Brief an die Leser
Verehrte Leserin,
sehr geehrter Leser,
eben noch Wilder Westen, nun Wohlstandsmoderne mit grandioser Natur ringsum: In Aspen (Colorado) hat sich im kleinen ein amerikanischer Traum erfüllt. Gegründet 1878 von prospektierenden Abenteurern und benannt nach den Espen am Roaring Fork River, hatte es eine kurze Silber-Bonanza. In den späten dreißiger Jahren entdeckte jedoch der Industrielle Walter Paepke aus Chicago das verfallene Dörfchen zwischen mehreren Viertausendern der Rocky Mountains wieder und machte es, so die "Britannica", zu einem "Mekka des Freizeit- und Kulturtourismus" – im Winter Ski, im Sommer Musikfestival. In diesem angenehmen Ambiente ließen sich auch schon ein Institut für humanistische Studien, ein Theater-Institut, ein Ballett und eine Photographenschule nieder und neuerdings ein Physik-Zentrum.
Hier läßt sich trefflich tagen, am besten im halbschattigen Freien. Die leichte Atmosphäre (lokale Höhe: rund 2400 Meter) machte offenbar die Crème der Experten für Stringtheorie geneigt, meiner New Yorker Kollegin Madrushee Mukerjee zwischen Generaldebatten und den – noch wichtigeren – privaten Geplänkeln in den Seminarpausen geduldig Rede und Antwort zu stehen. Denn Trends in der theoretischen Physik zu beschreiben ist auch für eine Redakteurin des Scientific American keine Routine, zumal wenn es um TOE geht, die theory of everything, also jene alles umfassende, die in einer Formel Quantenmechanik und Gravitationstheorie vereinen würde.
Ihren Report (Seite 42) hat Michael Springer bearbeitet, der – Physiker, dazu Romanautor und Übersetzer des ziemlich anspruchsvollen Werkes "Computerdenken" von Roger Penrose – gerne an erst verschwommen wahrnehmbaren Horizonten unseres Weltbildes schweift. Gleichwohl waren zwei Hinweise auf frühere Artikel zur Stringtheorie in den Ausgaben November 1986 und Februar 1988 angebracht. Zwar sollte diese Zeitschrift ohne Fachwissen verständlich sein; aber mitunter müssen wir denn doch darauf vertrauen, daß Sie als Leser nach der Maxime lebenslangen Lernens schon Publiziertes wenn nicht präsent haben, dann auffrischen.
Aus: Spektrum der Wissenschaft 3 / 1996, Seite 3
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH
Schreiben Sie uns!
Beitrag schreiben