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Metzler Philosophen-Lexikon: Gehlen, Arnold

Geb. 29. 1. 1904 in Leipzig;

gest. 30. 1. 1976 in Hamburg

Die Verwicklung nicht nur der Person, sondern auch des Denkens von G. mit der Ideologie des Nationalsozialismus erschwert erheblich den Zugang zu seiner Philosophie. Während es im Fall Heideggers wohl umstritten bleiben wird, inwiefern die Rektoratsrede, in der er anhand der Begriffe seines Hauptwerks Sein und Zeit die nationalsozialistische Herrschaft legitimiert, Opportunismus, Selbstmißverständnis oder eher konsequentes Durchdenken der eigenen frühen Philosophie war, läßt sich bei G. eine solche Trennung von Philosophie und politischem Verhalten gar nicht erst anstellen. G. war nämlich schon sieben Jahre vor der Veröffentlichung seines Hauptwerks, Der Mensch. Seine Natur und seine Stellung in der Welt (1940), in den NS-Dozentenbund eingetreten. In der ersten Auflage dieses Werkes mündet auch die Darlegung seiner philosophischen Perspektive in einer expliziten Legitimation des Nationalsozialismus. Bis zur vierten Auflage (1950) hatte G. zwar die Passagen ersetzt, die offensichtliche Bezüge zur NS-Ideologie herstellten. Die Struktur des Buches blieb aber unverändert. Gleichwohl läßt sich G. keineswegs einfach als Ideologe abqualifizieren. Sein Denken stellt im Gegenteil einen Versuch dar, Antworten auf Fragen zu geben, die heute noch von erheblicher philosophischer Bedeutung sind. Er liefert Vorschläge, wie Philosophie ohne Metaphysik zu betreiben, wie sie mit den empirischen Wissenschaften zu verbinden und wie eine pragmatische Fundierung menschlicher Orientierung zu konzipieren ist. Diese drei Fragestellungen laufen im Programm einer philosophischen Anthropologie zusammen, die den Anspruch erhebt, zum einen innerphilosophischen Disziplinen wie der Ethik und der Ästhetik, zum anderen den Kulturwissenschaften, insbesondere der Soziologie und der Sozialpsychologie, ein Fundament zu geben.

Im Einklang mit diversen anderen philosophischen Strömungen des 20. Jahrhunderts verfolgt die klassische philosophische Anthropologie das Ziel, den cartesianischen Dualismus von Geist und Körper zu überwinden. Um dies zu leisten, arbeitet G. einen Gesichtspunkt heraus, von dem her alle spezifisch menschlichen Eigenschaften sich erklären lassen sollen: den Gesichtspunkt der Handlung. Wie die amerikanischen Pragmatisten und Heidegger argumentiert G., daß den von der traditionellen Anthropologie ins Zentrum gestellten Fähigkeiten des Bewußtseins kein grundlegender Stellenwert bei der Bestimmung des Menschlichen zukommt, sondern daß sie im Gegenteil als abgeleitete Phänomene gelten müssen. Anstatt Handeln als Ausführung eines vom Bewußtsein gesetzten Ziels zu beschreiben, wird das Erkennen als eine Form des Handelns gesehen. Der Prozeß und das Ergebnis des Erkennens lassen sich zwar aus Handlungszusammenhängen abstrahieren, anthropologisch gesehen ist aber dieser ursprüngliche Zusammenhang von größter Bedeutung. Versucht jemand z.B. herauszufinden, ob ein Schlüssel in ein Schlüsselloch paßt, so lassen sich Überlegungen und Bewegungen nicht auseinanderhalten. Im Handeln sind beide Momente im Versuch verwoben, Zwecke zu realisieren. Die Handlung soll also die Basis aller spezifisch menschlichen Leistungen abgeben. Erst an dieser Stelle kommt das Spezifische an der G.schen Anthropologie zum Tragen. Obwohl G. nämlich wiederholt behauptet, der Begriff der Handlung bilde den Kern seiner Theorie, ist der betreffende Handlungsbegriff selber systematisch von seinem methodischen Ansatz und der damit entwickelten Begriffskonstellation abhängig. Die Bedeutung des Kernsatzes, »Der Mensch ist das handelnde Wesen« hängt davon ab, daß G. den damit gemeinten Sachverhalt erklären zu können glaubt. Dies soll im Rahmen einer empirischen Philosophieˆ geleistet werden, deren Methode die der Zusammenfassung und der kategorialen Vermittlung der Resultate relevanter empirischer Wissenschaften ist. Zu diesem Zweck entlehnt G. einerseits Begriffe aus der philosophischen Tradition; andererseits vermittelt er diese mit Ergebnissen der Naturwissenschaften, insbesondere der Biologie. Er nennt sogar im Gegensatz zu Max Schelers Metaphysik des Menschen und zur Naturphilosophie Helmuth Plessners seinen Ansatz »Anthropobiologie«.

Seine Grundbegriffe entfaltet G. zum einen im Anschluß an Gedanken von Herder, Nietzsche und Scheler, zum anderen in Auseinandersetzung mit den Forschungsergebnissen der Biologen Louis Bolk, Adolf Portmann und Konrad Lorenz. Bolk und Portmann arbeiten nämlich heraus, daß die Ontogenese von Mitgliedern der Spezies Mensch durch eine im Vergleich mit anderen Spezies besondere Verzögerung gekennzeichnet ist. Diese Retardationˆ der anatomischen Entwicklung betrifft einerseits das Wachstumstempo, andererseits die sogenannten Organprimitivismen, Merkmale des menschlichen Körpers, die fötalen Zuständen bei anderen Tieren entsprechen. Die organische Ausstattung von Menschen ist im Vergleich mit derjenigen von anderen Tieren erstens wenig spezialisiert und bietet zweitens wenig Schutz. Zu diesen morphologischen Beobachtungen kommen an der Verhaltensforschung von Lorenz anschließende motivationstheoretische Überlegungen hinzu. Während das Verhalten von anderen Tieren in angeborenen Bewegungsfiguren abläuft, die durch Signale unfehlbar ausgelöst werden, lassen sich bei Menschen kaum feste Zuordnungen von Auslöser und Verhaltensformen feststellen. Dieser Tatbestand der Instinktreduktionˆ erscheint als eine empirische Bestätigung von Nietzsches Rede vom Menschen als »dem nicht festgestellten Tier«. Instinktreduktion und Organprimitivität faßt G. mit einem Wort von Herder zusammen, das in der Rezeption als den Hauptbegriff der G.schen Anthropologie gesehen worden ist: der Rede vom Menschen als Mängelwesenˆ. An diesem Begriff werden aber die Schwierigkeiten deutlich, mit denen eine Perspektive konfrontiert wird, die ältere philosophische Konzeptionen mit neueren empirischen Forschungsergebnissen auf dem Wege der anthropologischen Kategorienbildung zusammenführen will. Gerade aus biologischer Sicht ist der Begriff des Mängelwesens unzulässig: Evolutionstheoretisch hat es keinen Sinn, das Überleben einer Spezies durch ihre Unangepaßtheit zu erklären. Im Fall der Spezies Mensch läßt sich im Gegenteil sehr wohl ein Organ angeben, dessen spezifische Entwicklung die physiologische Basis für die Leistungen lieferte, die ihr Überleben ermöglichte: nämlich das Gehirn. Auch diese Feststellung führt aber keineswegs in die philosophische Anthropologie hinüber, sondern bleibt innerhalb einer biologischen Fragestellung. Der Begriff des Mängelwesens soll aber den Übergang von der biologischen zur philosophischen Problemlage dadurch ermöglichen, daß er erklärt, warum die Entstehung der menschlichen Handlungsfähigkeit evolutionär notwendig war.

Weil Menschen mit keinen physischen Merkmalen ausgestattet sind, die ihnen Schutz und effektive Mittel zur Selbstverteidigung bieten, und weil ihre Instinkte derart zurückgebildet sind, daß sie kein Verhalten garantieren, das der Umwelt automatisch angepaßt wäre, ist die Spezies gezwungen, ihre Umgebung gemäß den Anforderungen ihrer eigenen Selbsterhaltung zu verändern. Der Handlungsbegriff, den G. auf dieser Basis entwickelt, ist nun ein inhaltlicher. Handeln heißt: die Natur ins für die Menschen Zweckdienliche umzuwandeln. Dieses Verständnis des Handelns bietet den Ansatzpunkt für weitere Begriffsprägungen der Anthropologie G.s, insbesondere für den die Leitlinie seiner soziologischen und sozialpsychologischen Untersuchungen bildenden Begriff der Entlastungˆ. Menschen streben sie an, weil handeln zu müssen in zwei Hinsichten einen unerträglichen Druck bedeutet, dem niemand ohne Rückhalt gewachsen wäre: Zum einen wird eine überindividuelle Lösung des Problems der physischen Überlebenssicherung in dauerhaften gesellschaftlichen Einrichtungen gesucht. Zum anderen verlangen Menschen nach einer Entlastungˆ psychologischer Natur angesichts des überwältigenden Flusses von Eindrücken, dem sie deswegen ausgesetzt sind, weil ihre Wahrnehmungsmöglichkeiten durch keine instinktiven Erfordernisse begrenzt sind. Diese Lage läßt sich nur dadurch bewältigen, daß bei den menschlichen Individuen Verhaltensgewohnheiten ausgebildet werden, deren Entsprechung gewisse Wahrnehmungsselektionen erfordert. Biologisch zur Naturbeherrschung gezwungen, müssen Menschen um der Arterhaltung willen ihre Umgebung wie ihre eigene Natur nötigenfalls mit Gewalt umwandeln, um Ordnungsstrukturen in der Welt wie in der eigenen Psyche auszubilden. Die so ausgebildeten Strukturen lassen sich zum einen als Kulturˆ, zum anderen als Charakterˆ bezeichnen. Mit einem instrumentalistischen Kulturbegriff korreliert eine Psychologie der Zuchtˆ. Erst die Schaffung eines psychischen Ordnungsgefüges ermöglicht die Lenkung der eigenen Antriebsenergieˆ, die sich infolge ihrer Entkoppelung von instinktiv kontrollierten Bewegungsabläufen ohne vorgegebene Ziele anzustauen oder auf gesellschaftlich disfunktionale Ziele zu richten droht. G.s Anthropobiologie liefert eine systematische Basis für den Zusammenhang der bei Scheler noch nebeneinanderstehenden Begriffe des Triebüberschussesˆ und der Weltoffenheitˆ. Zum menschlichen Spezifikum der Weltoffenheit betont G. unnachgiebig die damit verbundene Schattenseite der konstitutiven Gefährdung.

Indem G. den Ausgang von dieser Gefährdung zum ausgezeichneten Gesichtspunkt anthropologischer Betrachtung erklärt, arbeitet er normative Komponenten in seine empirischeˆ Philosophie hinein. Somit läßt sich sein Anspruch nicht aufrechterhalten, auf wissenschaftlichem Wege ein Fundament für philosophische und soziologische Untersuchungen bereitzustellen. In seiner soziologischen Modernitätsdiagnose, wie sie beispielsweise in Die Seele im technischen Zeitalter (1957) entwickelt wird, in der Institutionentheorie von Urmensch und Spätkultur (1956) und in seiner Moralphilosophie, die er in Moral und Hypermoral (1969) und zuletzt in Die ethische Tragweite der Verhaltensforschung (1972) darstellt, zieht G. die Schlußfolgerungen, die dieser normative Zug nahelegt. In seiner Moraltheorie unterscheidet G. verschiedene Ethosformen und ihnen entsprechende anthropologische Wurzelnˆ, aus denen sie entstanden seien. Der Masseneudämonismusˆ, der ethisch einer bestimmten Variante des Utilitarismus und politisch wohl einer wohlfahrtstaatlichen Sozialdemokratie entspricht, wird von G. als spezifisch moderner Umgang mit dem biologischen Gedanken interpretiert, daß Organismen günstige Umweltchancen auszuschöpfen pflegen. Den Humanitarismusˆ, den G. als Ethik der universalen Menschenliebe deutet, sieht er als die zum Scheitern verurteilte Überdehnung der natürlichen Sympathiegefühle und Hilfsbereitschaft, die innerhalb einer Großfamilie oder Sippe ihren ursprünglichen Ort haben. Neben diesen zwei in der Moderne weit verbreiteten Formen moralischer Verpflichtung ragt eine Ethosform besonders heraus: der Ethos der Institutionen, insbesondere des Staates. Letzteres Gebilde beschreibt G. als »Organisation im Interesse des physischen Überlebens einer Gesellschaft«, eine Ausdrucksweise, die die sprachlichen Ungereimtheiten einer Anthropobiologieˆ deutlich werden lassen: Der darwinistische Topos des Kampfes ums Überleben, der biologische Arten betrifft, läßt sich nämlich nicht direkt auf soziale Gebilde übertragen. Auch wenn es als überzeugend gelten könnte, daß der Fortdauer einer Gesellschaft ein handlungsleitender Vorrang zukommen soll, läßt sich schwer vorstellen, wie empirisch zu prüfen wäre, ob es tatsächlich der Staat sei, der diese Funktion am effektivsten erfülle.

Die Institutionenlehre, der Kern von G.s Sozialphilosophie, ist der wirkungsvollste Teil seines Denkens gewesen. Ihr oft nicht explizit anerkannter Einfluß ist im Werk seines Schülers Helmut Schelsky wie in der Systemtheorie von Niklas Luhmann evident. Die Einwände, die aus dem Umkreis der Frankfurter Schuleˆ gegen G.s Position erhoben wurden, galten auch vornehmlich seiner Behauptung des normativen Primats der Institutionen. Bemerkenswert an seiner Institutionentheorie ist indessen die besondere Unschärfe des Institutionenbegriffs selber. G. beschreibt die Funktion von Institutionen wiederholt als die der Entlastung, das heißt der Stabilisierung der Außen- und Innenweltˆ der Handelnden. Dabei bleibt unklar, ob es ein Kriterium des spezifisch Institutionellen an bestimmten Formen der Entlastung gibt oder ob alles Entlastende als Institution zu bezeichnen ist. Nur wenn die erste Variante zutrifft, lassen sich die normativen Konsequenzen ziehen, die G. tatsächlich zieht. Ein solches Kriterium liefert G. aber nicht. Statt dessen deutet vieles – wie sein eigenes Beispiel des Briefverkehrs – darauf hin, daß Institutionen – aus gegenseitigem Verhalten entstandene »stereotype Modelle von Verhaltensfiguren« – bis ins Detail des Alltagslebens reichen und so von Gewohnheiten nur durch das Merkmal der Reziprozität unterschieden sind. Einen solchen, weiten Institutionsbegriff entwickeln Peter Berger und Thomas Luckmann (The Social Construction of Reality, 1966) in direkter Anlehnung an G. Dessen Behauptung zur Funktion von Gewohnheiten läßt sich auf jeden Fall gleichermaßen für die Institutionen aufstellen: Sie treten an die Stelle, an der beim Tier die Instinkte stehen. Es ist ein Verdienst G.s, die zentrale Bedeutung von gewohnheitsmäßigen Abläufen für das von Natur in seinen Verhaltensformen nicht festgelegte Tier, den Menschen, betont zu haben. Sollten die Menschen eine Reflexionsphase vor jede Handlung einschalten, so wäre die einfachste Tat eine sehr anstrengende und langwierige Angelegenheit. Die gleiche Einsicht wurde allerdings schon von John Dewey (Human Nature and Conduct, 1922) vertreten, aber ohne die radikal konservativen Konsequenzen zu ziehen, die G. zieht. Dewey sieht es im Gegenteil als eine kulturelle Aufgabe an, Institutionen und Gewohnheiten zu entwickeln, die von Reflexion durchdrungen werden. Erst die normative Perspektive G.s verleitet ihn dazu, aus den Ergebnissen der biologischen Forschung, den Schluß zu ziehen, der Mensch sei das Wesen der Zuchtˆ und nicht, wie beispielsweise Dewey, ein Wesen, das auf Lernprozesse angewiesen ist.

G.s Institutionentheorie liefert die Basis seiner Zeitdiagnose, die immer wieder die pathologischen Symptome vom Zerfall des Verpflichtungscharakters der – hier im üblichen Sinn verstandenen, hartenˆ – Institutionen hervorhebt. G. beschreibt den Modernisierungsprozeß als kontinuierlichen Abbau der Schutz- und Orientierungsfunktionen jener instinktersetzenden Gebilde. Dabei wendet er diejenigen Kategorien an, mit denen er die Entstehung der Institutionen biologisch erklärt hatte, um die Merkmale eines Zustandes zu bezeichnen, den er als durch die Auflösung der Institutionen – und tendenziell der Kultur – verursacht sieht. Die modernen, wie die primitiven Menschen, sind von einer Reizüberflutungˆ bedroht; jetzt aber wendet sich ihre ganze Aufmerksamkeit, statt den Gefahren der Außenwelt, den fast grenzenlosen Möglichkeiten ihrer eigenen unspezifischen, plastischen Antriebskräfte zu. Sie erleben eine Übersteigerung der Subjektivitätˆ, die einer neuen Primitivisierungˆ gleichkommt. Aus dem Mangel an institutionellem Außenhaltˆ erklärt sich, so G., die Angst, Verunsicherung und Gereiztheit, die in modernen Gesellschaften so verbreitet sind.

Neben diesen diagnostischen Begriffen verwendet G. ferner den der kulturellen Kristallisationˆ, um einen Zustand zu beschreiben, in dem alle geschichtlichen Möglichkeiten endgültig durchgespielt worden seien. Dieser Begriff findet insbesondere im letzten Gebiet Anwendung, dessen Untersuchung G. auf anthropologischer Basis zu betreiben beansprucht: das der modernen Kunst. Zeit-Bilder (1960) ist eine äußerst kritische Analyse der Entwicklung der Kunst, die das Verschwinden des Gegenstandsˆ als eine Verfallserscheinung deutet. Am Ende eines in der Tradition deutscher Geschichtsphilosophie stehenden Drei-Phasen-Modells der Kunstentwicklung steht die abstrakte Malerei, die dem Betrachter jede Möglichkeit handelnder Verwertung ihres Inhalts entzieht. Diese Lage wird, so G., durch eine ungeheure Menge an Literatur verunklärt, die, durch die Bezugslosigkeit der gegenstandslosen Kunst herausgefordert, ihr eine Tiefe zuspricht, die sachlich gar nicht bestehe. Der Großteil des gegenwärtigen Kunstbetriebs ist aus G.s Sicht nur mit der Kategorie der Entlastung angemessen zu fassen, die hier für die moderne Flucht in die Subjektivität steht. Unabhängig davon, wie man dieses Urteil über die moderne Kunst einschätzt, legen sich zwei weitere Fragen nahe: erstens, warum das moderne Bewußtsein Entlastung vom Druck des Sozialen in der Kunst suchen sollte, wenn sich die Institutionen in einem Prozeß der Auflösung befinden, und zweitens, wie sich diese geschichtliche Diagnose zur Verortung von Kunst in G.s Lehre vom Menschen verhält. An anderen Stellen wird nämlich ästhetische Erfahrung grundsätzlich als durch entdifferenzierte Auslöser hervorgerufene Gefühlsreaktionen bestimmt, die ihre besondere Stärke gerade durch ihren mangelnden Handlungsbezug gewinnen. Auch hier löst G.s Anthropobiologie ihren Fundierungsanspruch nicht ein. Statt dessen erweist sie sich in ästhetischen wie in moralischen und sozialpsychologischen Fragen als systematisch von historisch kontextualisierbaren Werturteilen abhängig.

Thies, Christian: Gehlen zur Einführung. Hamburg 2000. – Kamlah, Wilhelm: Probleme der Anthropologie. Eine Auseinandersetzung mit Arnold Gehlen. In: ders.: Von der Sprache zur Vernunft. Philosophie und Wissenschaft in der neuzeitlichen Profanität. Zürich 1975.

Neil Roughley

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