Welt der Wissenschaft: ASTROPHYSIK: Astrophysik mit Neutrinos
Nachdem mit der Entdeckung der Neutrino-Oszillationen das Rätsel der fehlenden solaren Neutrinos geklärt wurde, dienen die Neutrino-Experimente nun der Erforschung der Sonne. Die spektrale Auflösung moderner Detektoren ermöglicht immer detailliertere Rückschlüsse auf die im Sonneninneren herrschenden Bedingungen.
Im ersten Teil dieses Beitrags haben
wir das für lange Zeit ungelöste Rätsel
der solaren Neutrinos dargestellt
und gezeigt, wie alle experimentellen
Ergebnisse eine astrophysikalische,
also eine auf die Fusionsprozesse im Innersten
der Sonne bezogene Lösung ausschließen
(siehe SuW 2/2010, S. 30). Demnach
ist des Neutrinorätsels Lösung in den
intrinsischen Eigenschaften der Neutrinos
selbst zu suchen, und mit diesen wollen
wir uns nun befassen.Wir kennen in der Natur drei verschiedene
Arten von Neutrinos: das Elektron-Neutrino, das Myon-Neutrino und
das Tauon-Neutrino. Sie sind jeweils
mit den entsprechenden geladenen Leptonen
Elektron (e–), Myon (μ–) und Tauon (t–) assoziiert. Die Kernreaktionen
in der Sonne produzieren nur
Elektron-Neutrinos, und die bisher durchgeführten
radiochemischen Experimente
sind ausschließlich für Neutrinos dieser
Art empfindlich. Denn ein Myon- oder
Tauon-Neutrino kann die im ersten Teil
dieses Artikels beschriebenen Nachweisreaktionen
an Chlor- oder Gallium-Kernen
nicht auslösen, weil ihre Energie nicht ausreicht,
um die wesentlich massereicheren
Leptonen μ– und t– zu produzieren.
Wenn sich nun ein Teil der in der Sonne
erzeugten Elektron-Neutrinos auf dem
Weg zur Erde in Neutrinos einer anderen
Art umwandelt, dann ergibt sich radiochemisch
gemessen eine kleinere Rate als
jene, die ohne diesen Effekt zu erwarten
wäre. Damit ließe sich also der radiochemische
Befund erklären.
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