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Lexikon der Optik: Photomaterial

Photomaterial, lichtempfindliches Material, das in der Photographie zur Herstellung photographischer Bilder verwendet wird. Vielfach wird unter P. nur Aufzeichnungsmaterial verstanden, bei dem die Lichtempfindlichkeit der Silberhalogenide ausgenutzt wird (photographische Schicht); über andere Materialien photographische Verfahren, Elektrophotographie.

P. in Form von Silberhalogenid-Emulsionsschichten mit Gelatine als Bindemittel wird als Schwarzweiß- oder Colormaterial in sehr verschiedener Form entsprechend den jeweiligen Erfordernissen im Handel angeboten (photographischer Film, Photopapier). Dementsprechend existieren vielfältige Unterscheidungsmerkmale. Gemeinsam ist, daß das P. im allgemeinen aus der lichtempfindlichen Schicht und einem Träger besteht.

Als Trägermaterialien dienen filmbildende Unterlagen, Papier oder Glas. Von den filmbildenden Folien wurde früher Celluloid verwendet. Ein großer Nachteil dieser Nitrofilme lag in der leichten Entflammbarkeit. Sie wurden bis Mitte des 20. Jh.s von Sicherheitsfilmen, die aus schwer entflammbaren Substanzen bestanden, abgelöst. Dabei kamen zuerst und zum Teil noch heute Acetylcellulosen zum Einsatz. Wegen ihrer nicht voll befriedigenden Dimensionsstabilität werden sie bei solchem P., von dem eine hohe Maßhaltigkeit gefordert wird (z.B. für Anwendungen in der Mikrofilmtechnik, Reprotechnik und Kartographie), durch thermoplastische Kunststoffe ersetzt. Besondere Bedeutung hat dabei das Polyethylenterephthalat, kurz PETP genannt, als eine Filmunterlage, die hohe Festigkeit mit relativ niedrigem Wasseraufnahmevermögen und hoher Wärmebeständigkeit vereinigt; der daraus hergestellte Film wird oft als Polyesterfilm bezeichnet. Seine höhere Steifigkeit ist bei Planfilmen von Vorteil, so daß er sich z.B. auch bei Röntgenfilmen durchgesetzt hat. Bei Schmalfilmen erlaubt die höhere Festigkeit die Verwendung dünnerer Träger und damit größere Filmlängen in einer Kassette. Die Dicke der Filmunterlage ist vom Verwendungszweck und dem Material abhängig. Sie beträgt bei Sicherheitsfilmen 100 bis 250 μm, bei Polyesterfilmen 100 bis 180 μm.

Zum Herstellen von Aufsichtsbildern dient meist Photopapier als Träger. Das normale Photopapier ist mit einer Innenleimung versehen, um der Quellung in den Verarbeitungsbädern entgegenzuwirken. Außerdem erhält es noch eine Oberflächenleimung, durch die die Haftung der Emulsionsschicht gefördert und die Krümmung der Papiere reduziert wird. Vor dem Emulsionsbeguß wird noch eine Barytschicht aufgetragen (Barytage). Sie verhindert vor allem das Eindringen der Emulsion in den Papierfilz, und sie erhöht den Kontrast. Bestandteile sind feinstverteiltes Bariumsulfat oder Titandioxid in Gelatine, dazu UV-Absorber zur Aufhellung, Farbstoffe zur Tönung (z.B. in den Farben Chamois und Elfenbein), sowie Stärke zur Mattierung. Die mehrfach aufgetragene Masse wird abschließend geglättet, wobei noch Oberflächenstrukturen, wie Korn- oder Rasterstruktur, aufgeprägt werden können.

Zur Verminderung der Wasseraufnahmefähigkeit der Papierunterlage wurden kunststoffbeschichtete Photopapiere entwickelt, die besonders bei maschineller Entwicklung viele Vorteile aufweisen. Sie sind auf beiden Seiten des Papiers mit einer dünnen Polyethylenfolie belegt. Abgekürzt werden sie als PE-Papiere oder auch RC-Papiere (RC Abk. für engl. resin-coated, "mit Harz beschichtet") bezeichnet. Sie haben den Vorteil, daß sie nur wenig Wasser und Chemikalien aufnehmen, so daß die Wässerungsdauer und damit die Bearbeitungszeit drastisch verkürzt werden kann. Die Oberfläche ist ohne jede zusätzliche Behandlung glatt und glänzend; die Papiere werden jedoch auch mit einer aufgeprägten Oberflächenstruktur hergestellt.

Für wissenschaftliche Zwecke werden als Träger Glasplatten eingesetzt. Vorteilhaft sind die unübertroffene Maßhaltigkeit und die Planlage. Zur Anwendung kommen Spezialgläser, die völlig klar und blasenfrei sind sowie eine gleichmäßige Dicke und Oberfläche aufweisen.

Auf dem Träger befindet sich die photographische Schicht zusätzlich mit einem sehr dünnen Gelatineüberzug versehen. Er dient als Schutz vor mechanischen Einwirkungen, und er verleiht der Oberfläche einen besonders hochwertigen Glanz. Bestimmte photographische Filme und Platten erhalten zur Vermeidung des Reflexionslichthofes (photographischer Lichthof) auf ihrer Rückseite oder zwischen Schicht und Unterlage eine dunkle Lichthofschutzschicht, die dann bei der photographischen Entwicklung entfärbt wird. Bei Kine- und Kleinbildaufnahmefilmen entfällt sie, dafür wird die Unterlage grau eingefärbt. Eine Entfärbung ist nicht notwendig, da ihre geringe optische Dichte von etwa 0,3 den Kopierprozeß noch nicht wesentlich stört.

In der bildmäßigen Photographie wird zwischen Negativ- und Positivmaterial unterschieden, je nachdem, welche Rolle das P. beim Negativ-Positiv-Prozeß spielt. Als Negativmaterial sind Platten und Filme gebräuchlich, als Positivmaterial Papiere, Platten (Diapositivplatten) und spezielle Filme (z.B. Kinepositivfilm). Dazu kommt noch als Umkehrmaterial (Umkehrprozeß) der Umkehrfilm. Bei Farbfilmen werden die Color-Negativfilme und die Color-Umkehrfilme zusätzlich unterteilt in solche für Tageslicht und solche für Kunstlicht (Farbenphotographie).

Schwarzweiß-Photomaterial wird nach dem Spektralbereich unterschieden, für den es empfindlich ist. Unsensibilisierte Schichten sind spektral empfindlich vom tiefen UV bis zum Blaugrün, etwa im Wellenlängenbereich von 200 bis 500 nm. Durch Sensibilisierung kann der Empfindlichkeitsbereich bedeutend erweitert werden. So gewinnt man orthochromatisches P., empfindlich bis zum Gelb, etwa bis 580 nm, orthopanchromatisches P., empfindlich bis zum Orange, etwa bis 650 nm, und panchromatisches P., empfindlich bis zum Rot, etwa bis 700 nm. Weiterhin gibt es Infrarotplatten und -filme; handelsüblich sind außerdem Platten, deren Sensibilisierungsbereich bis etwa 1000 nm geht. Die geringe Haltbarkeit erfordert die Aufbewahrung im Kühlschrank. Für das Ultraviolettgebiet werden besondere P. hergestellt. Für den Bereich zwischen 200 und 400 nm enthalten sie geeignete fluoreszierende Verbindungen, die bei UV-Absorption blaues Licht aussenden. Für noch kurzwelligere Strahlung wird die Gelatine zu einem stark absorbierenden Medium. Für diesen Bereich gibt es nahezu gelatinefreie Schichten, die Schumann-Platten, die bis etwa 100 nm anwendbar sind. Für kernphysikalische Untersuchungen sind Kernspuremulsionen entwickelt worden, mit denen die Bahnspuren von Teilchen nachgewiesen werden können. Sie zeichnen sich durch einen sehr hohen Anteil von Silberhalogenid (im Vergleich zum Gelatineanteil), eine sehr hohe Schichtdicke (40 bis 1000 μm) und sehr kleine Korndurchmesser aus. In der Autoradiographie werden Kernspuremulsionen nicht nur als Platten, sondern auch als Flüssigemulsionen oder in Form von dünn vergossenen Abziehfilmen (Strippingfilmen) eingesetzt. Für die photographische Aufzeichnung mit Röntgenstrahlen stehen spezielle Röntgenfilme zur Verfügung. Zur Erhöhung der (geringen) Absorption der Röntgenstrahlen in dem P. sind die meisten Röntgenfilme auf beiden Seiten der Unterlage mit Emulsionsschichten belegt; außerdem werden sie mit einem sehr hohen Silbergehalt versehen. Röntgenfilme, die in der medizinischen Röntgendiagnostik zur Anwendung kommen, werden meist zwischen zwei Verstärkerfolien angeordnet, die das Röntgenlicht in blaues bis blaugrünes Fluoreszenzlicht umwandelt, das vom Röntgenfilm relativ stark absorbiert wird. Damit kann die Bestrahlungszeit verkürzt und die Strahlenbelastung des Patienten verringert werden. Zur Kontrasterhöhung wird die Unterlage, heute meist Polyesterfilm (photographische Schicht) blau eingefärbt. In der Werkstoffprüfung, wo die notwendige Strahlendosis von untergeordneter Bedeutung ist, wird zugunsten einer höheren Detailerkennbarkeit auf die Verstärkerfolien verzichtet.

P. wird für eine große Zahl sehr unterschiedlicher Anwendungszwecke hergestellt. Den größten Umfang nehmen die Kine- und Amateurmaterialien mit einem breiten Spektrum bezüglich Empfindlichkeit und Gradation ein. Für wissenschaftliche Zwecke gibt es spezielles P., z.B. Spektralplatten. Ihre Empfindlichkeit ist jeweils für ein bestimmtes Spektralgebiet ausgelegt. Raman-Platten und Astroplatten weisen einen besonders geringen Schwarzschild-Effekt (photographische Effekte) auf. Platten für die Elektronenmikroskopie und die Mikrophotographie (Mikratplatten) arbeiten besonders hart bei höchstmöglicher Auflösung. Weiterhin sind hier zu nennen photographische Registrierpapiere: Zur Aufnahme sehr energiereicher Strahlung gibt es Papiere, die keiner photographischen Entwicklung bedürfen (Auskopierpapiere); zur Registrierung von extrem rasch ablaufenden Bewegungen von Lichtpunkten (z.B. bei Oszillographen) werden direkt schwärzende Papiere verwendet, bei denen die hochempfindliche Emulsion vorbelichtet wurde.

Weiteres spezielles P. gibt es für die Dokumentation und Reproduktion. P. für die Mikroverfilmung ist wegen der starken Verkleinerung der Originalvorlage auf gute Detailwiedergabe abgestimmt. Gebräuchlich sind Filme als Rollenware (Mikrofilm) und das Planfilmformat A 6 als Mikrofiche. Zur Rückvergrößerung entsprechender Aufnahmen werden Dokumentenpapiere oder Zweibadpapiere verwendet, sofern nicht elektrophotographische Verfahren für die Rückvergrößerung angewendet werden (Elektrophotographie). Für das Duplizieren werden vielfach Diazomikrofilme eingesetzt. Spezielle Mikrofilme auf Silberhalogenid-Gelatine-Basis werden in modernen EDV-Anlagen zur Datenspeicherung verwendet (COM-Technik, COM-Film). Die in der Polygraphie eingesetzten phototechnischen Filme (Reprofilme) sind in der Regel Planfilme oder auch Rollenfilme mit unterschiedlichen Eigenschaften. Sie werden zur Herstellung von Vorlagen gebraucht, die auf die Druckplatte übertragen werden.

Zur Sortimentsreduzierung wurden gradationsvariable Filme (auch als gammavariable Filme bezeichnet) entwickelt. Die Gradation (charakteristische Kurve) hängt dabei von der Farbe des Lichtes ab, mit der sie belichtet werden. Erreicht wird die Variabilität durch eine doppelte Emulsionsschicht, wobei die eine Teilschicht blauempfindlich (Gradation g≈0,8) und die andere Teilschicht grünempfindlich ist (g≈1,5). Mit blau-gelbem Mischlicht kann jeder dazwischen liegende Gradationswert erreicht werden.

Besondere Bedeutung besitzen die Lithfilme. Sie haben eine sehr steile Gradation und führen unter Ausnutzung der Lithentwicklung zu guter Wiedergabe von Rasterpunkten und Strichvorlagen.

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