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Metzler Lexikon Philosophie: Logik

benennt die Grundlagen gedanklicher Ordnung. Als formale L. thematisiert sie die logischen Beziehungen innerhalb eines symbolischen Darstellungssystems. Um auszudrücken, dass sie nur Gesetze innerhalb der Symbolik aufstellt und keinerlei Aussagen über Grundgesetze des Seins, über tatsächliche Beziehungen innerhalb der Wirklichkeit macht oder Gesetze der Erfahrungswelt formuliert, spricht man von reiner L. Als Vernunftlehre tritt die L. in zweifacher Hinsicht auf: Zum einen thematisiert sie die subjektive Fähigkeit des Denkens, die normativen Denkregeln und Denkgesetze, zum anderen die objektiven Verstandesgebilde, die allgemein verbindlichen Bedeutungsbeziehungen. Beide Aspekte werden in unterschiedlicher Gewichtung zum Forschungsthema der L.: (1) In der Antike (Platon und Aristoteles) befasst sich die L. unter dem Namen »Dialektik« mit der Analyse und Synthese von Begriffen und mit den zur Argumentationskunst zählenden Formen und Regeln gültiger Schlussfolgerungen (Syllogismus, Logik, formale). – (2) Mit Leibniz wird das Verständnis der L. auf jede Art formgerechten Beweisgangs, auf jede Vernunftüberlegung, die kraft ihrer Form Schlüsse zieht und bei der man kein Beweisstück zu ergänzen braucht, ausgeweitet. – (3) Die Logik von Port-Royal differenziert in Elementarlehre: Lehre vom Begriff, vom Urteil, vom Schließen, und in Methodenlehre: Methoden begründeter Erkenntnis, d.h. die kunstgerechte Behandlung der Elementarlehre zur Erzeugung einer systematischen Wissenschaft. Die Wissenschaftslehre behandelt den Inbegriff derjenigen Regeln, nach denen wir in den Einzelwissenschaften vorzugehen haben. – (4) Die in entwickelter Form von Frege inaugurierte moderne L. trägt dem Umstand Rechnung, dass das für die traditionelle L. vorherrschende Urteilsschema (einem Subjekt wird ein Prädikat zugesprochen) zwar für Eigenschaften und für Klassen geeignet ist, aber nicht eine angemessene Darstellung von Beziehungen, die in der Verknüpfung von zwei oder mehreren Gliedern bestehen, ermöglicht. Durch die Einführung einer Symbolik wird eine Form der Darstellung geschaffen, durch welche Begriffe und Aussagen und die Regeln ihrer Verknüpfung präzise festgelegt werden: (a) Frege zeigte, dass eine logische Kunstsprache (Künstliche Sprache) möglich ist, in der alle logisch relevanten Formen von Sätzen eindeutig ausgedrückt werden können. Dabei beschränkte er sich auf die Grundsymbole der Negation (eines Satzes), das Wenn-dann-Verhältnis (Implikation) zweier Aussagen sowie auf ein Zeichen für Allgemeingültigkeit eines Ausdrucks der Form ›x ist ein F‹, wobei x eine Variable für Gegenstände und F eine Variable für Prädikate ist. (b) Er leistete eine Klärung der logischen Zusammenhänge im Bereich der elementaren Prädikation, indem er zum einen auf die grundlegenden Unterschiede zwischen Merkmalen und Eigenschaften hinwies: die Merkmale von Begriffen sind Eigenschaften von Gegenständen, die Eigenschaften Merkmale möglicher Begriffe, und indem er zum anderen zwischen Begriffen erster und zweiter Stufe differenzierte: dem Fallen eines Gegenstandes unter einen Begriff, die Unterordnung von Begriffen unter andere Begriffe, die Einordnung eines Begriffs unter einen Begriff zweiter Stufe. (c) Ihm ist die Grundlegung einer philosophischen Semantik zuzuschreiben: Neben dem Zeichen (dem sprachlichen Ausdruck) und der gemeinten Sache (dem Gegenstand) führt er als notwendigen dritten Bestandteil den Sinn eines solchen Ausdrucks ein. Den Sinn definiert er als die Gegebenheitsweise des Gegenstandes, die Bedeutung als den Bezugsgegenstand (Referenz). Die Bestimmung der Bedeutung und des Sinnes von ganzen Sätzen führt zur Bestimmung von Wahrheitswerten. Die Bedeutung eines Satzes muss nach Frege dasjenige sein, das sich nicht verändert, wenn wir beliebige Teilausdrücke ersetzen. Es lässt sich zeigen, dass bei solchen Veränderungen der Wahrheitswert erhalten bleibt. Die damit verbundene Analyse des Begriffs weist diesen als eine Funktion aus, deren Wert für jedes Argument ein Wahrheitswert ist. Begriffe sind Funktionen besonderen Typs, folglich keine selbständigen Gegenstände, sondern ungesättigte Entitäten, die ihre natürliche Erfüllung erfahren, wenn sie von Gegenständen prädiziert werden. (d) In dem Logikkalkül werden die logischen Folgerungen, wie sie von der traditionellen formalen L. untersucht wurden, auf rein formale Weise, d.h. ohne Rückgriff auf die Bedeutung der sprachlichen Ausdrücke, durch schematische Regeln aus einfachen logischen Folgerungen der Reihe nach hergestellt. Die von ihm geleistete vollständige Kalkülisierung lieferte eine L. in Gestalt eines Satzkalküls, weil logisch wahre Aussageschemata aus gewissen einfachen, logisch wahren Aussageschemata erzeugt werden. Ihren Niederschlag findet diese Form der L. in der Aussagenlogik und Prädikatenlogik. Im Anschluss an und aus der Kritik an Frege entwickelte Russell seine Typenlogik. – (5) Die von Kant in Abgrenzung zur formalen L. eingeführte transzendentale L. zielt darauf ab, die Begriffe von »Gegenständen überhaupt« als Bedingungen möglicher Erkenntnis auszuweisen, wobei diese Begriffe nicht auf empirischem Wege gewonnen werden können, da sie immer schon für jede Erfahrung in Anschlag zu bringen sind. – (6) Hinsichtlich der Darstellungsformen, Begründungsweisen und spezifischen Teilbereiche entwickelt sich die moderne L. in eine Vielzahl unterschiedlicher Positionen: (a) Neben der axiomatischen Darstellung Freges besteht in der dialogischen L. ein von P. Lorenzen erarbeitetes Begründungsverfahren, das anstelle der dem semantischen Aufbau der L. zugrundeliegenden Charakterisierung nach »wahr-falsch« und anstelle des syntaktischen Aufbaus mit Hilfe von Logikkalkülen einen pragmatischen Aufbau vorsieht, nämlich die Charakterisierung der Aussagen durch ein endliches, in entscheidbaren Schritten verlaufendes Argumentationsverfahren. (b) Bezüglich der logischen Gesetze bringt die intuitionistische L. bzw. die konstruktive L. eine Kritik an der Zweiwertigkeit »wahr-falsch« und an der Allgemeingültigkeit des »tertium-non-datur«-Prinzips an. Dem setzt sie den Grundgedanken entgegen, der Beweis sollte grundsätzlich durch gedankliche Konstruktionen erbracht werden. (c) Hinsichtlich der Ausdrucksmittel werden spezifische L.en entwickelt: die Einbeziehung der Modalitäten führt zu einer Modallogik, die Einbeziehung zeitlicher Indikatoren zu einer temporalen L., in der die Wahrheitswerte von Propositionen in ihrer Abhängigkeit von Zeiten behandelt werden, die Einbeziehung der Sollensoperatoren zur deontischen L., die Einführung von Gebrauchskontexten zur topologischen L., die die Wahrheitswerte von Sätzen in Abhängigkeit von Gebrauchskontexten bestimmt. (d) Hinsichtlich der epistemischen Kontexte unterzieht die epistemische L. die Begriffe des Wissens und Glaubens einer logischen Analyse. (e) In Bezug auf die induktiven Schlüsse (Induktion) und den Bewährungsgrad von Hypothesen widmet die induktive L. dem Problem ihre Aufmerksamkeit, dass bei induktiven Argumenten der Inhalt der Konklusion nicht vollständig in dem der Prämisse enthalten ist, sondern unser Wissen vom Einzelfall aus auf eine generelle Hypothese hin erweitert wird. Carnap (Wiener Kreis) erörtert dazu Bestätigungsmethoden und Adäquatheitskriterien.

Literatur:

  • G. Frege: Logische Untersuchungen. Göttingen 1966
  • Ders.: Funktion, Begriff, Bedeutung. Göttingen 31969
  • F. v. Kutschera: Elementare Logik. Wien 1967
  • G. Patzig: Die Aristotelische Syllogistik. Göttingen 21969
  • W. V. O. Quine: Grundzüge der Logik. Frankfurt 1974
  • S. Rosenkranz: Einführung in die Logik. Stuttgart/Weimar 2006.

PP

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Herausgegeben von Peter Prechtl (†) und Franz-Peter Burkard.

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