Direkt zum Inhalt

Metzler Lexikon Philosophie: Sprachphilosophie, analytische

in einer allgemeinen Charakterisierung lässt sich die a. S. als eine methologisch bestimmte Form des Philosophierens beschreiben (Hoche), deren Gegenstand die Sprache bzw. die Verwendungsweise sprachlicher Ausdrücke ist. Ihr liegt die Annahme zugrunde, dass die Sprache uns die Welt erschließt und in der Sprache unser Verhältnis zur Welt zum Ausdruck kommt. Analyse und Kritik dieses Weltverhältnisses haben daher von der Sprache auszugehen: »Alle Philosophie ist ˲Sprachkritik˱« (Wittgenstein: Tract. 4.0031). Von einer Philosophie der Sprache unterscheidet sich die a. S. dadurch, dass ihre Sprachuntersuchungen immer zugleich (nicht-sprachliche) Sachuntersuchungen einschließen, so dass die Analysen in allen philosophischen Disziplinen oder Sachgebieten Anwendung finden können. Diese Beziehung zwischen Sprachanalyse und Sachklärung drückt Wittgenstein in zwei Thesen aus: (1) Der Zweck der Philosophie ist die logische Klärung der Gedanken – insofern ist Philosophie als Tätigkeit der Kritik und nicht als Lehre zu begreifen (Tract. 4.112). (2) Der Gedanke ist der sinnvolle Satz (Tract. 4). Die Analyse der Sprache ist zugleich Analyse des Denkens und unserer Vorstellungen über die Welt. Daraus resultiert der programmatische Anspruch, sich erst über die Analyse der Sprache zu versichern, dass wir nicht aufgrund eines falschen Gebrauchs der Sprache zu philosophischen Scheinproblemen gelangen. In der Untersuchung der Verwendung sprachlicher Zeichen geht es der a.S. um die Klärung der Frage, was es heißt, dass ein Ausdruck Bedeutung hat und sich auf Gegenstände bezieht. Nicht die Gegenstände in der Welt, sondern die Aussagen über Gegenstände werden zum Thema der Analyse (Dieser methodische Schritt zur Analyse der Ausagen wird als »semantic ascent« bezeichnet).

Das thematische Spektrum der a. S. kann nur in allgemeinen Zügen durch Benennung der grundlegenden Positionen und der systematischen Fragestellungen skizziert werden. Zwei unterschiedliche Strömungen lassen sich innerhalb der a. S. ausmachen: Von Frege, Russell, Wittgenstein (Tractatus) und Carnap ausgehend, unternimmt sie eine logische Analyse der Wissenschaftssprache und der philosophischen Sprache (Philosophie der idealen Sprache). Im Unterschied dazu setzt sich die von Wittgenstein (Philosophische Untersuchungen) und Moore geprägte Ordinary-Language-Philosophy (Philosophie der normalen Sprache) zum Ziel, durch die Analyse des umgangssprachlichen Gebrauchs der Ausdrücke die philosophischen Begriffe und Probleme einer Klärung zuzuführen. Das Interesse des als »conceptual analysis« bezeichneten Analyseverfahrens richtet sich vor allen Dingen auf eine Klärung der Begriffe der kognitiven Organisation unserer Welt bzw. der mentalen Sprache, der politischen und der ethischen Begriffe (Metaethik). – Die semantische Analyse der Sprache konzentriert ihre Überlegungen zum einen auf die Art unserer sprachlichen Bezugnahme auf Gegenstände und zum anderen auf die Frage, wie sich die Bedeutung eines zusammengesetzten Ausdrucks aus der Bedeutung der Teilausdrücke ergibt. Daraus resultieren die unterschiedlichen Themenbereiche der a. S.: Im Vordergrund steht zunächst die Frage, was Gegenstandsbezug heißt und mit welchen Sprachmitteln er vollzogen wird. Eine erste Antwort darauf heißt: Durch den Subjektausdruck gibt der Sprecher den Gegenstand an, über den er eine Aussage machen will, und durch den Prädikatausdruck, was er über den Gegenstand aussagen will. Diese noch unspezifische Aussage wird in Detailproblemen konkretisiert: Zur eindeutigen Identifizierung eines einzelnen Gegenstandes bedarf es geeigneter sprachlicher Ausdrücke: der singulären Termini. Die Identifikation ist Voraussetzung dafür, dass eine Aussage über einen Gegenstand gemacht werden kann. In dem Umstand, dass das Bezugnehmen (Referieren) einerseits noch keine Aussage enthält und das Prädizieren andererseits als Aussage über einen Gegenstand einen eindeutigen Bezug voraussetzt, zeigt sich, dass Referieren und Prädizieren aufeinander verwiesen sind. Deshalb ist davon auszugehen, dass der Satz die kleinste sprachliche Einheit darstellt, der Bedeutung zukommen kann. Mit den Ausführungen über die Zuordnung von singulären Termen zu ihren Referenzgegenständen (d.i. den Individuen eines Individuenbereichs) sind Fragen der extensionalen und intensionalen Bedeutungsbestimmung (Intension/Extension) und des Stellenwerts von Eigennamen bzw. Kennzeichnungen verbunden. Die Kennzeichnungsund Merkmalstheorie der Referenz von G. Frege und B. Russell machen die Referenz eines Ausdrucks von seiner Bedeutung, d.h. von der Angabe von Bezeichnungsmerkmalen abhängig. Erweiterte Fassungen dieser Kennzeichnungstheorie finden sich zum einen in der Position der Bündeltheorie der Referenz (J. R. Searle), in der die Bedeutung referierender Ausdrücke durch ein Bündel von Merkmalen bestimmt ist, von denen für die Festlegung der Referenz nicht alle gleichzeitig zutreffen müssen, zum andern in der Auffassung der mit der Prädikation einhergehenden raumzeitlichen Lokalisierung des Referenzobjekts (P. F. Strawson, E. Tugendhat). Der pragmatischen Semantiktheorie zufolge ergibt sich die Bedeutung eines sprachlichen Zeichens aus dem Wesen seines Gebrauchs. Die Sprechakttheorie bindet die Bedeutung einer Aussage bzw. Proposition an den spezifischen Status der Äußerungsform (z.B. Behauptung, Frage, Befehl, Wunsch) zurück, der in der illokutionären Rolle angezeigt ist (Austin, Searle). Ein weiterer zentraler Problemkreis resultiert aus dem Erfordernis, eine Bedeutungstheorie für die natürlichen Sprachen zu bilden. Freges diesbezügliche Behauptung, dass die Bedeutung eines Satzes durch seine Wahrheitsbedingungen festgelegt ist, ist so zu verstehen, dass eine Person die Bedeutung eines Satzes dann versteht, wenn sie die Bedingungen kennt, unter denen der Satz wahr sein würde. Der Auffassung, es würde für eine Bedeutungstheorie genügen, die Wahrheitsbedingungen eines Satzes angeben zu können (Davidson), wird von anderer Seite entgegengehalten, dass eine solche Theorie auch erklären müsste, über welche praktischen Fertigkeiten ein Sprachbenutzer verfügt, von dem man sagen kann, dass er die Wahrheitsbedingungen eines Satzes kenne (Dummett; Wahrheit). Freges Behauptung von der Bedeutung des Satzes wird noch in einer anderen Hinsicht kontrovers diskutiert. Seiner Auffassung, dass nur das im Aussagesatz Ausgesagte (d.i. die Proposition) nach wahr oder falsch bestimmt werden kann, liegt die Vorstellung zugrunde, dass Propositionen klar voneinander unterscheidbare und identifizierbare Entitäten darstellen. Mit seinem Zweifel an dieser Annahme eröffnet Quine einen weiteren Diskussionsstrang der a.n S.

Literatur:

  • G. Evans: The Varieties of Reference. Oxford 1982
  • H.-U. Hoche: Einführung in das sprachanalytische Philosophieren. Darmstadt 1990
  • W. Kellerwessel: Referenztheorien in der analytischen Philosophie. Stuttgart-Bad Cannstatt 1995
  • F. v. Kutschera: Sprachphilosophie. München 21975
  • P. Prechtl: Sprachphilosophie. Stuttgart/Weimar 1998
  • E. Runggaldier: Zeichen und Bezeichnetes. Sprachphilosophische Untersuchungen zum Problem der Referenz. Berlin 1985
  • Ders.: Analytische Sprachphilosophie. Stuttgart/Berlin/Köln 1990
  • E. Tugendhat: Vorlesungen zur Einführung in die sprachanalytische Philosophie. Frankfurt 1976
  • U. Wolf (Hg.): Eigennamen. Frankfurt 1985.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

  • Die Autoren
AA Andreas Arndt, Berlin
AB Andreas Bartels, Paderborn
AC Andreas Cremonini, Basel
AD Andreas Disselnkötter, Dortmund
AE Achim Engstler, Münster
AG Alexander Grau, Berlin
AK André Kieserling, Bielefeld
AM Arne Malmsheimer, Bochum
AN Armin Nassehi, München
AR Alexander Riebel, Würzburg
ARE Anne Reichold, Kaiserslautern
AS Annette Sell, Bochum
AT Axel Tschentscher, Würzburg
ATA Angela T. Augustin †
AW Astrid Wagner, Berlin
BA Bernd Amos, Erlangen
BBR Birger Brinkmeier, Münster
BCP Bernadette Collenberg-Plotnikov, Hagen
BD Bernhard Debatin, Berlin
BES Bettina Schmitz, Würzburg
BG Bernward Gesang, Kusterdingen
BI Bernhard Irrgang, Dresden
BK Bernd Kleimann, Tübingen
BKO Boris Kositzke, Tübingen
BL Burkhard Liebsch, Bochum
BR Boris Rähme, Berlin
BS Berthold Suchan, Gießen
BZ Bernhard Zimmermann, Freiburg
CA Claudia Albert, Berlin
CH Cornelia Haas, Würzburg
CHA Christoph Asmuth, Berlin
CHR Christa Runtenberg, Münster
CI Christian Iber, Berlin
CJ Christoph Jäger, Leipzig
CK Christian Kanzian, Innsbruck
CL Cornelia Liesenfeld, Augsburg
CLK Clemens Kauffmann, Lappersdorf
CM Claudius Müller, Nehren
CO Clemens Ottmers, Tübingen
CP Cristina de la Puente, Stuttgart
CS Christian Schröer, Augsburg
CSE Clemens Sedmak, Innsbruck
CT Christian Tewes, Jena
CZ Christian Zeuch, Münster
DG Dorothea Günther, Würzburg
DGR Dorit Grugel, Münster
DH Detlef Horster, Hannover
DHB Daniela Hoff-Bergmann, Bremen
DIK Dietmar Köveker, Frankfurt a.M.
DK Dominic Kaegi, Luzern
DKÖ Dietmar Köhler, Witten
DL Dorothea Lüddeckens, Zürich
DP Dominik Perler, Berlin
DR Dane Ratliff, Würzburg und Austin/Texas
EE Eva Elm, Berlin
EJ Eva Jelden, Berlin
EF Elisabeth Fink, Berlin
EM Ekkehard Martens, Hamburg
ER Eberhard Rüddenklau, Staufenberg
EWG Eckard Wolz-Gottwald, Davensberg
EWL Elisabeth Weisser-Lohmann, Bochum
FBS Franz-Bernhard Stammkötter, Bochum
FG Frank Grunert, Basel
FPB Franz-Peter Burkard, Würzburg
FW Fabian Wittreck, Münster
GK Georg Kneer, Leipzig
GKB Gudrun Kühne-Bertram, Ochtrup
GL Georg Lohmann, Magdeburg
GM Georg Mildenberger, Tübingen
GME Günther Mensching, Hannover
GMO Georg Mohr, Bremen
GN Guido Naschert, Tübingen
GOS Gottfried Schwitzgebel, Mainz
GS Georg Scherer, Oberhausen
GSO Gianfranco Soldati, Tübingen
HB Harald Berger, Graz
HD Horst Dreier, Würzburg
HDH Han-Ding Hong, Düsseldorf
HG Helmut Glück, Bamberg
HGR Horst Gronke, Berlin
HL Hilge Landweer, Berlin
HND Herta Nagl-Docekal, Wien
HPS Helke Pankin-Schappert, Mainz
HS Herbert Schnädelbach, Berlin
IR Ines Riemer, Hamburg
JA Johann S. Ach, Münster
JC Jürgen Court, Köln
JH Jörg Hardy, Münster
JHI Jens Hinkmann, Bad Tölz
JK Jörg Klawitter, Würzburg
JM Jörg F. Maas, Hannover
JOP Jeff Owen Prudhomme, Macon/Georgia
JP Jörg Pannier, Münster
JPB Jens Peter Brune
JQ Josef Quitterer, Innsbruck
JR Josef Rauscher, Mainz
JRO Johannes Rohbeck, Dresden
JS Joachim Söder, Bonn
JSC Jörg Schmidt, München
JV Jürgen Villers, Aachen
KDZ Klaus-Dieter Zacher, Berlin
KE Klaus Eck, Würzburg
KG Kerstin Gevatter, Bochum
KH Kai-Uwe Hellmann, Berlin
KHG Karl-Heinz Gerschmann, Münster
KHL Karl-Heinz Lembeck, Würzburg
KJG Klaus-Jürgen Grün, Frankfurt a.M.
KK Klaus Kahnert, Bochum
KRL Karl-Reinhard Lohmann, Witten
KS Kathrin Schulz, Würzburg
KSH Klaus Sachs-Hombach, Magdeburg
LG Lutz Geldsetzer, Düsseldorf
LR Leonhard Richter, Würzburg
MA Mauro Antonelli, Graz
MB Martin Beisler, Gerbrunn
MBI Marcus Birke, Münster
MBO Marco Bonato, Tübingen
MD Max Deeg, Cardiff
MDB Matthias Bloch, Bochum
ME Michael Esfeld, Münster
MFM Martin F. Meyer, Koblenz/Landau
MK Matthias Kunz, München
MKL Martin Kleinsorge, Aachen
MKO Mathias Koßler, Mainz
ML Mark Lekarew, Berlin
MLE Michael Leibold, Würzburg
MM Matthias Maring, Karlsruhe
MN Marcel Niquet, Frankfurt a.M.
MQ Michael Quante, Köln
MR Mathias Richter, Berlin
MRM Marie-Luise Raters-Mohr, Potsdam
MS Manfred Stöckler, Bremen
MSI Mark Siebel, Hamburg
MSP Michael Spang, Ellwangen
MSU Martin Suhr, Hamburg
MW Markus Willaschek, Münster
MWÖ Matthias Wörther, München
NM Norbert Meuter, Berlin
OB Oliver Baum, Bochum
OFS Orrin F. Summerell, Bochum
PE Peter Eisenhardt, Frankfurt a.M.
PCL Peter Ch. Lang, Frankfurt a.M.
PK Peter Kunzmann, Jena
PN Peter Nitschke, Vechta
PP Peter Prechtl †
RD Ruth Dommaschk, Würzburg
RDÜ Renate Dürr, Karlsruhe
RE Rolf Elberfeld, Hildesheim
REW Ruth Ewertowski, Stuttgart
RH Reiner Hedrich, Gießen
RHI Reinhard Hiltscher, Stegaurach
RK Reinhard Kottmann, Münster
RL Rudolf Lüthe, Koblenz
RLA Rolf-Jürgen Lachmann, Berlin
RM Reinhard Mehring, Berlin
RP Roland Popp, Bremen
RS Regina Srowig, Würzburg
RTH Robert Theis, Strassen
RW Raymund Weyers, Köln
SD Steffen Dietzsch, Berlin
SIK Simone Koch, Bochum
SP Stephan Pohl, Dresden
SZ Snjezana Zoric, Würzburg
TB Thomas Bausch, Berlin
TBL Thomas Blume, Dresden
TF Thomas Friedrich, Mannheim
TG Thomas Grundmann, Köln
TH Thomas Hammer, Frankfurt a.M.
TK Thomas Kisser, München
TM Thomas Mormann, Unterhaching
TN Thomas Noetzel, Marburg
TP Tony Pacyna, Jena
TW Thomas Welt, Bochum
UB Ulrich Baltzer, München
UT Udo Tietz, Berlin
UM Ulrich Metschl, München/Leonberg
VG Volker Gerhardt, Berlin
VM Verena Mayer, München
VP Veit Pittioni, Innsbruck
VR Virginie Riant, Vechta
WAM Walter Mesch, Heidelberg
WB Wilhelm Baumgartner, Würzburg
WH Wolfram Hinzen, Bern
WJ Werner Jung, Duisburg
WK Wulf Kellerwessel, Aachen
WL Winfried Löffler, Innsbruck
WM Wolfgang Meckel, Butzbach
WN Wolfgang Neuser, Kaiserslautern
WP Wolfgang Pleger, Cochem/Dohr
WS Werner Schüßler, Trier
WST Wolfgang Struck, Erfurt
WSU Wolfgang Schulz, Tübingen
WvH Wolfram von Heynitz, Weiburg

Herausgegeben von Peter Prechtl (†) und Franz-Peter Burkard.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.