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Lexikon der Optik: Röntgenstrahlung

Röntgenstrahlung, von W. C. Röntgen (1845-1923) entdeckte elektromagnetische Strahlung, deren Wellenlänge in dem Bereich von etwa 80 bis 10-5 nm liegt. Die R. überschneidet sich bei kurzen Wellenlängen mit der γ-Strahlung radioaktiver Atomkerne und am langwelligen Ende ihres Spektralbereiches mit der ultravioletten Strahlung.

Erzeugung. R. wird in Röntgenröhren durch Beschuß einer Antikatode mit stark beschleunigten Elektronen erzeugt. Dabei entsteht zunächst eine Bremsstrahlung. Sie kommt dadurch zustande, daß die Elektronen durch Zusammenstöße mit den Hüllenelektronen der Atome eine plötzliche Abbremsung erfahren. Nach der klassischen Elektrodynamik führt nämlich eine jede Geschwindigkeitsänderung eines geladenen Teilchens, sei es eine Beschleunigung oder eine Abbremsung, zur Ausstrahlung eines (gedämpften) Wellenzuges. Die Überlagerung der von den einzelnen Elektronen erzeugten Elementarwellen ergibt dann die Bremsstrahlung. Ihr Spektrum ist kontinuierlich, besitzt aber eine scharfe kurzwellige Grenze. Die Grenzfrequenz νG folgt aus dem Energiesatz, wenn man die Photonenkonzeption zugrunde legt. Da das Photon im besten Falle die gesamte kinetische Energie des Elektrons, die ihrerseits durch das Produkt aus der elektrischen Elementarladung e und der durchlaufenen Potentialdifferenz U gegeben ist, erhalten kann, ergibt sich νG zu Ue/h, wobei h das Plancksche Wirkungsquantum bezeichnet. Zusammen mit der Bremsstrahlung tritt eine charakteristische Röntgenstrahlung auf, die durch Elektronenübergänge zwischen verschiedenen Elektronenschalen verursacht wird und sich daher aus einzelnen Spektrallinien (Röntgenspektren) zusammensetzt. In jüngster Zeit hat der im Röntgengebiet liegende Anteil der Synchrotronstrahlung zunehmend Bedeutung für die Röntgenspektroskopie erlangt.

Nachweis. Der Nachweis von R. erfolgt auf photographischem Wege (Röntgenfilm) oder mit Hilfe von Fluoreszenzschirmen, Röntgenstrahlbildwandlern, Röntgenbildverstärkern Zählrohren sowie Szintillationszählern.

Eigenschaften. R. zeichnet sich gegenüber dem sichtbaren Licht durch ihr hohes Durchdringungsvermögen aus. Die Schwächung der R. beim Durchgang durch Materie erfolgt durch Streuung und wahre Absorption. Der Einfluß der ersteren ist nur bei kurzen Wellenlängen und Substanzen mit niedriger Ordnungszahl Z wesentlich. Der Absorptionskoeffizient steigt, wie die Erfahrung lehrt, mit der vierten Potenz von Z an. Er ist damit im besonderen sehr verschieden für Knochen und weiches Körpergewebe, so daß sich Schattenbilder erzeugen lassen. Auf diesem Prinzip beruht die medizinische Diagnostik mittels R. Die Beobachtung erfolgt visuell unter Verwendung eines Fluoreszenzschirmes oder photographisch mit Hilfe eines Röntgenfilmes. In letzter Zeit wurden die Untersuchungsmethoden durch den Einsatz von Computern zur Röntgentomographie vervollkommnet. Auf der unterschiedlichen Schwächung der R. beim Durchgang durch ungleichförmige Materialien beruhen auch die Materialprüfung mit R. und die Röntgenmikroskopie (Röntgenkontaktmikroskopie, Röntgenstrahlschattenmikroskop). Mit kleiner werdender Wellenlänge nimmt der Absorptionskoeffizient wie die dritte Potenz der Wellenlänge ab. Kurzwellige R. wird daher als hart (im Sinne von "durchdringend"), sehr langwellige R. als weich bezeichnet. Letztere kann nur im Vakuum untersucht werden, da sie bereits von der Luft absorbiert wird. Die genannte Abnahme der Absorption wird durch das Auftreten von Absorptionskanten, an denen der Absorptionskoeffizient stark ansteigt (Röntgenspektren), sprunghaft unterbrochen.

Wie das Licht zeigt auch die R. Beugungserscheinungen. Da Beugungseffekte generell nur dann merklich sind, wenn die Wellenlänge der Strahlung größenordnungsmäßig mit den Dimensionen des beugenden Objektes übereinstimmt, läßt sich die Beugung von R. an konventionellen Spalten oder Gittern nur sehr schwer nachweisen. Dies gelingt jedoch mit Kristallen, da deren Bausteine dank ihrer regelmäßigen Anordnung ein Raumgitter mit der erforderlichen kleinen Gitterkonstanten bilden. Ein derartiges Experiment führten 1912 als erste M. von Laue, W. Friedrich und P. Knipping aus. Sie zeigten damit gleichzeitig die Wellennatur der R. wie auch die Gitterstruktur der Kristalle auf. Die Lage der Beugungsmaxima ergibt sich aus der Braggschen Reflexionsbedingung. Wichtige Anwendungen hat die Beugung der R. in der Röntgenstrukturanalyse gefunden.

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