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Am Rande: Sind wir uns grün?

Was uns der fluoreszierende Rhesusaffe bringt


Schritt für Schritt rückt die Gentechnik dem Menschen auf den Leib. Solange die Forscher nur die Gene von Fliegen so manipulieren, dass ihnen statt Fühlern am Kopf Fliegenbeine wachsen, empfinden wir die kleinen künstlichen Monster nicht als Bedrohung – obwohl das Erbgut der Fliege mit unserem mehr gemein hat, als unserem Gattungsstolz lieb sein kann.

Auch Labormäuse mit gentechnisch verändertem Erbgut gehören unterdessen zum Forschungsalltag. Doch erst wenn ein großes Säugetier wie das – nicht genmanipulierte – Klonschaf Dolly als künstliche Kopie im Stall steht, merkt die Öffentlichkeit erschrocken auf und fragt sich, wann jemand daran gehen wird, Menschen zu klonen.

Kürzlich taten die Gentechniker einen weiteren kleinen Schritt auf den Menschen zu. An der Universität von Oregon brachte das Team um Gerald Schatten erstmals ein Rhesusäffchen mit künstlich verändertem Erbgut zur Welt. Es enthält ein ursprünglich aus einer Leuchtqualle stammendes Gen, das zuvor schon erfolgreich in das Genom von Pflanzen, Fröschen und Mäusen eingesetzt worden war. Zwar leuchtet das Äffchen ANDi (ein Anagramm aus "inserted DNA") zum Leidwesen seiner Schöpfer noch nicht im Dunkeln, aber immerhin fluoreszierten die Zehennägel und Haarwurzeln zweier tot geborener Schicksalsgenossen unter der UV-Lampe.

Natürlich behaupten die Forscher nicht, es sei wünschenswert, Primaten zu kreieren, die wie Tiefseewesen leuchten. Ihnen geht es um den Nachweis, dass man künftig für die medizinische Forschung nicht nur auf transgene Mäuse angewiesen sein wird, sondern auch auf Laboraffen als dem Menschen nahe artverwandte Versuchstiere zugreifen kann, um an ihnen die Gentherapie von Krankheiten wie Parkinson, Alzheimer oder Diabetes zu erproben.

Dennoch reizt das gespenstische Kunststück mit dem leuchtenden Affen die Fantasie zu allerlei Spekulationen: Wird es eines Tages gentechnisch möglich – und genethisch erlaubt – sein, auf elterlichen Wunsch ein Kind mit der Gabe der Fluoreszenz auszustatten, damit es nicht nur in der Disco Aufsehen erregt, sondern auch im nächtlichen Straßenverkehr besser auffällt?

Als Fernziel bietet sich sogar auf diesem Wege die endgültige Lösung des Welternährungsproblems an: Statt einem Affen das Fluoreszenz-Gen einer Qualle einzupflanzen, könnte man doch ebenso gut die Menschen durch Einsetzen von Pflanzengenen dazu bringen, im Körper Chlorophyll zu produzieren und als grüne Schicht unter der Haut dem Sonnenlicht zu präsentieren. Dann kämen sie in südlichen Gefilden mit ein paar Litern Wasser und einer Prise Spezialdünger über den Tag. In unseren Breiten hätten die Sonnenstudios Hochkonjunktur als menschliche Bioenergie-Tankstellen, während für Restaurants und Supermärkte schwere Zeiten anbrächen. Essen und Ernährung würden genauso entkoppelt wie derzeit schon Sex und Fortpflanzung.

Aus: Spektrum der Wissenschaft 3 / 2001, Seite 103
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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