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Brief an die Leser


Verehrte Leserin,

sehr geehrter Leser,


Wladimir Iljitsch Lenin, berichtete Armand Hammer, blätterte während eines vertraulichen Gesprächs über die Zukunft der Sowjetunion in einem Exemplar des Scientific American. "Sehen Sie her", erklärte er ausgerechnet dem erfolgreichen amerikanischen Industriellen, "dies ist, was Fortschritt bedeutet: Bauten, Erfindungen, Maschinen, Entwicklung mechanischer Hilfen für die menschliche Hand."

Die nun 150jährige Zeitschrift, deren wichtigste Köpfe ich hier seit August kurz vorstelle, konnte freilich nach Ende des Zweiten Weltkriegs nicht mehr bloß naiv-pragmatisch den Segen der Technik propagieren. Im Jahre 1948 nahmen zwei junge Journalisten, die von der Illustrierten "Life" kamen, das Wort "wissenschaftlich" im Titel ernst: Gerard Piel (rechts in einer späteren Aufnahme) als Herausgeber und Dennis Flanagan (links) als Chefredakteur machten das seit 1921 monatlich erscheinende Blatt zum Forum herausragender Forscher – allerdings mit der Auflage, mit allgemeinverständlichen Texten und anschaulichen Illustrationen dem Austausch zwischen den sich immer mehr auffächernden Disziplinen und der Unterrichtung der Öffentlichkeit zu dienen. Das strikt aufklärerische Konzept, dem selbst Nobelpreisträger (inzwischen mehr als 100) folgten, trug dem Scientific American hohe Reputation und eine Sonderstellung unter den Wissenschaftszeitschriften ein: die weltweite Verbreitung in derzeit neun Sprachen und eine Leserschaft, die noch erheblich größer ist als die Gesamtauflage aller Editionen von rund einer Million Exemplaren.

Die Wirkung reicht überraschend weit. In der Ausgabe Dezember 1969 etwa erschien ein poetischer "Neujahrsgruß" des anglo-amerikanischen Dichters W(ystan) H(ugh) Auden an all die Mikroben "in den Tümpeln meiner Poren, den tropischen Forsten von Achseln und Schritt, den Wüsten meiner Unterarme und den kühlen Wäldern meines Skalps" – eine Reflexion des Artikels "Leben auf der menschlichen Haut" der Mikrobiologin Mary J. Marples, der im Januar jenes Jahres erschienen war.



Aus: Spektrum der Wissenschaft 10 / 1995, Seite 3
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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