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Metzler Lexikon Philosophie: Zahl

funktionale Einheit in der Mathematik. Im Mittelpunkt der philosophischen Diskussion des Z.-Begriffs steht die Frage nach dem ontologischen und epistemischen Status mathematischer Entitäten wie Z. oder Mengen. Die Frage: »Was sind Zahlen?« wird, zumal in gegenwärtigen Debatten, in der Philosophie der Mathematik unterschiedlich beantwortet. Grundsätzlich lassen sich drei »klassische« Sichtweisen unterscheiden, die sich grob als Nominalismus (resp. Formalismus), Konzeptualismus und Platonismus charakterisieren lassen. In neueren Theorien der Mathematik dominieren hingegen modalistische, konstruktivistische und strukturalistische Positionen (vgl. P. Benacerraf/H. Putnam). Betrachtet man die Geschichte der philosophischen Reflexion des Z.-Begriffs, so gelten mathematische ebenso wie geometrische Sätze stets als Inbegriff sicherer, eindeutiger und klarer deduktiver Erkenntnisse. Strittig ist indessen die Frage, in welcher Weise Z.en »existieren«.

Nach nominalistischer Ansicht sind Z.en keine abstrakten Entitäten, sondern lediglich formale Zeichen, die in der Sprache der Mathematik verwendet werden. Eine psychologistische Variante dieser Sichtweise, die besonders im Ausgang des 19. Jh. heftig diskutiert wurde, betrachtet Z.en primär als psychische Konstrukte, die wir beim Zählen jeweils bilden. Als Konzeptualismus wird zumeist die Ansicht gekennzeichnet, derzufolge Z.en zwar als abstrakte Entitäten existieren, aber nur insoweit, als sie Produkte des menschlichen Denkens sind. Z.en werden danach als a priorische Formen betrachtet. Bei Kant, der als klassischer Vertreter einer konzeptualistischen Ansicht gilt, gehört die Z. zwar »an sich … zu den Verstandesbegriffen, … dessen Verwirklichung [erfordert] jedoch die Hilfsbegriffe der Zeit und des Raumes« (De Mundi sensibilis § 12). Die Z. ist, nach der Kritik der reinen Vernunft, als »Einheit der Synthesis des Mannigfaltigen einer gleichartigen Anschauung überhaupt« an die Anschauungsform der Zeit gebunden. Als platonistische (resp. realistische) Theorie der Z. kann eine Betrachtungsweise verstanden werden, derzufolge mathematische Entitäten selbständige, d.h. unabhängig vom individuellen Denken existierende »Wesenheiten« sind. In einer Theorie der Z.en geht es demnach um die Beschreibung nicht-empirischer »idealer« Objekte, die weder als raum-zeitlich situierbare, noch als allein »intramentale« Objekte aufgefasst werden können. Als Hauptrepräsentant dieser Position gilt Frege. Nach Frege ist »jede einzelne Zahl … ein selbständiger Gegenstand« (Frege, 1986, S. 66f).

Literatur:

  • P. Benacerraf/H. Putnam (Hg.): Philosophy of Mathematics – Selected readings. Englewood Cliffs 21983
  • G. Frege: Die Grundlagen der Arithmetik. Hamburg 1986
  • Ch. Parsons: Mathematics in Philosophy – Selected essays. Ithaca 1983
  • R. Rheinwald: Der Formalismus und seine Grenzen. Königstein 1984.

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Herausgegeben von Peter Prechtl (†) und Franz-Peter Burkard.

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