produktion, zu erreichen. Wirbellose und niedere Wirbeltiere regulieren ihre Körpertemperatur – wenn überhaupt – nur auf exogenem Weg über bestimmte Verhaltensweisen (z.B. Liegen in der Sonne oder Abkühlen im Wasser). Nur Vögel und Säuger verfügen über Temperaturregulationszentren im Gehirn, die die Körpertemperatur endogen auf einen bestimmten Sollwert (Regelung; siehe Abb. ) einregeln und konstant halten. Diese homoiothermen Tiere (Homoiothermie) besitzen 2 Zentren der Temperaturregulation im Hypothalamus, ein wärmeaktivierbares Temperaturzentrum im vorderen Teil und ein kälteaktivierbares im hinteren Teil (Kühlzentrum). Beide sind reziprok über hemmende Interneurone verschaltet. Periphere Wärme- und Kälterezeptoren in der Haut melden über Afferenzen Temperatur-Veränderungen an die entsprechenden Zentren, die ihrerseits über Efferenzen eine Reihe von thermoregulatorischen Reaktionen veranlassen. Neben den Hautrezeptoren sind Kerntemperaturrezeptoren im Bereich des Hypothalamus selbst gefunden worden, die auf Erwärmung ansprechen und dabei synergistisch mit den cutanen Rezeptoren wirken. Bei Ansteigen der Körper-Kerntemperatur, wie z.B. unmittelbar nach Beginn schwerer körperlicher Arbeit, können sofort Abkühlungsmechanismen in Gang gesetzt werden, noch bevor die Körperschale erwärmt wird. Bei den peripheren thermoregulatorischen Mechanismen selbst kann zwischen Wärmeproduktion und Steuerung der Wärmeabgabe unterschieden werden. Wärme wird entweder über aktive Muskelarbeit (Kältezittern bei starkem Frieren) produziert – ausgelöst durch vom hinteren Hypothalamus caudalwärts ziehende somatomotorische Nerven (zentrale Zitterbahn) – oder durch Aktivierung des Fettabbaus im braunen Fett (zitterfreie Thermogenese) über die Ausschüttung von Noradrenalin aus sympathischen Endigungen vegetativer Nerven. Diese Art der Wärmeerzeugung spielt insbesondere bei neugeborenen Tieren (einschließlich Mensch) sowie beim Aufwachen aus dem Winterschlaf eine Rolle. Schließlich wird über das Thyreoliberin aus dem Hypothalamus die Hypophyse zur Ausschüttung des Thyreotropins und damit zur Stimulation der Schilddrüse veranlaßt, was eine generelle Stoffwechselaktivierung zur Folge hat. Zur Steuerung der Wärmeabgabe wird die Durchblutung insbesondere der "Akren" (Finger, Hand, Ohren, Lippen, Nase), des Kopfs und der Extremitäten über noradrenerge sympathische Nerven variiert, wobei Kältebelastung zur Vasokonstriktion und Wärmebelastung zur Vasodilatation und damit zur Durchblutungssteigerung führen. Über cholinerge sympathische Nerven wird ferner die Schweißsekretion reguliert; das mit dem Schweiß ausgeschiedene Gewebshormon Bradykinin fördert ebenfalls die Vasodilatation. Außerdem kann – ebenfalls über sympathische Nerven – die Stellung von Federn oder (Fell-)Haaren (aufgerichtet oder angelegt, "Aufplustern") und damit die Größe des isolierenden eingeschlossenen Luftpolsters kontrolliert werden. Atmungsregulation, Temperatursinn, Thermorezeptoren.



Temperaturregulation

Die Regelung der Körpertemperatur läßt sich mit einem einfachen Schaltbild beschreiben. Dabei ist besonders deutlich die Auswirkung einer Sollwertverstellung zu sehen. Beim gesunden Menschen beträgt die Körpertemperatur etwa 37°C. Bei fiebrigen Krankheiten jedoch wird der Sollwert durch das hypothalamische Regulationszentrum erhöht und als Folge davon die Körpertemperatur heraufgesetzt. Schon bei ca. 37°C Körper-Kerntemperatur antwortet der Fiebernde daher mit Erwärmungsprozessen (Schüttelfrost = Extremform des Kältezitterns). Abklingen des Fiebers bedeutet, daß der Sollwert wieder auf den normalen Wert von 37°C erniedrigt wird. Fiebersenkende Medikamente ändern den Sollwert des Regelkreises, ein kalter Wadenwickel ist regeltheoretisch eine Störgröße. Auch durch verschiedene Narkotika (Opiate, Morphine) wird der Sollwert der Kerntemperatur verändert, in diesem Fall gesenkt.

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