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Metzler Lexikon Philosophie: Philosophie, arabische

(falsafa). Das Studium der arab. Philosophie hat sich auf diejenigen Problemstellungen zu beschränken, welche zwar innerhalb der arabischen Zivilisation entstanden sind, aber aufgrund ihres besonderen Charakters Teil dessen sind, was die Griechen »Philosophie« nannten. Dieser Terminus wurde im Arabischen durch das Wort »falsafa« wiedergegeben, um eine Denkform zu bezeichnen, die eindeutig griech. Herkunft war. Die philosophische Reflexion wurde durch die Übersetzung großer Teile der griech. Philosophie – darunter des größten Teils der aristotelischen und neuplatonischen Philosophie – ermöglicht. Dies geschah entweder direkt aus dem Griechischen oder vermittels des Syrischen. Die ersten intellektuellen Anstrengungen der Muslime waren der Koranauslegung gewidmet, und schon das heilige Buch des Islam appelliert an das rationale Erkenntnisstreben und brachte andere Wissenszweige des islamischen Denkens hervor: Theologie, Recht, Grammatik, Geschichte usw.

Die rege Übersetzertätigkeit, die im letzten Drittel des 8. Jh. begann, hatte schon im 10 Jh. ihren Abschluss gefunden. Sie wurde maßgeblich durch die abbassidischen Kalifen al-Manṣūr und al-Ma’mūn, dem Gründer der Dar al-Hikma, des Hauses der Weisheit in Bagdad, gefördert. Die Übersetzer überprüften nicht nur die Übersetzungen und kollationierten Handschriften, sondern trugen durch selbständiges Denken zur Entwicklung einer eigenen Philosophie bei.

Der Islam etablierte sich in einem kulturellen Umfeld, in dem der Neuplatonismus das herrschende Denken prägte. Letzterer vereinte zusätzlich pythagoräische, aristotelische und stoische Elemente, welche mit religiösen Komponenten durchsetzt waren. Dieser Synkretismus hatte eine große Affinität mit dem grundsätzlichen Prinzip des Islams, nämlich der Einheit Gottes. Die philosophische Auslegung konnte an neuplatonische Überlegungen über das Eine anknüpfen, wie sie v.a. in den Werken von Plotin und Proklos niedergelegt sind. Die originale Quelle der Philosophie im Islam ist im Pseudo-Aristoteles zu suchen, d.h. in denjenigen Schriften, die Aristoteles zugeschrieben wurden und in denen neuplatonische Lehren vertreten wurden: z.B. die Theologie, die nichts anderes als die Paraphrase der Enneaden von Plotin beinhaltet, das Liber de Causis (eine Bearbeitung von Abschnitten aus Proklos Institutio Theologica), der Tractatus de pomo, usw.

Mit al-Kindī (795–870) beginnt die arabische philosophische Produktion. Er förderte in Bagdad die Übersetzung der aristotelischen Metaphysik und korrigierte die der Theologie. Seine philosophischen Ansichten sind in der Einführung zu seinem Werk De prima Philosophia niedergelegt, in der er die allmähliche Vervollkommnung der Wahrheitskenntnis beschreibt, die durch die Anstrengungen der Philosophen erfolgte. Für ihn kann jede beliebige Quelle zur Wahrheitsfindung dienen, und ferner müssen die Meinungen der früheren Philosophen überprüft und vervollständigt werden.

Al-Fārābī (gest. 950) aus Transoxanien verbrachte den größten Teil seines Lebens am Hof von Sayf al-Daula in Damaskus. Avicenna (Ibn Sina, geb. Buchara 980, gest. Hamadan 1037), der sich für einen Schüler von al-Farabi hielt, stellte die Ansichten der früheren Philosophen zusammen und organisierte sie in einem vollständigen System, für welches er als Grundlage die aristotelische Einteilung der Wissenschaften heranzog. Das Werk des al-Gazālī (Churasan 1070–1111) bildet den Abschluss der islamischen Philosophie im Osten. Darin lehnt er mit Hilfe philosophischer Methodik die Philosophie ab und führt die Dekadenz des damaligen Islam auf die Faszination für die griech. Philosophen zurück.

Die arabische Philosophie fand jedoch ihre Fortsetzung am anderen Ende der islamischen Welt, nämlich im maurischen Spanien, seit im 12. Jh. die Werke der östlichen Philosophen rezipiert wurden. Die drei größten spanisch-arabischen Philosophen waren Avempace (Ibn Bāğğa), Ibn Tufayl und Averroes (Ibn Rušd). Der Erstgennante (gest. 1138) setzte die Philosophie von al-Kindī fort, indem er im islamischen Westen die politischen Konzeptionen des al-Fārābī einführte und ethisch und individuell umsetzte. Ibn Ṭufayl aus Granada (gest. 1185) war im mittelalterlichen christlichen Europa durch sein Werk Philosophus autodidactus berühmt. Mit Averroes (gest. 1198) aus Cordoba fand der philosophische Rationalismus im Islam seinen Höhepunkt und Abschluss. Auf das lat. MA. übte er bedeutenden Einfluss durch seine umfangreichen Aristoteles-Kommentare aus.

Literatur:

  • H. Corbin: Histoire de la philosophie islamique. I (1964), II (1974); jetzt zusammen in engl. Übersetzung u. d. T.: History of Islamic Philosophy. London/New York 1993
  • G. Endreß: Die Wissenschaftliche Literatur. In: Grundriß der arabischen Philologie II: Hg. von H. Gätje. Wiesbaden 1987. S. 400–506 (mit Bibliographie)
  • Ders.: Philosophie. In: Grundriß der arabischen Philologie III. Hg. von Fischer. Wiesbaden 1992. S. 25–61
  • M. Fakhry: A History of Islamic Philosophy. London/New York 1970
  • M. Marmura: Die islamische Philosophie des Mittelalters. In: Der Islam II. Hg. v. Watt/Marmura. Stuttgart 1985. S. 320–392 – R. Ramón Guerrero: El pensamiento filosófico árabe. Madrid 1985
  • G. Strohmaier: Denker im Reich der Kalifen. Jena/Berlin 1979
  • W. M. Watt: Islamic Philosophy and Theology. Edinburgh 1962.

CP

  • Die Autoren
AA Andreas Arndt, Berlin
AB Andreas Bartels, Paderborn
AC Andreas Cremonini, Basel
AD Andreas Disselnkötter, Dortmund
AE Achim Engstler, Münster
AG Alexander Grau, Berlin
AK André Kieserling, Bielefeld
AM Arne Malmsheimer, Bochum
AN Armin Nassehi, München
AR Alexander Riebel, Würzburg
ARE Anne Reichold, Kaiserslautern
AS Annette Sell, Bochum
AT Axel Tschentscher, Würzburg
ATA Angela T. Augustin †
AW Astrid Wagner, Berlin
BA Bernd Amos, Erlangen
BBR Birger Brinkmeier, Münster
BCP Bernadette Collenberg-Plotnikov, Hagen
BD Bernhard Debatin, Berlin
BES Bettina Schmitz, Würzburg
BG Bernward Gesang, Kusterdingen
BI Bernhard Irrgang, Dresden
BK Bernd Kleimann, Tübingen
BKO Boris Kositzke, Tübingen
BL Burkhard Liebsch, Bochum
BR Boris Rähme, Berlin
BS Berthold Suchan, Gießen
BZ Bernhard Zimmermann, Freiburg
CA Claudia Albert, Berlin
CH Cornelia Haas, Würzburg
CHA Christoph Asmuth, Berlin
CHR Christa Runtenberg, Münster
CI Christian Iber, Berlin
CJ Christoph Jäger, Leipzig
CK Christian Kanzian, Innsbruck
CL Cornelia Liesenfeld, Augsburg
CLK Clemens Kauffmann, Lappersdorf
CM Claudius Müller, Nehren
CO Clemens Ottmers, Tübingen
CP Cristina de la Puente, Stuttgart
CS Christian Schröer, Augsburg
CSE Clemens Sedmak, Innsbruck
CT Christian Tewes, Jena
CZ Christian Zeuch, Münster
DG Dorothea Günther, Würzburg
DGR Dorit Grugel, Münster
DH Detlef Horster, Hannover
DHB Daniela Hoff-Bergmann, Bremen
DIK Dietmar Köveker, Frankfurt a.M.
DK Dominic Kaegi, Luzern
DKÖ Dietmar Köhler, Witten
DL Dorothea Lüddeckens, Zürich
DP Dominik Perler, Berlin
DR Dane Ratliff, Würzburg und Austin/Texas
EE Eva Elm, Berlin
EJ Eva Jelden, Berlin
EF Elisabeth Fink, Berlin
EM Ekkehard Martens, Hamburg
ER Eberhard Rüddenklau, Staufenberg
EWG Eckard Wolz-Gottwald, Davensberg
EWL Elisabeth Weisser-Lohmann, Bochum
FBS Franz-Bernhard Stammkötter, Bochum
FG Frank Grunert, Basel
FPB Franz-Peter Burkard, Würzburg
FW Fabian Wittreck, Münster
GK Georg Kneer, Leipzig
GKB Gudrun Kühne-Bertram, Ochtrup
GL Georg Lohmann, Magdeburg
GM Georg Mildenberger, Tübingen
GME Günther Mensching, Hannover
GMO Georg Mohr, Bremen
GN Guido Naschert, Tübingen
GOS Gottfried Schwitzgebel, Mainz
GS Georg Scherer, Oberhausen
GSO Gianfranco Soldati, Tübingen
HB Harald Berger, Graz
HD Horst Dreier, Würzburg
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HS Herbert Schnädelbach, Berlin
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JH Jörg Hardy, Münster
JHI Jens Hinkmann, Bad Tölz
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JM Jörg F. Maas, Hannover
JOP Jeff Owen Prudhomme, Macon/Georgia
JP Jörg Pannier, Münster
JPB Jens Peter Brune
JQ Josef Quitterer, Innsbruck
JR Josef Rauscher, Mainz
JRO Johannes Rohbeck, Dresden
JS Joachim Söder, Bonn
JSC Jörg Schmidt, München
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KE Klaus Eck, Würzburg
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KHL Karl-Heinz Lembeck, Würzburg
KJG Klaus-Jürgen Grün, Frankfurt a.M.
KK Klaus Kahnert, Bochum
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KSH Klaus Sachs-Hombach, Magdeburg
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MBI Marcus Birke, Münster
MBO Marco Bonato, Tübingen
MD Max Deeg, Cardiff
MDB Matthias Bloch, Bochum
ME Michael Esfeld, Münster
MFM Martin F. Meyer, Koblenz/Landau
MK Matthias Kunz, München
MKL Martin Kleinsorge, Aachen
MKO Mathias Koßler, Mainz
ML Mark Lekarew, Berlin
MLE Michael Leibold, Würzburg
MM Matthias Maring, Karlsruhe
MN Marcel Niquet, Frankfurt a.M.
MQ Michael Quante, Köln
MR Mathias Richter, Berlin
MRM Marie-Luise Raters-Mohr, Potsdam
MS Manfred Stöckler, Bremen
MSI Mark Siebel, Hamburg
MSP Michael Spang, Ellwangen
MSU Martin Suhr, Hamburg
MW Markus Willaschek, Münster
MWÖ Matthias Wörther, München
NM Norbert Meuter, Berlin
OB Oliver Baum, Bochum
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PE Peter Eisenhardt, Frankfurt a.M.
PCL Peter Ch. Lang, Frankfurt a.M.
PK Peter Kunzmann, Jena
PN Peter Nitschke, Vechta
PP Peter Prechtl †
RD Ruth Dommaschk, Würzburg
RDÜ Renate Dürr, Karlsruhe
RE Rolf Elberfeld, Hildesheim
REW Ruth Ewertowski, Stuttgart
RH Reiner Hedrich, Gießen
RHI Reinhard Hiltscher, Stegaurach
RK Reinhard Kottmann, Münster
RL Rudolf Lüthe, Koblenz
RLA Rolf-Jürgen Lachmann, Berlin
RM Reinhard Mehring, Berlin
RP Roland Popp, Bremen
RS Regina Srowig, Würzburg
RTH Robert Theis, Strassen
RW Raymund Weyers, Köln
SD Steffen Dietzsch, Berlin
SIK Simone Koch, Bochum
SP Stephan Pohl, Dresden
SZ Snjezana Zoric, Würzburg
TB Thomas Bausch, Berlin
TBL Thomas Blume, Dresden
TF Thomas Friedrich, Mannheim
TG Thomas Grundmann, Köln
TH Thomas Hammer, Frankfurt a.M.
TK Thomas Kisser, München
TM Thomas Mormann, Unterhaching
TN Thomas Noetzel, Marburg
TP Tony Pacyna, Jena
TW Thomas Welt, Bochum
UB Ulrich Baltzer, München
UT Udo Tietz, Berlin
UM Ulrich Metschl, München/Leonberg
VG Volker Gerhardt, Berlin
VM Verena Mayer, München
VP Veit Pittioni, Innsbruck
VR Virginie Riant, Vechta
WAM Walter Mesch, Heidelberg
WB Wilhelm Baumgartner, Würzburg
WH Wolfram Hinzen, Bern
WJ Werner Jung, Duisburg
WK Wulf Kellerwessel, Aachen
WL Winfried Löffler, Innsbruck
WM Wolfgang Meckel, Butzbach
WN Wolfgang Neuser, Kaiserslautern
WP Wolfgang Pleger, Cochem/Dohr
WS Werner Schüßler, Trier
WST Wolfgang Struck, Erfurt
WSU Wolfgang Schulz, Tübingen
WvH Wolfram von Heynitz, Weiburg

Herausgegeben von Peter Prechtl (†) und Franz-Peter Burkard.

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