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Kasten: Alternativen zur chemischen Unkrautbekämpfung


Mechanische Methoden zur Unkrautbekämpfung sind seit langem bekannt und werden auch heute noch oder wieder vor allem auf kleinen Flächen praktiziert. Dazu gehören das Hacken, Eggen und Jäten. Durch die Bearbeitung wird auch der Boden gepflegt. Der Unkrautbewuchs kann mit der Hacke fast gänzlich, mit Egge, Striegel oder Bürste etwa zur Hälfte vernichtet werden; der Wirkungsgrad hängt aber von vielen Bedingungen ab, so von Bodenart, Witterung, Unkrautart und ihrem Entwicklungsstadium sowie vom Gerätetyp.

Die Arbeitsgeschwindigkeit ist bei einigen mechanischen Verfahren gering, und die Gerätekosten sind teilweise hoch. Überdies kann nur Getreide flächig bearbeitet werden; beim Hacken in Reihenkulturen wie Rüben, Mais oder Kartoffeln empfiehlt sich eine zusätzliche chemische Behandlung der Reihe – dieses Bandspritzverfahren erfordert jedoch zusätzlichen Aufwand und ist deswegen nicht generell üblich.

Die wirtschaftliche Überlegenheit der Agrochemikalien und verschiedene objektive Gegebenheiten begrenzen den Einsatz mechanischer Verfahren:

– Auf verschiedenen unkrautwüchsigen Standorten, beispielsweise in Marschen und Niedermooren, aber auch nach dem Grünlandumbruch sowie auf schweren, nassen und steinigen Böden ist eine mechanische Unkrautbekämpfung kaum möglich.

– Ausdauernde Unkräuter können durch mechanische Verfahren sogar gefördert werden, weil sie wie beispielsweise die Acker-Kratzdistel nach dem Abschneiden verstärkt wieder austreiben.

– Durch die Bodenlockerung werden manche ruhenden Unkrautsamen erst zum Keimen angeregt; sie fördert zudem den Humusabbau, die Stickstoff-Mineralisation und in Hanglagen die Erosion, und sie beeinträchtigt die Fauna.

– Kulturpflanzen werden verschüttet oder beschädigt, und durch Verletzungen können sich Krankheiten (zzum Beispiel bestimmte Kartoffelvirosen) leichter ausbreiten.

Neue wirksamere Geräte und weitere administrative Vorgaben zum Grundwasserschutz können dazu beitragen, daß mechanische Verfahren wieder verstärkt angewendet werden. Vorerst dürften sie sich im Verbund mit unterdosiertem Einsatz von Herbiziden, in Wasserschutzgebieten und gegen herbizidresistente Unkräuter in Maiskulturen bewähren.

Bei der biologischen Bekämpfung von Unkräutern sucht man gezielt natürliche Feinde der jeweiligen Art – Krankheitskeime oder sie schädigende Insekten – zu verbreiten und zu fördern. Diese Methoden setzen allerdings sorgfältige ökologische Analysen voraus, die sowohl die zu bekämpfende Unkrautart und den Feindorganismus als auch die Kulturpflanzen und andere Komponenten des jeweiligen Biotops einbeziehen.

Bei den eingewanderten oder eingeschleppten Unkräutern ist denkbar, daß natürliche Feinde in ihrem Ursprungsgebiet zu finden sind, die nach entsprechender Prüfung angesiedelt werden können. Wir untersuchen diese Möglichkeit zusammen mit amerikanischen Kollegen für den Blut-Weiderich (Lythrum salicaria). Ein Beispiel eines einheimischen Unkraut-Schadinsekts ist der Blattkäfer Gastrophysa viridula, der gegen den Stumpfblättrigen Ampfer (Rumex obtusifolius) eingesetzt werden könnte – allerdings nur begrenzt entlang Verkehrswegen und in anderen naturnahen Biotopen; doch ist die Abklärung der ökologischen Zusammenhänge schwierig und die Rentabilität fraglich.

Für Mitteleuropa mit überwiegend einjährigen Kulturpflanzenbeständen und entsprechend einjährigen Unkräutern scheint eigentlich nur die sogenannte Bioherbizid-Methode interessant zu sein: das periodische Ausbringen spezifisch schädlicher Mikroorganismen. Auch diese müssen virulent genug sein und sich von selbst gut weiterverbreiten; altersbedingte Toleranzunterschiede der Wirtspflanzen und ungünstige Witterung können die Wirkung erheblich einschränken, wie wir in einem Experiment feststellten – die prinzipiell günstige Bekämpfung des Weißen Gänsefußes (Chenopodium album) mit dem Pilz Ascochyta caulina schlug in der Praxis leider fehl.

Weitere Versuche nach diesem Prinzip setzt gegenwärtig das Zentrum für Agrobiologische Forschungen in Wageningen (Niederlande) fort, so mit dem Blattfleckenerreger Curvularia lunata gegen die Hühnerhirse (Echinochloa crus-galli) und dem parasitischen Rostpilz Puccinia striiformis gegen die Acker-Kratzdistel (Cirsium arvense). Insgesamt bedürfte dieses Gebiet stärkerer wissenschaftlicher Aufmerksamkeit; es fehlt an Stellen und hinreichenden Arbeitsmöglichkeiten.


Aus: Spektrum der Wissenschaft 7 / 1993, Seite 102
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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