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Alfried Krupp-Förderpreis: Ausgezeichnet: Zelle im Rampenlicht



Professoren sind alt und grauhaarig – so das gängige Vorurteil. In dieses einfache Schema passt der Heidelberger Professor Joachim P. Spatz aber nicht. Mit seinen 32 Jahren erhielt er jetzt den mit je 500000 Euro dotierten Alfried Krupp-Förderpreis 2002 zusammen mit zwei anderen jungen Preisträgern.

Spatz vereint am Institut für Biophysikalische Chemie drei Naturwissenschaften unter einem Dach. Schon während der Promotion an der Universität Ulm entwickelte er neuartige Methoden zur Nanostrukturierung. Diese erlauben Verständnis und Kontrolle der Selbstorganisation von synthetischen Polymeren auf Oberflächen, sodass die Darstellung von Strukturen bis in den Ein-Nanometer-Bereich möglich wird. Mit Beginn seiner Post-Doc-Zeit in Ulm und am Institut Curie in Paris begeisterte sich Spatz auch für biophysikalische Fragestellungen.

Zurzeit forscht er in zwei Bereichen: Zum einen untersucht seine Arbeitsgruppe die biochemische und mechanische Wechselwirkung von Zellen mit Substratoberflächen, zum anderen beschäftigt sein Team die Mikromechanik einzelner Zellen. Dafür wurden Experimente und Techniken entwickelt, mit denen sich die physikalischen Eigenschaften von Zellen und Zellmodellen untersuchen lassen. Bei einer Methode wird eine einzelne Gewebezelle zwischen zwei Mikroglasplatten gestreckt. Dadurch können viskoelastische Eigenschaften und Reaktionszeiten von Zellen auf äußere Störungen quantitativ erfasst und beschrieben werden. Zugleich kann das veränderte mechanische Verhalten von Krebszellen auf diese Weise erforscht werden.

So liefert Spatz’ Arbeitsfeld für das Verständnis der Adhäsion, das "Ankleben" von Zellen an andere Zellen oder an ganze Gewebe, neue Erkenntnisse. Die Adhäsion ist ein lebensnotwendiger Vorgang, der unter anderem dem Austausch von Informationen dient. Daneben sorgt seine Forschung bei der mechanischen Wechselwirkung zwischen Zellen und Umgebung für mehr Klarheit. Der Anheftungspunkt einer Zelle, der so genannte fokale Kontakt, besteht aus einer sehr komplexen Ansammlung unterschiedlichster Proteine. Bei der Ausbildung eines solchen Kontakts kommt es zur Anhäufung von Transmembran-Rezeptoren (Integrine) in der Zellmembran. Der Arbeitsgruppe von Spatz gelang es in diesem Kontext zum ersten Mal, die Rezeptoraggregation in der Membran von Haut- und Knochenzellen durch den Kontakt mit nanostrukturierten Oberflächen zu kontrollieren. Künftig will Spatz auch anhand von Stammzellen untersuchen, wie sich Defekte in Zellen auf die Funktion von Organismen auswirken.

Der Alfried Krupp-Förderpreis ist eine der höchst dotierten Auszeichnungen für Nachwuchswissenschaftler. Er unterstützt junge Hochschullehrer der Natur- und Ingenieurwissenschaften, die aufgrund bestehender Stellenengpässe noch keinen Ruf auf eine C4-Professur erhalten haben. Die Krupp-Stiftung wurde 1967 vom letzten persönlichen Inhaber der Firma Friedrich Krupp, Dr. Alfried Krupp von Bohlen und Halbach, testamentarisch errichtet.

Aus: Spektrum der Wissenschaft 9 / 2002, Seite 104
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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