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Kirchen und Klöster: Bauen für den Glauben

In dem Maß, in dem das Christentum zunehmend das Leben bestimmte, entstand in Gallien eine sakrale Welt der Kirchen und Klöster. Bauliche Überreste und Schriftquellen ermöglichen es, diese Entwicklung zu rekonstruieren.

Weniger als acht Stunden dauert heute die Reise von Frankfurt nach Marseille – Hochgeschwindigkeitszüge machen es möglich. Eben noch im deutschen Alltag taucht der Tourist ein in das Ambiente des Mittelmeers und bestaunt unweit des Hafens sogar ein Monument mittelalterlicher Gläubigkeit: Saint-Victor, eines der ersten Klöster in Westeuropa überhaupt. Fast fensterlos umfangen die massiven Mauern den Besucher, der sich im stimmungsvollen Dämmerlicht in eine längst vergangene Welt versetzt fühlt. Es ist die Welt der Kirchen und Klöster, die mit dem Ende der Spätantike bald überall in Gallien aufkamen – eine sakrale Topografie, in der sich geistige und gesellschaftliche Veränderungen jener Übergangsphase baulich manifestiert haben.

Doch Vorsicht ist geboten, denn welches Bauwerk bewundert der Reisende tatsächlich? Was ist noch erhalten von der Kirche des 5. Jahrhunderts? Gründete sie womöglich auf Vorgänger, und was an dem Monument entstand erst in späterer Zeit? Wer sich darauf einlässt, im Heute die Vergangenheit zu rekonstruieren, wird in Saint-Victor verunsichert. Selbst Experten fällt es nicht leicht, alle Bauphasen und Rückbezüge im Blick zu haben. Dies illustriert eine künstlerische Zusammenschau der Forschungsergebnisse von Michel Fixot und Jean-Pierre Pelletier. Die französischen Forscher hatten den wissenschaftlichen Zeichner Jean-Marie Gassend damit beauftragt, die Zeitbezüge auch für Laien verständlich grafisch darzustellen. Der Künstler deutete den Kirchenbau nur an, in der Victor und weitere für Marseille wichtige Heilige verehrt worden waren. Hier beginnt die Reise in die Vergangenheit, denn die Krypta basierte auf einem Vorgängerbau aus frühchristlicher Zeit. Dieser diente dem Totenkult und war Teil einer Nekropole, die noch in der Antike in einem aufgelassenen Steinbruch angelegt worden war.

Selbst der Fachmann verliert leicht die Orientierung, wenn sich in einem Gebäude die Zeitschichten überlagern und durchdringen. Erschwerend kommt hinzu, dass alles, was Archäologen ausgraben, was Materialwissenschaftler analysieren und Bauforscher vermessen, schon in seiner eigenen Zeit Ausdruck eines geistigen Geschehens war, dem wir uns anhand der materiellen Hinterlassenschaften nur annähern können. Um ein umfassendes Bild der sakralen Topografie Galliens am Übergang von der Antike ins Mittelalter zu gewinnen, bedarf es daher auch des Studiums der überlieferten Schriften. ...

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