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Analyse des Salzgehaltes von Lösungen mit Ultraschall

Akustische Sensoren für den Nachweis geladener Teilchen in Flüssigkeiten zeichnen sich durch sehr kleine Abmessungen aus. Sie registrieren den Einflu0 der Ionen auf die Fortpflanzungsgeschwindigkeit von Schallwellen.


Daß sich hörbare Schwingungen in Festkörpern fortpflanzen können, ist wohlbekannt. Man denke nur daran, wie gut Geräusche durch Wasserleitungsrohre übertragen werden oder welcher Lärm das ganze Haus erfüllt, wenn ein Bewohner ein Loch in eine Betonwand bohrt.

Bereits im letzten Jahrhundert beschäftigten sich Forscher auch mit den wissenschaftlichen Grundlagen der Schallausbreitung in Festkörpern; doch die technische Nutzung des Phänomens begann erst, als es 1946 gelang, akustische Wellen elektrisch anzuregen.

Das zunehmende Interesse an signalverarbeitenden Systemen verhalf der Ultraschall-Akustik schließlich zum Durchbruch. Man erkannte bald, daß akustische Bauelemente zahlreiche neue technische Möglichkeiten eröffnen. So lassen sich mit AOW-Bauelementen (AOW steht für akustische Oberflächenwellen) Verzögerungsleitungen, Filter, Richtkoppler, Pulsdehner beziehungsweise -kompresser, Oszillatoren, Flankendiskriminatoren und akustoelektronische Verstärker realisieren.

Wir haben akustische Wellen nun auch für Sensoren zum Aufspüren gelöster Stoffe eingesetzt. Anders als in der Spektroskopie beruht der Teilchennachweis dabei allerdings nicht auf dem Auftreten einer charakteristischen Resonanz.

Wie häufig in der Sensorik wird vielmehr der Effekt ausgenutzt, daß die nachzuweisende Substanz die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der abgestrahlten Wellen und damit auch deren Wellenlänge geringfügig ändert.

Unter diesen Umständen ist die Tatsache, daß sich akustische Wellen etwa 100000mal langsamer ausbreiten als elektromagnetische, paradoxerweise ein wesentlicher Vorzug. Betrachten wir beispielsweise einen Sensor, der bei einer Frequenz von 100 Megahertz (Millionen Schwingungen pro Sekunde) arbeiten und maximal drei Zentimeter lang sein soll. Auf einer solchen Länge lassen sich etwa 100 Wellenzüge einer akustischen Welle unterbringen; von einer elektromagnetischen Welle derselben Frequenz findet wegen der viel höheren Ausbreitungsgeschwindigkeit dagegen nur ein tausendstel Wellenzug Platz. Sofern die nachzuweisenden Teilchen akustische und elektromagnetische Wellen gleich stark beeinflussen, bestimmt die Anzahl der Wellenzüge aber die Signalstärke; diese ist beim akustischen Sensor daher 100000mal höher.

Demnach zeichnen sich akustische Sensoren vor allem dadurch aus, daß sich ihre Abmessungen sehr klein halten lassen. Folglich können sie überall da von Vorteil sein, wo eine Miniaturisierung der Meßsysteme angestrebt wird. Aus diesem Grunde begannen wir, gestützt auf einschlägige Untersuchungsergebnisse von Forschungsgruppen in den Vereinigten Staaten, im Frühjahr 1990 einen solchen Sensor zur Analyse kleinster Flüssigkeitsmengen zu entwickeln. Er sollte sich speziell zum Nachweis geringer Ionenkonzentrationen eignen und dabei ebenso dauerhaft wie benutzerfreundlich sein.

Beim Entwurf machten wir wesentlich vom piezoelektrischen Effekt Gebrauch. Deformiert man ein piezoelektrisches Material, so entstehen in seinem Inneren elektrische Felder; umgekehrt verformt sich ein solches Material beim Anlegen eines elektrischen Feldes.

Bei dem inzwischen realisierten Meßgerät sind auf der Rückseite eines piezoelektrischen Kristallplättchens Fingerstrukturen aus Metall aufgedampft (Bilder 1 und 2). Mit einer Breite von jeweils etwa 40 Mikrometern greifen sie wie zwei Kämme ineinander und dienen als Sender und Empfänger. Die zu analysierende Flüssigkeit wird auf die Oberseite des Geräts aufgebracht. Dies hat den großen Vorteil, daß Flüssigkeit und elektrische Anschlüsse strikt getrennt sind. Dadurch werden Korrosionsprobleme vermieden, was die Langzeitstabilität und Nutzungsdauer des Geräts deutlich erhöht.

Legt man nun an den Sender eine hochfrequente Wechselspannung an – wir verwenden 13 Megahertz –, so verformt sich der Kristall periodisch, und es wird eine akustische Welle abgestrahlt. Diese läuft mehrfach im Zickzack zwischen Ober- und Unterseite des Kristalls hin und her, bevor sie den Empfänger erreicht und dort wieder in ein elektrisches Signal umgewandelt wird. Stärke und Geschwindigkeit der ankommenden Welle werden elektronisch bestimmt.

Wie läßt sich dieser Sensor nun zum Ionennachweis in Flüssigkeiten einsetzen? Betrachten wir zunächst einen unbeschichteten Sensor. Eine akustische Welle, die durch einen piezoelektrischen Kristall läuft, deformiert diesen periodisch und erzeugt dabei elektrische Felder. Deshalb wird sie von einem elektrischen Feld begleitet, das sich mit der gleichen Geschwindigkeit wie die akustische Welle ausbreitet. Da beide untrennbar miteinander verknüpft sind, spricht man auch von einer akustoelektrischen Welle.

Das elektrische Feld dringt in die angrenzende Flüssigkeit ein und bewegt die darin gelösten Ionen. Dabei verliert die akustoelektrische Welle Energie: Sie wird gedämpft und gebremst (Bild 3). Dieser Effekt läßt sich elektronisch messen, und seine Stärke gibt Auskunft über die Ionenkonzentration in der Lösung; aus seiner Temperaturabhängigkeit läßt sich in vielen Fällen auch die Ionenart ermitteln.

Allerdings setzt dieser Nachweis voraus, daß die zu untersuchende Flüssigkeit nur wenige verschiedene Komponenten enthält. Will man eine Substanz weitgehend unbekannter Zusammensetzung analysieren, muß man sich zusätzlicher Kniffe bedienen. Die Sensoroberfläche wird in diesem Falle mit einem Film beschichtet, der ausschließlich diejenigen Teilchen zu binden vermag, die nachgewiesen werden sollen. Enthält die betrachtete Flüssigkeit die nachzuweisende Substanz, lagert sich diese an die beschichtete Kristalloberfläche an, ändert die Oberflächenbeschaffenheit des Sensors und beeinflußt so das akustische Signal.

Jeder Bindungsprozeß ändert freilich auch die Zusammensetzung der untersuchten Flüssigkeit. Mit einem zweiten, unbeschichteten Sensor kann aber unterschieden werden, ob das Meßsignal auf Änderungen in der Flüssigkeit oder in der Oberflächenbeschaffenheit des Sensors zurückzuführen ist.

Während unsere Untersuchungen zum Ionennachweis mit unbeschichteten Sensoren weitgehend abgeschlossen sind, wird am Teilchennachweis mit Hilfe selektiver Filme weiter gearbeitet. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Entwicklung qualitativ hochwertiger, homogener Schichten, die große Mengen an Teilchen zu binden vermögen.


Aus: Spektrum der Wissenschaft 7 / 1993, Seite 24
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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