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Lexikon der Optik: Synchrotronstrahlung

Synchrotronstrahlung, die von den in einem Synchrotron oder einem Speicherring umlaufenden Elektronen ausgesandte elektromagnetische Strahlung. Das Synchrotron ist ein in der Hochenergiephysik seit längerem verwendeter Teilchenbeschleuniger, während Speicherringe, in die hochbeschleunigte elektrisch geladene Teilchen eingeschossen werden und dort längere Zeit umlaufen, erst in jüngerer Zeit gebaut wurden. Beiden Großgeräten ist gemeinsam, daß die Teilchen durch Ablenkmagnete auf einer Kreisbahn mit festem Radius gehalten werden. (Genau gesprochen wird die Bahn nur jeweils im Bereich der Ablenkmagnete gekrümmt, dazwischen durchlaufen die Teilchen geradlinig einen feldfreien Raum). Die Elektronen – nur diese sind für die Erzeugung der S. von Bedeutung, da sie sich wegen ihrer kleinen Masse hinreichend stark beschleunigen lassen – erfahren so im Bereich der Ablenkmagnete eine Änderung ihrer Geschwindigkeitsrichtung und damit eine Radialbeschleunigung. Nach der klassischen Elektrodynamik emittieren ganz allgemein elektrisch geladene Teilchen, die sich beschleunigt bewegen, elektromagnetische Strahlung. So kommt es zur Aussendung der S. Vom Standpunkte der Beschleunigertechnik betrachtet, stellt die S. ein Ärgernis dar, da sie einen Energieverlust der Teilchen bedeutet. Tatsächlich führen diese Strahlungsverluste, da sie mit der vierten Potenz der Teilchenenergie anwachsen, zu einer Begrenzung der erreichbaren Teilchenenergien. Andererseits besitzt aber die S. so vorteilhafte Eigenschaften, daß neuerdings Synchrotrons und Speicherringe gerade zu dem Zweck gebaut werden, damit S. zu erzeugen.

Eigenschaften. Als sehr vorteilhaft für die Nutzung der S. erweist sich der Umstand, daß sie bei ultrarelativistischer Bewegung der Elektronen (Elektronengeschwindigkeit sehr nahe der Lichtgeschwindigkeit c) scharf gebündelt in Richtung der Tangente der Elektronenbahn ausgesandt wird. Des weiteren ist die S. in der Bahnebene linear polarisiert. (Der Vektor der elektrischen Feldstärke liegt in der Bahnebene.) Während ein Elektron niedriger Geschwindigkeit am stärksten bei seiner Umlauffrequenz emittiert, strahlt es dagegen im Falle ultrarelativistischer Energie bei sehr hohen Harmonischen der Umlauffrequenz. So liegt für Elektronen der Energie 240 MeV das Maximum der ausgestrahlten Energie bei dem 108-fachen der Grundfrequenz, die bei einem Bahnumfange von 10 m etwa 107 Hz beträgt. So kommt es zu starker Ausstrahlung im Ultravioletten oder, bei noch höherer Teilchenenergie, im Röntgenbereich mit einem breiten, kontinuierlichen Spektrum. Das Maximum der spektralen Intensitätsverteilung verschiebt sich mit wachsender Teilchenenergie zu immer kleineren Werten der Wellenlänge, wobei die Höhe des Maximums immer mehr zunimmt.

Das Maximum der spektralen Intensitätsverteilung läßt sich, verbunden mit einer Erhöhung der Intensität, dadurch noch weiter zu kleineren Wellenlängen hin verschieben, daß man die lokale Bahnkrümmung der Elektronen vergrößert. Dies geschieht mit speziellen Magneten. Bei einem – meist aus supraleitenden Magneten hergestellten – Wiggler findet eine ein- oder mehrmalige merkliche Ablenkung des Elektrons aus seiner Bahn (jeweils mit anschließender Rückführung) statt. Vergrößert man die Zahl der Perioden bei gleichzeitiger Verkleinerung der Winkelablenkung, so erhält man einen Undulator, der aus Permanentmagneten aufgebaut werden kann. Da die Elektronen in einem Synchrotron oder einem Speicherring in Form von Klumpen umlaufen, erscheint die an einem festen Orte eintreffende S. als eine Folge von kurzen Impulsen mit einer Zeitstruktur im Nanosekundenbereich.

Anwendungen. Die S. eignet sich wegen ihrer hohen spektralen Intensität und ihres kontinuierlichen Spektrums hervorragend für spektroskopische Untersuchungen im Ultravioletten und im Röntgenbereich. Blendet man mit Hilfe eines Monochromators einen schmalen Frequenzbereich aus, so kommt man zu einer schmalbandigen Lichtquelle, die sich zudem in ihrer Frequenz kontinuierlich abstimmen läßt. Im Röntgenbereich gibt es nichts Vergleichbares, da das kontinuierliche Spektrum der Röntgenbremsstrahlung stets von intensiven charakteristischen Linien (Röntgenspektren) durchsetzt ist. Darüber hinaus kann die S. wegen ihres Impulscharakters für zeitaufgelöste Messungen benutzt werden. Der Einsatz der S. macht generell die konventionellen Röntgenuntersuchungsmethoden wie Kristallstrukturuntersuchung, Röntgenspektroskopie, Röntgentopographie, Photoelektronenspektroskopie, Materialprüfung und medizinische Diagnostik schneller, genauer und empfindlicher. Durch zeitaufgelöste Messungen kann beispielsweise das Kristallwachstum und die Entstehung von Störstellen verfolgt werden, oder es können Fluoreszenzlebensdauern von Atomen oder Molekülen ermittelt werden. Als ein besonders wichtiges Anwendungsgebiet der S. zeichnet sich die Röntgenstrahllithographie ab. Schließlich eignet sich die S. als ein Standard für Absolutmessungen der Intensität im Ultravioletten und im Röntgenbereich, da ihre spektrale Intensitätsverteilung aus den Daten des Speicherringes exakt berechnet werden kann.

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