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Antisoziales Verhalten: Kaltherzig

Anomalien im Gehirn gelten als eine von vielen Ursachen für gewalttätiges und kriminelles Verhalten. Laut dem Kriminologen Adrian Raine birgt das autonome Nervensystem ebenfalls einen ­wich­tigen Risikofaktor für ­Regelverstöße aller Art: einen langsamen Puls.
Am Puls des Leids

In der Anatomie der Gewalt ist das Herz das zentrale Organ, das den Hang zu anti­sozialem und gewalttätigem Verhalten prägt. Wir wollen, wie oft in der Biologie, mit Tieren beginnen. Kaninchen, die aggressiv und dominant sind, haben einen langsameren Ruhepuls als rangniedere, nichtaggressive Kanin­chen. Wenn bei diesen Tieren Dominanz experimentell manipuliert wird, nimmt die Herzfrequenz in dem Maß ab, wie die Dominanz zunimmt. Im gesamten Tierreich hat man diese Beziehung beobachtet – bei Makaken, Pavianen, Spitzhörnchen und Mäusen.

Doch möglicherweise wird Ihnen der Gedanke, dass jemand mit einer niedrigen Herzfrequenz eher dazu neigt, antisozial und gewalttätig zu sein, zu schlicht erscheinen, um glaubhaft zu sein. In einer Zeit, in der leistungsfähige und hochempfindliche Diagnosetechniken wie funktionelles Neuroimaging zur Verfügung stehen, erscheint es allzu simpel, gewalttätiges Verhalten mit einem Biomarker zu verknüpfen, der so erstaunlich leicht zu messen ist. Hält dieser Beitrag zur Biologie des Verbrechens und der Gewalt ­einer ernsthaften wissenschaftlichen Überprüfung stand?

In meinem ersten Forschungsprojekt als ­Doktorand an der University of York in England stellte ich fest, dass ein niedriger Ruhepuls charakteristisch für antisoziale Schuljungen war. Zum selben Ergebnis kam ich später bei einer Studie an der University of Nottingham. Ein ­Zufall vielleicht? Um das zu prüfen, führte ich in meiner Zeit an der University of Southern ­California mit meinen Kollegen eine Meta­analyse zur Beziehung zwischen Herzfrequenz und antisozialem Verhalten durch. Wir entdeckten 40 Veröffentlichungen mit Daten von insgesamt 5868 Kindern und Jugendlichen. Die Zusammenfassung dieser Studien ergab ein sehr viel klareres Bild ...

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  • Quellen

Dieser Artikel ist ein leicht gekürzter Auszug aus "Als Mörder geboren. Die biologischen Wurzeln von Gewalt und Verbrechen" von Adrian Raine. Das Buch erschien am 31. Januar 2015 bei Klett-Cotta.

Baker, L. A. et al.: Resting Heart Rate and the Development of Antisocial Behavior from Age 9 to 14. Genetic and Environmental Influences. In: Development and Psychopathology 21, S. 939-960, 2009

Ortiz, J., Raine, A.: Heart Rate Level and Antisocial Behavior in Children and Adolescents. A Meta-Analysis. In: Journal of the American Academy of Child and Adolescent Psychiatry 43, S. 154-162, 2004

Wilmore, J. H. et al.: Endurance Exercise Training Has a Minimal Effect on Resting Heart Rate. The HERITAGE Study. In: Medicine and Science in Sports and Exercise 28, S. 829-835, 1996

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