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Lexikon der Optik: Lichtdruck

Lichtdruck, Strahlungsdruck, die Erscheinung, daß Licht beim Auftreffen auf materielle Körper oder Teilchen einen Druck ausübt. Die Existenz des L. wurde schon 1617 von J. Kepler aus der Beobachtung gefolgert, daß die Kometenschweife immer von der Sonne wegweisen, so daß es den Anschein hat, als ob die den Schweif bildenden Teilchen durch die Sonnenstrahlung weggestoßen würden. Besonders anschaulich wird der L. im Photonenbild: Einem Photon ist der Impuls

k zuzuschreiben, wobei

das durch 2π dividierte Plancksche Wirkungsquantum und k den Wellenzahlvektor bezeichnen. Findet daher eine Absorption von Licht statt, so überträgt jedes absorbierte Photon den genannten Impuls auf die absorbierende Fläche, was einen Druck zur Folge hat. Bei Reflexion des Lichtes ist dieser L. doppelt so groß, weil sich die Richtung des Photonenimpulses dabei umkehrt, so daß jedes Photon dem Spiegel den Impuls 2

k mitteilt (die Verhältnisse sind ganz ähnlich wie bei einem Gas, wo die Stöße der Moleküle gegen die Gefäßwand für den Gasdruck verantwortlich sind). Unter normalen irdischen Bedingungen ist der L. außerordentlich gering. So übt beispielsweise die auf die Erde gelangende Sonnenstrahlung auf einen senkrecht zur Einfallsrichtung aufgestellten Spiegel einen Druck von etwa 10-5 Pa aus.

Messungen des L. wurden schon zu Anfang unseres Jahrhunderts an im Vakuum aufgestellten Drehwaagen vorgenommen. An den Enden des Waagebalkens waren reflektierende Scheibchen angebracht, auf die das Licht fokussiert wurde. Eine merkliche Beeinflussung durch den L. erfahren künstliche Satelliten bei ihrer Erdumkreisung. Eine große Bedeutung hat der L. in der Astrophysik, wo er neben dem Gasdruck entscheidend zur Auflockerung der Sternmaterie beiträgt. Er verhindert insbesondere die Existenz von Fixsternen mit einer Masse, die größer als das 50fache der Sonnenmasse ist.

Neuartige Experimente zum L. wurden in jüngster Zeit an Atomstrahlen unter Verwendung von abstimmbaren Lasern durchgeführt. Die Laserfrequenz wird dabei so eingestellt, daß sich die Strahlung mit den Atomen in Resonanz befindet. Bei Absorption eines Photons erleidet das Atom dank des aufgenommenen Impulses einen Stoß in Richtung des Lichteinfalls. Das angeregte Atom kehrt durch spontane Emission in seinen Ausgangszustand zurück. Dabei ist die Emissionsrichtung zufällig; der bei der Emission auf das Atom übertragene Impuls (Rückstoß) verschwindet daher im Mittel. Nach der Emission erfolgt erneut eine Absorption usw. Das Atom absorbiert und reemittiert so eine große Zahl Z von Photonen, so daß der insgesamt von ihm aufgenommene Impuls Z

k beträgt. Unter Ausnutzung dieses Effektes kann durch Einstrahlung von Laserlicht senkrecht zu einem sehr feinen, gut gebündelten Atomstrahl, der aus einem Isotopengemisch besteht, eine Isotopentrennung erreicht werden. Dank genauer Abstimmung der Laserfrequenz auf die Eigenfrequenz eines bestimmten Isotops erteilt der Laserstrahl nur den Atomen eben dieses Isotops einen seitlichen Impuls, was zu einer Aufspaltung des Atomstrahls in zwei Teilstrahlen führt.

Strahlt man Laserlicht gegenläufig zu einem Atomstrahl ein, so werden die Atome abgebremst, sofern die Laserfrequenz gegenüber einer atomaren Eigenfrequenz zu kleineren Werten hin verstimmt ist.

Man spricht in diesem Zusammenhang von optischer Kühlung. Der dabei wirksame Mechanismus ist im wesentlichen der gleiche wie bei dem zuvor geschilderten Experiment. Der Unterschied besteht nur darin, daß der atomare Rückstoß der Bewegungsrichtung des Atoms entgegengesetzt ist. Des weiteren wechselwirken mit dem Lichtfeld nur Atome bestimmter Geschwindigkeit. Letztere muß so beschaffen sein, daß die Verstimmung der Laserfrequenz durch die Doppler-Verschiebung gerade kompensiert wird und damit Resonanz vorliegt.

Mit zunehmender Abbremsung der Atome muß die Laserfrequenz nachgestimmt werden. Dies läßt sich mit Hilfe von elektrooptischen Phasenmodulatoren erreichen. Man kann aber auch von vornherein mit Laserimpulsen arbeiten, die chirping zeigen. Mit der Modulationstechnik ist es beispielsweise gelungen, einen Teil der in einem Na-Atomstrahl enthaltenen Atome nahezu vollständig abzubremsen (dazu mußten die Atome jedes für sich nacheinander etwa 20000 Photonen absorbieren). Es wurde so eine "Gaswolke" mit einer Temperatur unter 50 mK und einer Dichte von mehr als 1012 Atomen/m3 erzeugt. Zu noch tieferen Temperaturen gelangt man, wenn man Atome der gleichzeitigen Einwirkung von drei Paaren gegenläufiger Laserstrahlen aussetzt, die zueinander orthogonal sind. In dem Gebiet, in dem sich die Lichtbündel überschneiden, bilden die Photonen eine Art zähes Medium (optische Melasse) für die Atome.

Die Methode der Abbremsung von Teilchen durch eine Laserwelle wird auch dazu verwendet, in sogenannten Fallen – realisiert durch Kombination eines statischen elektrischen und eines statischen magnetischen Feldes (Penning-Falle) oder mittels eines elektrischen Radiofrequenz-Quadrupolfeldes (Paul-Falle) – eingefangene Ionen zu kühlen. Die Laserfrequenz wird dabei auf einen Wert abgestimmt, der ein wenig unter einer Resonanzfrequenz des Ions liegt. Das in der Falle hin- und herschwingende Ion wird dann jedesmal etwas abgebremst, wenn es dem Laserstrahl entgegenläuft.

Die zur Erzeugung von optischer Melasse verwendete Technik läßt sich noch dadurch effektiver gestalten, daß man die atomare Übergangsfrequenz ortsabhängig macht. Dies geschieht in der Weise, daß man die Atome durch ein ortsabhängiges, nämlich mit zunehmender Entfernung von einem Zentrum ansteigendes, statisches Magnetfeld laufen läßt, das vermöge des Zeeman-Effekts eine der magnetischen Feldstärke proportionale Aufspaltung des oberen Niveaus bewirkt. Durch Einstrahlung von zirkular polarisiertem Laserlicht passender Frequenz erreicht man so, daß ein Atom in Resonanz gerät, wenn es sich vom Zentrum weg auf die Laserwelle zu bewegt hat. Der dann zur Wirkung kommende L. stellt eine rücktreibende Kraft dar. Auf dem geschilderten Prinzip basiert die magnetooptische Falle. Sie besteht aus zwei stromdurchflossenen Spulen in Anti-Helmholtz-Konfiguration, die ein magnetisches Quadrupolfeld erzeugen. Dieses wird von drei zueinander orthogonalen Paaren gegenläufiger, im entgegengesetzten Sinne zirkular polarisierter Laserstrahlen durchsetzt.

In Fallen nahezu ruhende Atome oder Ionen sind wegen des Wegfalls nicht nur des longitudinalen, sondern auch des transversalen Doppler-Effekts ideale Objekte für spektroskopische Messungen höchstmöglicher (lediglich noch durch die natürliche Linienbreite begrenzter) Auflösung. Im besonderen sind sie aussichtsreiche Kandidaten für einen verbesserten optischen Frequenzstandard.

Die ausschließlich auf Absorption und anschließender spontaner Reemission beruhende optische Kühlung, häufig als Doppler-Kühlung bezeichnet, stößt jedoch an eine prinzipielle Grenze. Die tiefste erreichbare Temperatur TD bestimmt sich theoretisch aus der Beziehung kBTD=

Γ/2, wobei kB die Boltzmann-Konstante,

das durch 2π dividierte Plancksche Wirkungsquantum und Γ die natürliche Linienbreite des angeregten Niveaus bezeichnen. Für Natrium beispielsweise ergibt sich TD zu 240 μK. Tatsächlich wurde jedoch ein neuer Kühlmechanismus entdeckt, die sogenannte Sisyphus-Kühlung, die von den in einem Lichtfeld örtlich veränderlicher Polarisation stattfindenden Niveauverschiebungen (dynamischer Stark-Effekt) Gebrauch macht und den obigen Grenzwert der Temperatur noch deutlich zu unterschreiten gestattet. Das Grundprinzip ist dabei das folgende: Zwei gegenläufige, orthogonal zueinander linear polarisierte Laserwellen erzeugen zunächst ein Strahlungsfeld, bei dem sich der Polarisationszustand in Achsenrichtung über die Hälfte einer Lichtwellenlänge λ hinweg von linearer Polarisation über rechts zirkulare, lineare, links zirkulare Polarisation in die ursprüngliche lineare Polarisation zurückverwandelt. Betrachten wir einen J=1/2→J=3/2 – Übergang (J Gesamtdrehimpuls), so erleiden die beiden Unterniveaus des Grundzustandes mit den Magnetquantenzahlen m=+1/2 und m=-1/2 vermöge des dynamischen Stark-Effekts im Lichtfeld eine unterschiedliche Verschiebung. Diese ist jedoch von der Polarisation des Feldes und damit vom Ort abhängig. Die Energie eines jeden Unterniveaus, die die Rolle einer potentiellen Energie spielt, wird durch eine in Achsenrichtung mit der Periode λ/2 oszillierende Funktion beschrieben, jedoch sind die beiden Potentialkurven so gegeneinander versetzt, daß Maximum auf Minimum fällt. Ein in Achsenrichtung laufendes Atom, das von einem "Tal" der einen Potentialkurve mit passender Geschwindigkeit startet, bleibt auf dieser Kurve, bis es den "Berg" erklommen hat. Dort ist die Wahrscheinlichkeit für einen Pumpprozeß (Absorption eines Photons, gefolgt von spontaner Emission) am größten, der es jedoch in das andere Unterniveau und damit wieder in ein "Tal" befördert. Von dort muß es erneut den nächsten "Berg" ersteigen usf. Es befindet sich somit in einer ähnlich hoffnungslosen Lage wie Sisyphus bei seinem Versuch, einen Felsblock einen steilen Hang hinaufzurollen. Da das Emporsteigen jedesmal kinetische Energie kostet, wird das Atom ständig abgebremst. Die auf diese Weise erreichbare tiefste Temperatur TR wird dann durch die Rückstoßenergie des Photons bestimmt; es gilt kBTR=(

k)2/2m mit m als Masse des Atoms. In einer dreidimensionalen Konfiguration ist es gelungen, Caesiumatome auf die Rekordtemperatur von 2,5± 0,6 μK abzukühlen.

Sind die Atome hinreichend stark abgebremst, bleiben sie schließlich in einem der Potentialtöpfe gefangen. Es entsteht so ein "lichtgebundenes Atomgitter". Derartige regelmäßige Anordnungen von Atomen konnten in jüngster Zeit sowohl in zwei als auch in drei Dimensionen tatsächlich realisiert werden, wobei allerdings nur ein geringer Teil der zur Verfügung stehenden Gitterplätze mit Atomen besetzt war.

Neben dem geschilderten L., wie er in elektromagnetischen Feldern mit räumlich konstanter Intensität auftritt, wirkt in räumlich inhomogenen Feldern auf elektrisch neutrale Teilchen noch eine weitere Kraft, die proportional zum Gradienten der Intensität ist. Diese Gradientenkraft verschwindet bei genauer Resonanz, und sie hat ein unterschiedliches Vorzeichen, je nachdem, ob die Lichtfrequenz oberhalb oder unterhalb der atomaren Eigenfrequenz liegt. Sie zeigt bei einem Gaußschen Bündel in radiale Richtung. Überlagert man daher einem Atomstrahl ein solches Bündel in der Weise, daß die Bündelachse mit der Mitte des Atomstrahls und die Richtung des Atomstrahls mit der Ausbreitungsrichtung des Lichtes zusammenfällt, so kann man eine Fokussierung bzw. Defokussierung des Atomstrahls erreichen.

Unter Verwendung von Laserstrahlung konnte schließlich auch optische Levitation (freies Schweben) von durchsichtigen, gleichförmigen dielektrischen Teilchen (Latex- oder Glaskügelchen mit einem Durchmesser zwischen 1 und 100 μm) in Luft oder Vakuum verwirklicht werden. Bei der Lichtbrechung findet eine Impulsübertragung statt, welche die Ursache einer in Strahlrichtung wirkenden Kraft ist. Deren Größe wird so eingestellt, daß sie die Schwerkraft genau kompensiert. Bei einem Gaußförmigen Profil der Laserstrahlung tritt eine weitere Kraft auf, die senkrecht zur Strahlrichtung auf die Strahlachse (als den Ort maximaler Lichtintensität) hin gerichtet ist. Das Teilchen nimmt so eine stabile Lage auf der Achse ein. Zur genauen Einstellung seiner Höhe ist eine Regelung erforderlich. Dabei empfängt ein Höhensensor von dem Teilchen gestreutes Licht und steuert die Intensität des Laserstrahls.

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