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Sprache : Über Nacht weise

Nach einem Schlaganfall hält der Besitzer eines kleinen Bistros plötzlich philosophische Vorträge im Krankenzimmer. Hat eine Veränderung in seinem Gehirn die Tore zu tieferen Erkenntnissen geöffnet?
Philosoph nach Schlaganfall?

Er stand da, inmitten seiner Gäste, als er plötzlich – bums – zusammenbrach und zu Boden fiel.« Gestenreich schildert die Inhaberin eines kleinen Bistros im Randbezirk von Paris den Feuerwehrleuten das Unglück, das ihrem Ehemann Maxime zugestoßen ist. Die Einsatzkräfte bringen den Patienten in die Notaufnahme des nächsten Krankenhauses. Bei seiner Ankunft dort ist er wie weggetreten. Fragen, die man ihm stellt, kann er nicht beantworten, und auf Stimulation reagiert er mit heftigen, hastigen und drohenden Bewegungen.

In den kommenden Tagen wird seine Unruhe immer stärker, während er nach und nach das Bewusstsein wiedererlangt: Verwirrt redet er unzusammenhängendes Zeug, versucht, aus dem Krankenhaus zu fliehen, zerstört mutwillig Gegenstände und richtet Drohgebärden gegen das Personal. Medizinische Tests sind nur schwer mit ihm durchzuführen, da er sich nicht besonders kooperativ verhält.

Nach drei Tagen ist Maxime schließlich wieder gänzlich wach – und zur Verwunderung aller plötzlich ein völlig anderer Mensch. Als die Krankenschwestern nach ihm sehen, finden sie ihn sitzend auf seinem Bett auf der Intensivstation vor, während er vor seinen Zimmergenossen kurze, esoterisch und philosophisch anmutende Reden hält. Die heitere Sicherheit, mit der er seine Thesen vorträgt, und sein weises Auftreten verleihen ihm im Krankenzimmer eine starke Präsenz. So legt sich etwa bei der Frage »Was ist Gott?« ein kleines Lächeln auf seine Lippen, das durch die leichte Lähmung seines Gesichts noch ein wenig prägnanter wirkt. »Gott ist in freien Menschen!«, antwortet er und bringt damit seine Zuhörer zum Nachdenken. Dabei war Maxime seiner Frau zufolge früher oft aufbrausend und mochte weder Literatur noch Philosophie, Religion oder Mystizismus! …

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Gehirn&Geist – Wer entscheidet? Wie das Gehirn unseren freien Willen beeinflusst

Was bedeutet es, ein Bewusstsein zu haben? Haben wir einen freien Willen? Diese Fragen beschäftigt Neurowissenschaft, Philosophie und Theologie gleichermaßen. Der erste Artikel zum Titelthema zeichnet die Entwicklung der neurowissenschaftlichen Forschung nach und zeigt, wie das Gehirn das subjektive Erleben formt. Anschließend geht es im Interview mit dem Neurophilosophen Michael Plauen um die Frage, ob wir frei und selbstbestimmt handeln, oder nur Marionetten unseres Gehirns sind. Die Antwort hat Konsequenzen für unser Selbstbild, die Rechtsprechung und unseren Umgang mit KI. Daneben berichten wir, wie virtuelle Szenarien die traditionelle Psychotherapie erfolgreich ergänzen und vor allem Angststörungen und Posttraumatische Belastungsstörungen lindern können. Ein weiterer Artikel beleuchtet neue Therapieansätze bei Suchterkrankungen, die die Traumata, die viele Suchterkrankte in ihrer Kindheit und Jugend erfahren haben, berücksichtigen. Zudem beschäftigen wir uns mit der Theorienkrise in der Psychologie: Der Risikoforscher Gerd Gigerenzer erklärt, warum die Psychologie dringend wieder lernen muss, ihre Theorien zu präzisieren.

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  • Quellen

Crosson, B.: Subcortical mechanisms in language: Lexicalsemantic mechanisms and thalamus. Brain and Cognition 40, 1999

Verstichel, P.: Aphasie thalamique. Revue Neurologique 159, 2003

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