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Lexikon der Optik: bichromatische Refraktionsverfahren

bichromatische Refraktionsverfahren, Rot-Grün-Tests, Verfahren der subjektiven Brillenglasbestimmung, die auf der chromatischen Aberration des Auges beruhen. Transparente Sehprobentafeln sind mit Rot- und Grünfiltern hinterlegt und werden durchleuchtet. Die optische Dichte der Filter ist so bemessen, daß sie dem Auge, bezogen auf die Wellenlänge des gelbgrünen Lichtes (555 nm), gleiche Helligkeitswerte vermitteln. Die Durchlässigkeitsmaxima der Filter liegen symmetrisch zum Empfindlichkeitsmaximum des Auges (555 nm), das Maximum des Rotfilters liegt bei 645 nm, das des Grünfilters bei 480 nm. Unter diesen Voraussetzungen beträgt der durch die chromatische Aberration verursachte axiale Abstand zwischen den Bildebenen für grünes und rotes Licht 1,0 dpt. Damit wird ein sphärischer refraktiver Abgleich der Korrektion um ±0,5 dpt möglich. In Abb. 1a wird die refraktive Symmetrie bei Rechtsichtigkeit (Emmetropie) gezeigt. Die Sehzeichen auf dem grünen Feld erscheinen dann ebenso scharf und geschwärzt wie die auf dem roten. Bei Übersichtigkeit (Hyperopie) liegt das grüne Bild näher an der Netzhaut (Abb. 1b), die auf dem Grünfilter dargebotenen Sehzeichen werden also schärfer und kontrastreicher erscheinen als die roten. Es werden nun positive Linsen vorgehalten, bis die refraktive Symmetrie (Rot-Grün-Gleichheit) wieder hergestellt ist. In Abb. 1c liegt bei Kurzsichtigkeit (Myopie) das rote Bild näher an der Netzhaut und muß durch negative Linsen wieder in eine zum grünen Bild symmetrische Lage gemäß Abb. 1a gebracht werden.

Der durch eine Korrektion erreichte Zustand des Rot-Grün-Gleichgewichts ist aber nicht unbedingt mit der refraktiven Vollkorrektion identisch, weil das Auge im weißen Licht eine Einstellwellenlänge von 685 nm (nach Ivanoff) bevorzugt. Daraus folgt bei Ferneinstellung eine relative Myopisierung um 0,5 dpt, während in der Nähe Akkommodationsaufwand eingespart wird. Darum eignen sich die b. R. weniger zum monokularen refraktiven Feinabgleich. Sie gewinnen aber zunehmend an Bedeutung in der Binokularprüfung, wenn es darum geht, unter den Bedingungen gleichzeitigen beidäugigen Sehens eine relative Gleichheit der refraktiven Korrektion zu ermitteln, oder bei Ungleichheit der Sehschärfe zwischen rechtem und linkem Auge zu unterscheiden, ob es sich um einen refraktiven oder einen funktional bedingten Sehschärfeunterschied handelt.

In Abb. 2 ist ein gebräuchlicher bichromatischer Binokulartest (Cowen-Test) dargestellt. Von den Sehzeichen geht linear polarisiertes Licht von gleicher Farbe und gleichem Grauwert wie das Umfeld aus. Sie erscheinen schwarz, nachdem das Licht einen gekreuzten Polarisator passiert hat (sogenannte positive Polarisation, Bildtrennung).



Bichromatische Refraktionsverfahren 1: Lage der Bildbrennpunkte für grünes und rotes Licht infolge der chromatischen Aberration des Auges. a) bei Rechtsichtigkeit, b) bei Übersichtigkeit und c) bei Kurzsichtigkeit. HH' Hauptebenen des Auges, NH Netzhaut.



Bichromatische Refraktionsverfahren 2: Binokularer Rot-Grün-Test nach Cowen mit Bildtrennung durch Verwendung polarisierten Lichtes. Die Richtung der Schraffur gibt die Polarisationsrichtung des Lichtes bzw. die Durchlaßrichtung der Polafilter an. Die Sehzeichen erscheinen schwarz auf farbigem Untergrund.

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