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Metzler Lexikon Philosophie: Philosophie, ionische

Sammelbezeichnung für diejenigen Vertreter der vorsokratischen antiken Philosophie, die im 7. und 6. Jh. in den griechischen Pflanzstädten der kleinasiatischen Westküste (Ionien) lebten und deren Werke uns nur noch fragmentarisch überliefert sind. Zu ihnen werden in erster Linie die Milesier Thales (ca. 624–547), Anaximander (ca. 610–550) und Anaximenes (ca. 575–525) gezählt. Schon nach antiker Tradition galten diese mit ihrer Grundfrage nach der Arche, dem einheitlichen Urprinzip bzw. Urstoff, aus dem die Vielfalt der sinnlich wahrnehmbaren Phänomene erklärend abgeleitet werden sollte, als die Begründer der Naturphilosophie. Während Thales und Anaximenes von einem materialem Urstoff ausgingen – jener vom Element Wasser, dieser von dem der Luft, aus der durch Verdichtung und Verdünnung alle anderen Elemente entstehen sollten –, nahm Anaximander ein unvergängliches Unbegrenztes (Apeiron), das mittels einer rational erfassbaren Gesetzmäßigkeit verfährt, als abstraktes Erklärungsprinzip an. Rückblickend gesehen besteht die wissenschaftliche Leistung der milesischen Naturphilosophen weniger in den inhaltlichen Antworten, die sie formulierten, als formal in ihren methodischen Einsichten (hier ist vor allem an die dem Thales zugeschriebene Entdeckung der Möglichkeit des theoretischen Satzes und des Beweises innerhalb seiner geometrischen Überlegungen zu denken, die das Vorbild für philosophisch-begründendes Denken lieferten) und in ihrem grundsätzlichen Ansatz: Im Gegensatz zu und in Abhebung von der ihnen vorausgehenden narrativen Welterklärung des Mythos ersetzten sie dessen Vielzahl von konkreten, individuellen und meist personifizierten Erklärungsgründen und -instanzen durch die Angabe eines abstrakten (oder zumindest abstrakteren) Prinzips (so wird z.B. – was schon Aristoteles bemerkt hat – im Falle Thales’ der personifizierte Meeresgott Okeanos der mythischen Kosmogonie durch den Urstoff Wasser ersetzt). Damit bilden sie nicht nur den Anfang der griechischen Philosophie, sondern zugleich den Beginn des spezifisch abendländischen Projekts wissenschaftlicher Rationalität. – Aufgrund ihrer geographischen Herkunft werden manchmal auch noch Xenophanes von Kolophon (ca. 570–475/70) und Heraklit von Ephesos (ca. 536–470) zur i. Ph. gerechnet, was in der Regel dazu führt, die naturwissenschaftlichen Teile ihrer Werke in den Vordergrund zu rücken: Dann sieht man in Xenophanes weniger den Kritiker des anthropomorphen Götterglaubens als vielmehr den Vertreter der Lehre des unveränderlichen göttlichen Einen, der damit zum Lehrer des Parmenides und zum Begründer der eleatischen Philosophie wird, und in Heraklit den Vertreter des Feuers als Urstoff im Sinne der Milesier.

JV

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WSU Wolfgang Schulz, Tübingen
WvH Wolfram von Heynitz, Weiburg

Herausgegeben von Peter Prechtl (†) und Franz-Peter Burkard.

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