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Lexikon der Optik: Kohärenzintervall

Kohärenzintervall, transversale Kohärenzlänge, der kritische Wert des Abstandes d zwischen zwei in einer zur Ausbreitungsrichtung des Lichtes senkrechten Ebene liegenden Punkten, bei dem der – mit wachsendem d abfallende – Kohärenzgrad (Interferenz, Kohärenz) erstmalig der Wert Null (oder jedenfalls einen nahe bei Null liegenden Wert) erreicht. Zur Abschätzung des K. werde eine Youngsche Interferenzanordnung betrachtet (Abb. 1). Quasimonochromatisches Licht von einer ausgedehnten (als ein leuchtendes ebenes Flächenstück idealisierten) thermischen Lichtquelle falle auf einen Beugungsschirm mit zwei kleinen Löchern an den Stellen P1 und P2 und auf einem Beobachtungsschirm werde in der Nähe des Punktes M ein Interferenzbild beobachtet. Da die einzelnen "Punkte" der Lichtquelle unabhängig voneinander strahlen, addieren sich im Interferenzbild die ihnen entsprechenden Intensitätsverteilungen. Letztere sind normalerweise gegeneinander verschoben, da der Gangunterschied

zwischen den beiden von einem Lichtquellenpunkt Q ausgehenden und in M miteinander interferierenden Strahlen verschieden ist. Er variiert zwischen den Grenzen Δs2= -bd/(2p) (für Q=Q2) und Δs1=bd/(2p) (für Q=Q1), wobei

die lineare Ausdehnung der Lichtquelle, d den Abstand

der beiden Löcher und p den (als groß im Vergleich zu b und d vorausgesetzten) Abstand zwischen der Lichtquelle und dem Beugungsschirm bezeichnen. Offenbar fallen die einzelnen Interferenzbilder näherungsweise zusammen, solange die maximale Differenz Δs1s2=bd/p der Gangunterschiede klein im Vergleich zur Wellenlänge λ ist. Mit zunehmendem Wert dieser Differenz verschlechtert sich jedoch die Sichtbarkeit des gesamten Interferenzbildes, und es ist praktisch keine Interferenz mehr zu erkennen, wenn alle möglichen Verschiebungen der einzelnen Interferenzmuster vorkommen. Das ist dann der Fall, wenn die von Q1 und Q2 herrührenden Muster zusammenfallen. Eine solche Situation liegt (erstmalig) vor, wenn Δs1s2 den Wert λ erreicht, wenn also gilt bd/p=λ. Diese Beziehung kann somit als Bestimmungsgleichung für das K. dc dienen, das sich so zu


(1)

ergibt.

Gleichung (1) gibt auch das K. für zwei punktförmige Lichtquellen im Abstand b an. Eine genauere Bestimmung des K. kann mit Hilfe des van Cittert-Zernike-Theorems erfolgen. Dieses liefert für eine kreisförmige, gleichmäßig leuchtende Scheibe mit dem Durchmesser b als Lichtquelle den folgenden Ausdruck für den Kohärenzgrad (Abb. 2)


(2)

mit


, (3)

wobei J1 die Bessel-Funktion 1. Ordnung bezeichnet. Das K. bestimmt sich dann aus der Bedingung, daß der Kohärenzgrad zum ersten Mal verschwindet (v=3,83), zu


. (4)

Neben dem K. wird auch der Kohärenzbereich (engl. area of coherence) zur Kennzeichnung der räumlichen Kohärenz benutzt. Darunter ist eine Fläche zu verstehen, deren lineare Ausdehnung von der Größe des K.es sind.

Räumliche Kohärenz liegt in einem flächenhaften Bereich vor, dessen lineare Ausdehnung d klein gegenüber dem K. ist, d.h. nach (1), wenn die Ungleichung


(5)

gültig ist.

Das von einer flächenhaften thermischen Lichtquelle der linearen Ausdehnung b ausgesandte Licht ist somit innerhalb eines Kegels mit dem halben Öffnungswinkel σB kohärent, wenn die Kohärenzbedingung


(6)

(sin σBd/(2p)) erfüllt ist. Von einer Lichtquelle größerer Ausdehnung kann man somit durch entsprechendes Abblenden des von einer Kollektorlinse erzeugten Lichtquellenbildes kohärentes Licht erhalten.

Andererseits kann man die Kohärenzbedingung auch auf das Objekt beziehen: nach (5) wird das flächenhafte Objekt der linearen Ausdehnung d dann kohärent beleuchtet, wenn die Beleuchtungsapertur sinσLb/(2p) die Bedingung


(7)

erfüllt.

Bei partiell kohärenter Abbildung mit der Apertur sin σ entspricht das K. in der Objektebene mit


dem durch den Kohärenzparameter S geteilten objektseitigen Rayleighschen Auflösungsvermögen für Doppelpunkte. Dies bedeutet, daß für S>1 der auflösbare Doppelpunktabstand größer ist als das K. und daß deshalb keine Interferenz zwischen sich überlagernden Punktbildern auftreten kann (inkohärente Abbildung). Dagegen übersteigt für S≤0,4 das bildseitige K. merklich den Durchmesser des Kerns der Punktbildverwaschungsfunktion, und es entstehen Störinterferenzen zwischen Punktbildern, die als Pseudostrukturen die Bildgüte beeinträchtigen. Bei kohärenter Abbildung muß das K. sehr groß gegenüber dem Auflösungsvermögen für Doppelpunkte sein.



Kohärenzintervall 1: Youngsches Interferenzexperiment mit ausgedehnter Lichtquelle.



Kohärenzintervall 2: Kohärenzgrad |γ| für eine kreisförmige, gleichmäßig leuchtende Scheibe in Abhängigkeit vom normierten Abstand v der Beobachtungsorte.

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