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Brief an die Leser


Verehrte Leserin,

sehr geehrter Leser,


das Programm "Kampf dem Krebs" der forschungsstärksten Nation, der USA, war 1971 sogar per Gesetz eingeleitet worden. "Eine ernüchternde Bilanz" lautete indes das einstweilige Fazit, das wir im März 1994 referierten. Grund genug, daß wir uns seither allein in acht weiteren großen Artikeln mit Aspekten der furchtbaren Krankheit beschäftigten: mit dem Dilemma der Behandlung von Prostatakrebs (Juni 1994) und Barrieren von Tumoren gegen Therapeutika (September 1994), der Anhäufung genetischer Defekte, die eine Zelle schließlich entarten läßt (Mai 1995), dem Verdacht, daß nahezu allgegenwärtige östrogen-imitierende synthetische Substanzen zu Brustkrebs beitragen (Dezember 1995), einer Möglichkeit, die im Prinzip unsterblichen Krebszellen künstlich altern zu lassen (April 1996), und der, Tumoren mit Ionenstrahlen zu zerstören (Juni 1996), sowie mit der Suche nach einem Frühwarnsystem für Krebsrisiken und einer neuen Gruppe von Medikamenten, Varianten eines raren Naturstoffs (beide August 1996).

Zum Verzweifeln wenig haben Theorien, Experimente und Erkenntnisse wie auch das Aufbieten aller ärztlichen Kunst im Einzelfall bisher erreicht. In Deutschland werden dieses Jahr deutlich mehr als 300000 Menschen neu an Krebs erkranken und wahrscheinlich 210000 daran sterben – jeder nach unnennbarem Leid durch den Schock der Diagnose, das qualvolle Geschehen in seinem Körper und im Aufbäumen gegen den vorzeitigen Tod.

Trotzdem, das Resümee bedeutet keine Kapitulation der Wissenschaft. Gerade in jüngster Zeit gewann sie tiefere Einsicht in die verhängnisvollen molekularen und zellulären Prozesse und erzielt sogar auch Fortschritte bei den konventionellen Therapien. Nichts allerdings könnte den Krebs effektiver zurückdrängen als die allgemeine Bereitschaft zur Prävention: Immerhin schätzungsweise 60 Prozent der Erkrankungen sind die Folge ungesunder – oft äußerst unvernünftiger – Lebensweise.

Den Stand all dieser Anstrengungen und Strategien und die Chancen, in nächster Zukunft dem Krebs besser vorzubeugen, seine vielfältigen Formen früher zu erkennen und sowohl wirksamer als auch schonender für den ohnehin schwer angegriffenen Organismus anzugehen, vermittelt unser Spezial 5 "Krebsmedizin", das soeben erschienen ist. Meine Kollegin Inge Hoefer, die als promovierte Biologin schon die meisten der bisherigen Beiträge zur Krebs-Grundlagenforschung betreute, hat die Arbeit der Redaktion an diesem originären Kompendium koordiniert. In ihrem Editorial weist sie auf ein besonderes Problem vieler Patienten bei ihrer Behandlung hin: Immer noch müssen sie unnötigerweise schlimmste Schmerzen erdulden.


Aus: Spektrum der Wissenschaft 11 / 1996, Seite 3
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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