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Lexikon der Optik: Konstanzphänomene

Konstanzphänomene, Wahrnehmungskonstanz, Konstanz oder Invarianz des Wahrnehmungsabbildes einer in ihrer Ausprägung festen Umgebungsgröße trotz Veränderung der Reize an den Rezeptoren, welche die Wahrnehmung auslösen. Bei den K. handelt es sich um zentralnervöse Korrekturvorgänge. In der Wahrnehmungspsychologie werden folgende K. unterschieden:

Größenkonstanz ist die Beständigkeit der Wahrnehmungsgröße bei wechselnder Beobachtungsentfernung und demzufolge wechselnden Netzhautbildgrößen. Das Phänomen gilt nur in einem bestimmten Entfernungsbereich, dem orthoskopischen Raum. Die Sehgröße liegt zwischen der physikalischen Größe und der projektiven (theoretisch zu erwartenden) Größe des Gegenstandes. Die Größenkonstanz führt zur Wahrnehmung einer angenäherten Zwischengröße.

Die Größenkonstanz ist entwicklungsabhängig, funktioniert schon im frühen Lebensalter und verändert sich bei alterssichtigen Personen. Bei Eigenbewegung des Beobachters oder beim Wechsel der Beobachtungsbereiche verändert sich die Größenkonstanz. Effekte der Perspektive überlagern sich mit denen der Größenkonstanz.

Formenkonstanz ist die Erscheinung der gleichbleibenden Form eines anschaulichen Gebildes auch bei Neigung gegen eine frontparallele Ebene (schräger Aufblick). Obwohl in diesem Falle Objekt und Netzhautbild nicht mehr kongruent sind, bleibt die Übereinstimmung von Objekt und Sehding erhalten.

Bewegungskonstanz oder Geschwindigkeitskonstanz ist der unter bestimmten Bedingungen gleichbleibende Geschwindigkeitseindruck eines sich im Außenraum bewegenden Objektes unabhängig von der Netzhautbildverschiebung.

Lagekonstanz, auch Lokalzeichenkonstanz oder Ortskonstanz genannt, ist die Erscheinung der Ruhe der Sehdinge im Außenraum bei Blickbewegung oder bei Verschiebung des Netzhautbildes (Bewegungswahrnehmung). Kopf- und Körperbewegungen werden durch Augenbewegungen und Augenrollungen im wesentlichen so ausgeglichen, daß das Bild der Außenwelt dabei scheinbar in Ruhe bleibt (passive Augenbewegungen). Dabei werden Meldungen des Sehorgans mit Meldungen anderer Sinnesorgane, z.B. des Gleichgewichtssinns, in einem bestimmten Hirnzentrum in Beziehung gesetzt (Reafferenzprinzip). So erklärt sich auch die Konstanz der Raumrichtungen (Hauptrichtungen des Außenraums) bei Neigung des Körpers des Beobachters. Dreht man z.B. das Auge aus seiner Normalstellung (Blick nach vorn geradeaus) heraus, so übernehmen infolge zentralnervöser Korrekturvorgänge andere Netzhautstellen außerhalb der Fovea centralis kurzfristig den bisherigen Richtungswert "vorn geradeaus", so daß unbewegte Objekte auch tatsächlich an ihrem anschaulichen Ort verbleiben.

Helligkeitskonstanz ist die Beständigkeit des Helligkeitseindrucks an Dingen und Oberflächen im Sehraum bei wechselnder Beleuchtungsstärke. Das normale Tageslicht, auf das die Helligkeit der Dinge bezogen wird, schwankt im Verhältnis von etwa 1:500, ohne daß diese Schwankungen als wesentliche Unterschiede wahrgenommen werden. Die Helligkeit der Dinge im Sehraum wird durch das Sehorgan nicht absolut bewertet, sondern in Bezug zum hellsten und dunkelsten Seheindruck gesetzt. Daher erscheinen schwarze Gegenstände auch im hellen Sonnenschein noch schwarz und weiße Dinge auch in der Dämmerung noch weiß, obwohl die abgestrahlte Lichtintensität des stark beleuchteten schwarzen Gegenstandes durchaus höher sein kann als die des nur schwach beleuchteten weißen.

Farbkonstanz ist die Unabhängigkeit der Farbe von Gegenständen von verschiedenen Beleuchtungen. Unter natürlichen Beleuchtungsbedingungen ist die Wahrnehmung von Oberflächenfarben von der spektralen Zusammensetzung des Lichtes weitgehend unabhängig. F. ist für das Wiedererkennen von Objekten unter verschiedenen Beleuchtungsbedingungen in der natürlichen Umwelt wichtig. Kunstlicht mit gegenüber dem natürlichen Licht eingeschränktem Spektrum offenbart häufig die Grenzen der Farbkonstanz, so daß Farben bei Kunstlicht häufig anders empfunden werden als bei natürlichem Licht.

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