Direkt zum Inhalt

Lexikon der Optik: Adaptation

Adaptation, 1) allgemein Anpassung der Empfindlichkeit eines Sinnesorgans an äußere Reize. Durch A. wird der Empfindlichkeitsbereich von Sinnesorganen erweitert. Dauerhaft konstante Reize haben aufgrund von A. eine herabgesetzte Empfindungsstärke zur Folge.

Das Auge ist in der Lage, Leuchtdichten, die ein Intervall von 11 Zehnerpotenzen (10-6 bis 105 cd/m2) umfassen, zu verarbeiten. Der A. an unterschiedliche Helligkeiten liegen drei verschiedene Adaptationsmechanismen zugrunde.

a) Durch Veränderung der Pupillenweite wird der zur Netzhaut gelangende Lichtstrom reguliert. Entsprechend der minimalen und maximalen Pupillendurchmesser von 2 bzw. 8 mm ist eine Veränderung des Lichtstromes um den Faktor 16 möglich. Die Pupillenweite ändert sich kontinuierlich bei Variation der Leuchtdichte in einem Bereich von 10-2 bis 104 cd/m2 (Pupille).

b) Die neuronale A. führt zu einer veränderten Empfindlichkeit des Auges. Die Horizontalzellen der Netzhaut bewirken eine Umschaltung des Sehens vom Zapfensystem auf das Stäbchensystem. Stäbchen wirken hemmend auf Zapfen ein. Zwischen den verschiedenen Zellen der Netzhaut rufen Wechselwirkungen Verschiebungen des Empfindlichkeitsbereiches der Rezeptoren hervor. Die durch die Amakrinzellen der Netzhaut vermittelte laterale Hemmung wird geringer, wenn die mittlere Beleuchtungsstärke der Netzhaut abnimmt. Hierdurch bedingt vergrößert sich das Zentrum der rezeptiven Felder der retinalen Ganglienzellen. Ein größerer Teil der Netzhaut trägt nun zur Aktivierung der Ganglienzellen bei, gleichzeitig nimmt aber die Sehschärfe ab.

c) Die chemische A. erfolgt über die Bildung bzw. den Abbau der Photopigmente in den Rezeptoren der Netzhaut. Bei Übergang zu höheren Leuchtdichten zerfallen die Photopigmente, während sie bei Übergang zu niedrigeren Leuchtdichten neu synthetisiert werden. Photochemische Reaktionen sind die Basis der Dunkeladaptation. Die Neusynthese der Zapfenpigmente hat eine Halbwertszeit von rund 80 s, so daß nach rund 7 min die Erneuerung der Zapfenpigmente abgeschlossen ist. Der Erneuerung des Rhodopsins liegt eine Halbwertszeit von 10 min zugrunde. Nach 35 min sind rund 99% der Rhodopsinmoleküle regeneriert. Geringfügige Veränderungen der Anzahl von Rhodopsinmolekülen haben große Auswirkungen auf die Wahrnehmungsschwelle des Auges zur Folge. Eine Abnahme des Rhodopsins durch Ausbleichung um 5% erhöht die Schwelle um den Faktor 10 (Dowling-Rushton-Relation).

Die A. wird klinisch mit dem Adaptometer nach Goldmann-Weekers geprüft. Die Prüfung beginnt mit einer 10minütigen Helladaptation bei einer Leuchtdichte von 1000 cd/m2. Hierbei werden durch photochemische Zerfallsprozesse die Photopigmente der Netzhaut ausgebleicht. Nach Beendigung der Helladaptation setzt die Erneuerung der Photopigmente ein. Gemessen wird die damit einhergehende zunehmende Netzhautempfindlichkeit, indem die Schwellenleuchtdichte eines Testreizes ermittelt wird. In den ersten 8 bis 10 min dominiert die Zapfenadaptation (Abb.). Die Netzhautempfindlichkeit nimmt in diesem Zeitraum um den Faktor 50 zu. Nach 10 min erreicht die Zapfenadaptation ihr Maximum. Der Kohlrausch-Knick stellt den Übergang von der Zapfenadaptation zur Stäbchenadaptation dar. Im weiteren Verlauf ist die Kurve der Stäbchenadaptation flacher als die der Zapfenadaptation. Die Empfindlichkeit der Netzhaut erhöht sich innerhalb von 40 min mindestens um den Faktor 1000.

2) chromatische A., Farbstimmung, Stimmung des Auges, Farbadaptation, Anpassung des Auges an die farbige Allgemeinbeleuchtung des Gesichtsfeldes. Diese Anpassung ist bedeutsam für die Farbempfindung. Infolge der chromatischen A. erscheinen einem Beobachter nach längerem Aufenthalt unter farbiger Beleuchtung die Sehobjekte wieder nahezu in den bekannten natürlichen Farben. Gäbe es die chromatische A. nicht, so würden farbige Objekte in anderen Farben erscheinen, sobald die Allgemeinbeleuchtung ihre spektrale Zusammensetzung ändert. Die chromatische A. bewirkt also eine physiologische Farbenkonstanz.

Die chromatische A. erfolgt mit Verzögerungen von einigen Sekunden bis einigen Minuten. Solange sie bei Wechsel des Wellenlängenschwerpunktes der Beleuchtung noch nicht vollzogen ist, verlieren die der Beleuchtungsfarbe entsprechenden Farbempfindungen an Sättigung, während die Gegenfarben gesättigter erscheinen.

Ist die Beleuchtung des gesamten Gesichtsfeldes farblos, dann erscheinen Farben nach längerem Einfluß der farblosen Umgebung kräftiger und gesättigter.

Einen neutralen Adaptationszustand, die farbige Neutralstimmung, nimmt das Auge nach v. Tschermak und Seysenegg an, wenn es zwei bis fünf, maximal zehn Minuten völliger Dunkelheit ausgesetzt wird.

Die chromatische A. ist nicht unbegrenzt wirksam. In Extremfällen, wenn nur eine Farbe von hoher Intensität über längere Zeit einwirkt, kommt es zur Überforderung des Anpassungsmechanismus mit Ermüdungserscheinungen, Unwohlsein und Nachbildwirkungen in der Komplementärfarbe. Zudem hat monochromatisches Licht Einfluß auf den Refraktionszustand des Auges (chromatische Aberration des Auges).

Im Unterschied zu der auf das gesamte Gesichtsfeld bezogenen chromatischen A. gibt es eine chromatische Lokaladaptation, bei der nur Teile der Netzhaut beeinflußt werden. Fixiert z.B. das Auge lange Zeit einen farbigen Gegenstand, werden alle Farben ungesättigter und ändern mit Ausnahme der Urfarben ihre Farbtöne.



Adaptation: Dunkeladaptationskurve.
-··- Zapfenadaptation,
···· Stäbchenadaptation,
--- Gesamtadaptation.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

  • Die Autoren
Roland Barth, Jena
Dr. Artur Bärwolff, Berlin
Dr. Lothar Bauch, Frankfurt / Oder
Hans G. Beck, Jena
Joachim Bergner, Jena
Dr. Andreas Berke, Köln
Dr. Hermann Besen, Jena
Prof. Dr. Jürgen Beuthan, Berlin
Dr. Andreas Bode, Planegg
Prof. Dr. Joachim Bohm, Berlin
Prof. Dr. Witlof Brunner, Zeuthen
Dr. Eberhard Dietzsch, Jena
Kurt Enz, Berlin
Prof. Joachim Epperlein, Wilkau-Haßlau
Prof. Dr. Heinz Falk, Kleve
Dr. Wieland Feist, Jena
Dr. Peter Fichtner, Jena
Dr. Ficker, Karlsfeld
Dr. Peter Glas, Berlin
Dr. Hartmut Gunkel, Berlin
Dr. Reiner Güther, Berlin
Dr. Volker Guyenot, Jena
Dr. Hacker, Jena
Dipl.-Phys. Jürgen Heise, Jena
Dr. Erwin Hoffmann, Berlin (Adlershof)
Dr. Kuno Hoffmann, Berlin
Prof. Dr. Christian Hofmann, Jena
Wolfgang Högner, Tautenburg
Dipl.-Ing. Richard Hummel, Radebeul
Dr. Hans-Jürgen Jüpner, Berlin
Prof. Dr. W. Karthe, Jena
Dr. Siegfried Kessler, Jena
Dr. Horst König, Berlin
Prof. Dr. Sigurd Kusch, Berlin
Dr. Heiner Lammert, Mahlau
Dr. Albrecht Lau, Berlin
Dr. Kurt Lenz, Berlin
Dr. Christoph Ludwig, Hermsdorf (Thüringen)
Rolf Märtin, Jena
Ulrich Maxam, Rostock
Olaf Minet, Berlin
Dr. Robert Müller, Berlin
Prof. Dr. Gerhard Müller, Berlin
Günter Osten, Jena
Prof. Dr. Harry Paul, Zeuthen
Prof. Dr. Wolfgang Radloff, Berlin
Prof Dr. Karl Regensburger, Dresden
Dr. Werner Reichel, Jena
Rolf Riekher, Berlin
Dr. Horst Riesenberg, Jena
Dr. Rolf Röseler, Berlin
Günther Schmuhl, Rathenow
Dr. Günter Schulz, Berlin
Prof. Dr. Johannes Schwider, Erlangen
Dr. Reiner Spolaczyk, Hamburg
Prof. Dr. Peter Süptitz, Berlin
Dr. Johannes Tilch, Berlin (Adlershof)
Dr. Joachim Tilgner, Berlin
Dr. Joachim Träger, Berlin (Waldesruh)
Dr. Bernd Weidner, Berlin
Ernst Werner, Jena
Prof. Dr. Ludwig Wieczorek, Berlin
Wolfgang Wilhelmi, Berlin
Olaf Ziemann, Berlin


Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.