Lexikon der Neurowissenschaft: Tetrodotoxin
Tetrodotoxins [von griech. tetra = vier, hodos = Weg, toxikon = Gift], Tetraodontoxin, Spheroidin, Fugu-Toxin, Fugu-Gift, Abk. TTX,E tetrodotoxin, ein Neurotoxin ( siehe Abb. ), das zu den wirksamsten marinen Toxinen und zu den stärksten Nicht-Protein-Giften überhaupt gehört (LD50 Maus ca. 9 μg/kg Körpergewicht; siehe Zusatzinfo ). An den Zellmembranen der Nervenzellen blockiert TTX schon nach kurzer Inkubation Natriumkanäle unabhängig von ihrem Funktionszustand (aktiviert, inaktiviert, in Ruhe), ähnlich dem Muschel(Algen)gift Saxitoxin, so daß die Entstehung von Aktionspotentialen und die Fortleitung von Erregungen verhindert wird. Bei Vergiftungen treten nach 10-20 min Parästhesien an Lippen und Zunge auf, die sich auf den ganzen Körper ausweiten und zur Gefühllosigkeit steigern. Es kommt in der Folge zu Muskelschwäche, Ataxie, Blutdruckabfall und Bewußtseinstrübung sowie Schluck- und Atembeschwerden. Nach 6-24 h tritt der Tod durch Atemlähmung ein.
Tetrodotoxin
Tetrodotoxin bindet aufgrund seiner starken Hydrophilie (6 OH-Gruppen) und einer stark basischen Guanidinogruppe selektiv die negativ geladene Außenseite der spannungsabhängigen Na+-Kanäle von Nervenzellen und verschließt diese durch seine sperrige räumliche Struktur. Tetrodotoxin ist ein wichtiges Hilfsmittel in der Neurophysiologie.
Tetrodotoxin
Tetrodotoxin ist vor allem durch sein Vorkommen im Kugelfisch (Fugu sp., Tetraodontidae) bekannt, dessen rohes Muskelfleisch in Japan als Delikatesse gilt. Während TTX vor allem in der Haut und in den Eingeweiden der Kugelfische angereichert ist, löst der Verzehr des fachgerecht zubereiteten Muskelfleischs nur leichte Vergiftungserscheinungen aus (Fugu-Vergiftung). Neben anderen Fischfamilien, wie Grundeln (Gobius sp.), Igelfischen (Diodontidae) und Mondfischen (Molidae), kommt TTX in einer weiten Spanne von Meerestieren vor, so in Krabben (Atergis sp.), Seesternen (Astropecten sp.), Meeresschnecken (Charonia sp.), im australischen Octopus (Hapalochlaena maculosa; Tetrodotoxin identisch mit Maculotoxin), aber auch bei Landtieren, wie Kröten (Atelopus sp.) und Molchen (Taricha sp.; Tetrodotoxin identisch mit Tarichatoxin). TTX wird von diesen Tieren wahrscheinlich nicht selbst gebildet, sondern von zur TTX-Synthese befähigten Bakterien, die über die Nahrung aufgenommen werden.
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