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Naturgesetze: Am Ende der Natürlichkeit

Im Herzen des Mikrokosmos sind Physiker auf etwas gestoßen, was wie ein extremer Zufall aussieht. Ist das die lang ersehnte Fährte zur Weltformel? Oder nur der Punkt, an dem die bisherigen mathematischen Werkzeuge ihre Wirksamkeit verlieren?
Völlig natürlich?

Der grüne Laserpointer kreist wie wild über dem griechischen Buchstaben. Immer wieder kehrt er zu dem Symbol zurück, das Außenstehende leicht für ein Tipi halten könnten, an dessen Spitze jemand eine kleine Zwei gemalt hat: 2. Kann sich hinter einem so harmlosen Zeichen Unheil verbergen? »Ich habe solche philosophischen Fragen lange für eher unwissenschaftlich gehalten«, sagt Holger Gies. Aber nun steht der groß gewachsene Theoretiker doch in einem Seminarraum der RWTH ­Aachen und spricht vor Physikern und Philosophen genau darüber: ob »Lambda« die Teilchenphysik in die Krise geführt hat.

Der griechische Buchstabe war lange Zeit ein Hoffnungsträger bei der Suche nach einer neuen Theorie für den Mikrokosmos. taucht im bisherigen Regelwerk, dem Standardmodell der Teilchenphysik, an einer Schlüssel­stelle auf. Das Symbol fällt dort jedoch dermaßen aus dem Rahmen, ist dermaßen »unnatürlich«, dass Wissenschaftler es jahrzehntelang für einen Hinweis auf bisher unentdeckte Naturgesetze hielten. Für eine kosmische Fügung, die viel zu unwahrscheinlich ist, um ein Zufall zu sein. Die geradezu nach einer Erklärung schreit – und die idealerweise den Weg in Richtung Weltformel weist.

Aber in den vergangenen Jahren hat sich die Lage geändert. Der Large Hadron Collider (LHC) bei Genf hat bisher wider Erwarten keine Hinweise auf ein neues Weltmodell geliefert. Nun ragt Lambda grotesker aus der Teilchenwelt hervor als jemals zuvor. »Es ist merkwürdig, dass ausgerechnet das Standardmodell unnatürlich sein soll«, sagt Holger Gies.

Daher hat der Physiker von der Universität Jena Anfang 2018 seinen Koffer gepackt und ist nach Aachen gefahren, zu einer Konferenz, auf der sich 40 Experten aus aller Welt über das »Natürlichkeitsproblem« ausgetauscht haben. Im Generali-Saal der Universität, hoch über dem Februardunst der Altstadt, hat Gies seine Sicht der Dinge vorgetragen, hat abends beim Bier mit Kollegen zusammengesessen und immer wieder dieselbe Frage diskutiert: Wie kommen wir weiter bei der Entschlüsselung des Mikrokosmos? ...

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  • Quellen

Giudice, G. F.: The Dawn of the Post-Naturalness Era. In: Forte, S. et al. (Hg.): From My Vast Repertoire … Guido Altarelli’s Legacy. World Scientific 2018

Graham, P. W. et al.: Cosmological Relaxation of the Electroweak Scale. In: Physical Review Letters 115, 221801, 2015

Williams, P.: Naturalness, The Autonomy of Scales, and the 125 GeV Higgs. In: Studies in History and Philosophy of Modern Physics 51, S. 82–96, 2015

Wilson, K. G.: Renormalization Group – Critical Phenomena and Kondo Problem. In: Review of Modern Physics 47, S. 773–840, 1975

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