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Lexikon der Optik: mikroskopisches Zeichnen

mikroskopisches Zeichnen, das Anfertigen einer Zeichnung nach einem mikroskopischen Bild. Das Verfahren besitzt hohen erzieherischen Wert, da das mikroskopische Bild intensiv beobachtet und geistig durchdrungen werden muß. Das m. Z. ermöglicht eine vereinfachte, nur auf das Wesentliche beschränkte Darstellung des mikroskopischen Objektes; mehrere nacheinander durch das Objekt fokussierte Bildebenen können zu einer räumlichen Darstellung des Objektes vereinigt werden. Durch m. Z. lassen sich auch nicht zu photographierende Präparate darstellen. Das Anfertigen der Zeichnung erfordert einen hohen Zeitaufwand, kurzlebige Präparate können daher nur unvollkommen wiedergegeben werden. Das m. Z. kann nach drei Methoden erfolgen.

1) Zeichnen unter Verwendung eines Hilfsnetzes. Im Okular ist eine Okularnetzplatte eingelegt, das Zeichenblatt ist mit einem der Okularnetzplatte entsprechenden vergrößerten Hilfsnetz vorbereitet. Die Strukturen des mikroskopischen Bildes werden nach dem visuellen Eindruck Feld für Feld auf das Hilfsnetz übertragen und dort zur fertigen Zeichnung zusammengefügt. Die Methode ist bei allen Mikroskopvergrößerungen durchführbar, die Bildwiedergabe ist ungeau.

2) Nachzeichnen des auf die Zeichenfläche projizierten Bildes. Das mikroskopische Bild wird durch einen unmittelbar über dem Okular angeordneten Zeichenspiegel auf das Zeichenblatt projiziert. Die im abgedunkelten Raum gut sichtbaren Objektstrukturen können schnell und bequem nachgezeichnet werden. Die Anwendung dieser Methode ist auf schwache bis mittlere Mikroskopvergrößerungen beschränkt. Der Zeichenspiegel wird am Mikroskoptubus aufgeklemmt, er kann entsprechend der Baulänge des Okulars verstellt und je nach dem Einblickwinkel des Tubus geneigt werden.

3) Zeichnen nach dem virtuellen Bild. Dicht über dem Okular bzw. im Mikroskopstrahlengang ist ein Strahlenteiler angeordnet, durch den das mikroskopische Bild mit dem Bild der beleuchteten Zeichenfläche überlagert wird. Im Einblick sieht man Objekt und Zeichenfläche gleichzeitig, die Objektstrukturen werden scheinbar direkt am Objekt nachgezeichnet. Die Helligkeiten von mikroskopischem Bild und Zeichenfläche lassen sich durch Helligkeitsregler aufeinander abstimmen. Der Kontrast des zu beobachtenden Bildes wird durch die Helligkeitsüberlagerung gemindert, kritische Objektdetails müssen anschließend nach dem subjektiven Bildeindruck ergänzt werden. Das Zeichenprisma (Camera lucida) wird so über dem Okular angeordnet, daß seine Einblicksöffnung in der Nähe der Austrittspupille des Mikroskops liegt. Die vordere Kante des Prismas befindet sich dicht neben bzw. z.T. in der Austrittspupille, so daß man bei Beobachten durch die Einblicköffnung (Auge dicht am Prisma) das mikroskopische Bild und die Zeichenfläche gleichzeitig sieht. Das Zeichenokular ist die einfachste Bauform der Zeicheneinrichtung. Es wird anstelle des normalen Okulars in den Mikroskoptubus eingesetzt. Durch die feste Verbindung von Okular, Strahlenteiler und Bildversetzungsoptik ist das Zeichenokular für eine vorgegebene Tubusneigung und einen festen Abstand zur Zeichenfläche ausgelegt. Der Abstand zur Zeichenfläche kann durch Vorsatzlinsen geändert werden. Der Zeichenapparat nach Abbe beruht auf dem gleichen Prinzip wie das Zeichenprisma; die beiden Umlenkungen zum Sichtbarmachen der Zeichenfläche (mittels Abbeschem Würfel und Spiegel) liegen jedoch räumlich weit auseinander. Der Abbesche Würfel besteht aus zwei rechtwinkligen, an ihren Hypotenusenflächen verkitteten Prismen. Die Hypotenusenfläche eines von ihnen ist bis auf einen in der Mitte verlaufenden schmalen Streifen verspiegelt. Der Beobachter sieht durch ihn hindurch das mikroskopische Bild und gleichzeitig über den Spiegel und die verspiegelte Fläche des Abbeschen Würfels die Zeichenfläche. Die Zeicheneinrichtung wird überwiegend zum Zeichnen nach dem virtuellen Bilde benutzt. Durch Drehen des Strahlenteilers kann das mikroskopische Bild auch auf die Zeichenfläche projiziert werden. Zeicheneinrichtungen können als Tubusaufsatz oder als Zwischentubus ausgeführt sein. Sie sind als Zusatz zu den verschiedenen Mikroskopen verwendbar und an unterschiedliche Einblickrichtungen anpassungsfähig. Bei der Bauform als Zwischentubus wird die Zeichenfläche in das Zwischenbild des Mikroskops eingespiegelt.

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