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Lexikon der Optik: Kinematographie

Kinematographie, allgemeine Bezeichnung für Methoden zum photographischen Aufzeichnen von Phasenbildfolgen mit hinreichend kurzzeitig aufeinanderfolgendem, regelmäßigem Bildwechsel und zur Wiedergabe der Bildfolgen derart, daß für den Betrachter wieder der Eindruck der ursprünglichen Bewegung entsteht. In der modernen K. werden die zu den visuell wahrnehmbaren Vorgängen gehörenden Schallereignisse synchron zum Bild aufgezeichnet und wiedergegeben.

1) Grundlagen. Die K. beruht auf der Anwendung des Stroboskopeffektes (Stroboskopie). Die stroboskopische Bewegung ist eine bei hinreichend schneller Wiedergabe einer Phasenbildfolge wahrgenommene scheinbare Bewegung. Dies geschieht, obgleich die Einzelbilder nur Stehbilder sind. Ursache dafür ist die Nachbildwirkung im menschlichen Auge. Wichtigste Größe dabei ist die physiologisch begründete Flimmerverschmelzungsfrequenz, welche die für die Verschmelzung der einzelnen Phasenbilder zu einem Bild mit dem scheinbar ursprünglichen, natürlichen Bewegungsvorgang notwendige Bildfrequenz (Zahl der Einzelbilder pro Sekunde) bestimmt. Sie ist von der kritischen Flimmerfrequenz zu unterscheiden, d.h. derjenigen Unterbrechungsfrequenz, bei deren Erreichen von kleineren Werten her das Flimmern des Projektionsbildes für den Betrachter verschwindet. Ihr Wert liegt zwischen 42 und 50 Hz. Er steigt mit zunehmender Bildhelligkeit. Um ihn zu überschreiten, wird mittels eines Umlaufverschlusses die Unterbrechungsfrequenz gegenüber der Bildfrequenz verdoppelt (bei 24 bis 30 Bildern/s) bzw. verdreifacht (bei 16 bis 18 Bildern/s).

Der Ton wird mit Hilfe des Lichttonverfahrens aufgezeichnet und wiedergegeben. Dabei beeinflussen die von Mikrophonen gelieferten Spannungen oder Ströme entweder als analoge Signale die Intensität eines Spaltbildes oder sie bewirken, in Analog-digital-Wandlern aufbereitet, als digitale Signale einen Hell-Dunkel-Wechsel eines feinen gesteuerten Lichtstrahls. Das ermöglicht die Aufzeichnung einer Lichttonspur auf dem vorbeigeführten Kinefilm. Diese Spur erzeugt bei der Wiedergabe mittels eines photoelektrischen Wandlers elektrische Stromschwankungen, die nach Verstärkung Lautsprechern zugeführt werden.

2) Filmaufnahme. Je nach Filmproduktion werden unterschiedliche Filmkameras benutzt. In ihnen erfolgt der Transport des unbelichteten Kinefilms. Ein Filmschaltwerk am Bildfenster sorgt für einen intermittierenden Filmtransport. Es bewirkt den mechanischen Ausgleich der Bildwanderung bei der Aufnahme der Phasenbilder. Daneben gibt es den optischen Ausgleich der Bildwanderung mittels rotierender Polygonalprismen, Spiegelpolygonen, Schwenkspiegel oder Objektivkränzen, welche die Phasenbilder im Bildfenster auf den Kinefilm abbilden.

Filmkameras existieren in vielen Varianten. Moderne Ausführungsformen sind vielfach mit Belichtungs- und Fokussierautomatiken ausgestattet. Schmalfilmkameras ermöglichen oft neben dem Bild auch eine Randspur-Magnettonaufzeichnung (z.B. Super-8-Tonfilm). Professionelle Kameras für Trickfilmaufnahmen verwenden ausschließlich 35-mm-Film und haben eine Einzelbildschaltung zur Bildaufzeichnung. Zeitdehner- und Hochfrequenzkameras arbeiten mit Bildfrequenzen von 30 bis 100000 Bildern/s.

3) Filmbearbeitung. Diese umfaßt die folgenden Arbeitsschritte: Durch photochemische Prozesse wird die in der Filmkamera belichtete photographische Schicht des Kinefilms mit Azetatzellulose oder Polyester als Schichtträger zu Negativen oder Umkehrpositiven entwickelt. Wiedergabebereite Filmpositive entstehen bei ersteren durch zusätzliche Kopierung, während letztere sofort nutzbar sind.

Es folgen umfangreiche Filmschnitt-, Ton- und Endbearbeitungsgänge, einschließlich der Vervielfältigung durch Kopieren zu vorführbereiten Filmkopien für den Verleih, und die Vorführung. Für diese Bearbeitungsschritte werden Filmschneidetische mit mechanisch-optischer Bildwiedergabe oder mit optisch-elektronischer Bildabtastung und Wiedergabe (Videobildschirm) sowie mit integrierter Tonwiedergabe für den Fall getrennter Informationsträger (Magnetfilm) genutzt.

Die Filmkopierung wird mit Maschinen unterschiedlicher Funktion vorgenommen. Bei Kontaktkopiermaschinen liegen Negativ und Positivrohfilm zur Belichtung unmittelbar aufeinander, wobei der Filmtransport schrittweise (Schrittkopiermaschine) oder kontinuierlich (Durchlaufkopiermaschine mit hoher Transportgeschwindigkeit) erfolgt. Mit optischen Schrittkopiermaschinen kann das Negativ auf den Positivrohfilm (70-mm- oder 16-mm-Film) vergrößert oder verkleinert kopiert werden. Spezielle optische Trickkopiermaschinen werden für besondere Effekte (Kopiertricks) eingesetzt. Beim Kopieren sind auch Dichte- und Farbkorrekturen zur Optimierung der Positive möglich. Während der Schwarzweiß-Film nur Lichtintensitätskorrekturen erfordert, müssen beim Farbfilm spezielle Farblichtkorrekturen vorgenommen werden, um Belichtungsdifferenzen bei der Filmaufnahme oder materialbedingte Unterschiede im Negativ auszugleichen. Dazu werden mechanisch-optische oder elektronische Kopierlicht-Steuerprogramme benutzt. Schließlich werden Bild- und Tonnegative in einer leistungsfähigen Durchlaufkopiermaschine (Durchlaufgeschwindigkeit z.B. 3000 m/Stunde) kombiniert kopiert, so daß dann die Verleihkopie vorführbereit konfektioniert vorliegt.

4) Filmwiedergabe. Hierzu dient meist ein Filmprojektor, mit dem die Verleihkopie nach den gleichen Prinzipien wie in der Filmkamera zum Bildfenster geführt und auf eine Bildwand projiziert wird. Als Filmschaltwerk zum intermittierenden Filmtransport wird bei professionellen Geräten ein Malteserkreuzgetriebe genutzt. Schmalfilmprojektoren haben dafür meist einen Transportgreifer.

Während des Filmtransportes durch das Filmschaltwerk wird der das einzelne Phasenbild durchleuchtende Projektionslichtstrahl durch einen Umlaufverschluß abgedeckt. Dies erfolgt je Bild noch ein zweites oder drittes Mal (je nach Bildfrequenz), um die kritische Flimmerfrequenz zu überschreiten. In Filmprojektoren wird vereinzelt auch das Prinzip des optischen Ausgleichs der Bildwanderung mittels Polygonalprismen oder Spiegelelementen angewendet (z.B. in Geräten für die Filmendbearbeitung). Dadurch ist ein schnelles Rangieren des Filmtransportes vor- und rückwärts möglich.

Auf das Filmschaltwerk folgt das Tonteil, in dem die in der Lichttonspur der Verleihkopie gespeicherten Tonsignale photoelektrisch gewandelt und für die Wiedergabe zu einem elektroakustischen Gerätekomplex (Verstärker und Lautsprecher) weitergeleitet werden.

Projektionslichtquellen für die Filmwiedergabe sind heute überwiegend Xenon-Hochdruck-Gasentladungslampen. In Schmalfilmprojektoren dominieren Halogenglühlampen und Metallhalogen-Entladungslampen. Alle Lichtquellen werden mit beleuchtungsoptischen Systemen zur Maximierung des Projektionslichtstromes kombiniert. Zur Minderung der Wärmebelastung des Filmes im Bildfenster werden Kaltlichthohlspiegel, die Wärmestrahlung durchlassen, oder Filter, die diese reflektieren, seltener absorbieren, verwendet.

Eine moderne Variante der K. ist die Stereokinematographie.

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