Direkt zum Inhalt
Login erforderlich
Dieser Artikel ist Abonnenten mit Zugriffsrechten für diese Ausgabe frei zugänglich.

Medizin: Alzheimerforschung in der Petrischale

Erstmals haben Forscher an Hirnzellen ein Modell zur Entstehung der Alzheimererkrankung nachverfolgt.
Tau-Moleküle

Um Medikamente gegen die Alzheimerdemenz zu entwickeln, fahnden Wissenschaftler seit Jahrzehnten nach den molekularen Auslösern für die Degeneration von Hirnzellen. Zwei Proteine fielen ihnen besonders auf: Beta-Amyloid und Tau. Beide Moleküle entdeckten sie in Form von Ablagerungen in den Gehirnen Betroffener. Inwiefern diese aber tatsächlich für das Absterben der Neurone verantwortlich sind, ist nicht geklärt. Klumpen aus Beta-Amyloid-Molekülen (so genannte amyloide Plaques) stören die Kommunikation zwischen Neuronen und könnten schließlich für deren Absterben sorgen. Die Bildung von amyloiden Plaques korreliert jedoch nicht immer mit dem Verlust von Gehirnzellen. Deshalb werden auch neurofibrilläre Faserbündel (Tangles) aus Tau-Proteinen verdächtigt, für die fatalen Abläufe verantwortlich zu sein. Heutzutage vermuten viele Wissenschaftler, dass die beiden Moleküle erst im Zusammenspiel ihre tödliche Wirkung entfalten: Amyloide Plaques könnten die Anlagerung von Bündeln aus Tau-Proteinen ermöglichen und dadurch Neurone schädigen. Wissenschaftler um den Neurologen Rudolph Tanzi vom General Hospital in Charlestown (Massachusetts) haben nun ein Labormodell entwickelt, in dem sie diese Abfolge tatsächlich nachweisen konnten.

Bis dato sind alle Versuche gescheitert, die beiden pathologischen Ereignisse miteinander zu verknüpfen: Mäuse mit bestimmten Genvarianten, die beim Menschen die erbliche Form der Alzheimerkrankheit verursachen, entwickelten amyloide Plaques und zeigten Gedächtnisstörungen. Tangles aus Tau-Proteinen konnten Forscher bei ihnen allerdings nicht finden. In anderen Tiermodellen wiederum entdeckten sie zwar Tau-Faserbündel, aber keine amyloiden Plaques. Studien an menschlichen Zellkulturen waren nicht aufschlussreicher: Kultivierte Nervenzellen von Alzheimerpatienten bildeten zwar sowohl toxisches Beta-Amyloid als auch stark phosphorylierte Tau-Proteine. Beides sind Vorstufen von amyloiden Plaques beziehungsweise von Tau-Bündeln. Doch diese selbst ließen sich in den Zellkulturen nicht nachweisen.

Mit Hilfe eines Virus schleuste das Team von Tanzi mutierte Versionen der beiden Gene, die für die erbliche Form der Alzheimerkrankheit verantwortlich sind, in menschliche neuronale Stammzellen ein. Bei dem einen Gen handelte es sich um den Bauplan für das Amyloid-Vorläuferprotein, aus dem das Amyloid-Molekül durch Spaltung entsteht. Das andere kodiert für das Molekül Präsenilin, das wiederum an der Synthese des Vorläuferproteins beteiligt ist. ...

Kennen Sie schon …

Spektrum Gesundheit – Gehirn im Wandel – Was passiert in den Wechseljahren?

In dieser Ausgabe erfahren Sie, wie stark das Gehirn auf hormonelle Veränderungen reagiert – und was es bedeutet, wenn die Menopause viel zu früh beginnt. Außerdem: Zuckerersatz, Herpesviren bei Alzheimer und Datenschutz bei der elektronischen Patientenakte.

Spektrum - Die Woche – Entstehen Alzheimer & Co durch Herpesviren?

Neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer entwickeln sich oft schleichend. Neue Studien deuten darauf hin, dass Herpesviren eine Rolle spielen könnten. Erfahren Sie mehr in »Spektrum - Die Woche«. Außerdem: Künstliche Intelligenz in der medizinischen Diagnostik.

Gehirn&Geist – Geistig fit - Wie wir Erkrankungen des Gehirns vorbeugen können

Warum erkranken manche Personen an einer Depression, Angststörung, Parkinson, multipler Sklerose oder Demenz und warum bleiben andere gesund, sogar, wenn sie familiär vorbelastet erscheinen? Mit diesem Themenkomplex beschäftigen sich immer mehr Forschungsteams. Eine wichtige Erkenntnis lautet: Die Gesundheit des Gehirns hängt eng mit der Gesundheit des restlichen Körpers zusammen. Ernährung, Bewegung, guter Schlaf und ein gesunder Lebensstil haben Einfluss auf die geistige Leistungsfähigkeit und die Gesundheit des Gehirns.

  • Quelle

Choi, S. H. et al.:A Three-Dimensional Human Neural Cell Culture Model of Alzheimer's Disease. In: Nature 515, S. 274 - 278, 2014

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.