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Chemical vapor deposition - eine Übersicht


Auf moderne Dünnschichtverfahren können verschiedene Industriebereiche gar nicht mehr verzichten: Den Verschleiß von Präzisionswerkzeugen beispielsweise verringern Bruchteile von Millimetern dünne Hartschichten erheblich (Bild 3); Lichtwellenleiter vermag man mittels optischer Schichten zu optimieren, und Diamant in Lagen von wenigen Mikrometern (tausendstel Millimetern) Dicke wäre ein idealer Werkstoff für mikroelektronische Bauelemente, die etwa dicht an einem heißen Motorblock funktionieren sollen. Neue Materialien wie die Hochtemperatur-Supraleiter werden nur in Form dünner Schichten von zuverlässiger Qualität breite Anwendung finden.

Mittlerweile versteht man, unterschiedlichste Stoffe abzuscheiden, von Metallen über Halbleiter bis zu Isolatoren. Elektrische, optische und mechanische Schichteigenschaften lassen sich dabei oft problemlos einstellen.

Die grundlegenden Verfahren – chemical und physical vapor deposition (CVD und PVD) – haben sich etabliert und werden nun in Varianten immer weiter verbessert beziehungsweise für spezielle Anwendungen eingestellt. Bei beiden führt man das Schichtmaterial gasförmig an das Substrat heran, weshalb ein Vakuum Voraussetzung für gute Schichtqualität ist. Damit unterscheiden sich diese Techniken zum Beispiel vom klassischen Lackieren und Galvanisieren mit Schichtdicken von meist mehr als zehn Mikrometern. Verschieden ist der Aufbau der jeweiligen Gasphase:

- Bei PVD-Prozessen wird ein Festkörper, etwa ein Metall, in unmittelbarer Nähe zum Substrat verdampft oder durch Ionenbeschuß abgestäubt (Fachbegriff gesputtert). Die atomaren oder molekularen Teilchen schlagen sich auf dessen Oberfläche nieder und bilden einen dünnen Film.

- Bei CVD-Prozessen hingegen reagieren flüchtige, also von vornherein gasförmige chemische Verbindungen (sogenannte Prekursoren) an heißen Oberflächen im Reaktor zum festen Schichtmaterial (Bild 1), und zwar – wie bei chemischen Reaktionen üblich – um so schneller, je höher die Temperatur ist. Ab einem Schwellenwert verläuft die chemische Umsetzung allerdings so rasch, daß die Abscheiderate allein von der Teilchendiffusion bestimmt wird und auch bei weiterer Temperaturerhöhung nicht mehr ansteigt. Die Prozeßtemperatur liegt jedoch normalerweise unter dieser Schwelle und ist maximal so hoch, wie das zu beschichtende Substrat es noch gut verträgt.

Weil bei den physikalischen Techniken die Teilchenströme gerichtet sind, lassen sich komplexe Geometrien allenfalls durch komplizierte Drehbewegungen gleichmäßig beschichten. Von Vorteil ist, daß Prozeßtemperaturen von 150 bis 500 Grad Celsius ausreichen. Hingegen erfordern CVD-Verfahren in der geschilderten herkömmlichen Form wesentlich höhere Temperaturen; dafür bilden sich gleichmäßige Schichten auf Substraten beliebiger Konfiguration ohne weiteres Zutun – das ist sowohl bei großen Umformwerkzeugen wie bei feinsten mikroelektronischen Strukturen bedeutsam.

Metallorganische Verbindungen als Prekursoren

Titannitrid ist derzeit der wichtigste Hartstoff für verschleißfeste Beschichtungen. Es entsteht aus dem flüchtigen Titantetrachlorid und einem Stickstoff-Wasserstoff-Gemisch. Aber die Reaktion läuft erst bei Temperaturen um 1000 Grad Celsius ab, und der Prekursor ist wie sonstige Metallhalogenide stark korrosiv; damit scheiden viele Werkstoffe als Substrate und mithin viele weitere Anwendungen aus.

Als Alternative zur Herstellung metallischer und oxidischer Schichten sind in den vergangenen Jahren metallorganische Verbindungen untersucht und erprobt worden. Im chemisch strengen Sinne sind das solche mit mindestens einer kovalenten Metall-Kohlenstoff-Bindung; in der Dünnschichttechnologie versteht man darunter jedoch auch Substanzen, bei denen diese Elemente über eine Sauerstoffbrücke verknüpft sind (Bild 2). Von der organischen Molekülkomponente, der jeweiligen Kohlenstoffverbindung, hängt die Flüchtigkeit des Komplexes ab – je nachdem, wie sie Metall-Metall-Wechselwirkungen verringert.

Ein idealer metallorganischer Prekursor für CVD-Prozesse sollte

- unter Normalbedingungen flüssig, aber leicht zu verdampfen sein,

- nach einem bekannten und beeinflußbaren Schema zerfallen und

- nicht toxisch, korrosiv oder gar explosiv sein.

So zersetzt sich Trimethylamin-alan schon ab 100 Grad Celsius zu reinem Aluminium. Die abgeschiedenen Schichten sind jedoch im Vergleich zu ihrer Dicke sehr rauh, weil bevorzugt einzelne Aluminiumkristallite wachsen; deren Facetten streuen einfallendes Licht diffus, und das Ergebnis ist ein mattweißer statt eines spiegelnd blanken Überzugs (Bild 4). Damit ist dieses Verfahren für Leiterbahnen in der Mikroelektronik nicht brauchbar – für nachfolgende photolithographische Strukturierungsprozesse benötigt man glatte Oberflächen.

Eine Option für die Zukunft sind, wie eingangs erwähnt, Hochtemperatur-Supraleiter auf Basis von Yttrium-Barium-Kupferoxiden. Zur Abscheidung dünner Schichten verwendet man bevorzugt bestimmte organische Komplexverbindungen (Beta-Diacetylacetonate) der Metalle; das supraleitende Material entsteht bei Substrattemperaturen von 700 bis 800 Grad Celsius. Allerdings muß die Bariumverbindung zur Verflüchtigung zunächst auf 190 bis 220 Grad Celsius erhitzt werden, wobei sie sich zersetzen kann, so daß die Prekursoren-Konzentration in der Gasphase unter Umständen nicht stabil bleibt.

Zur Abscheidung von Titannitrid wurde und wird besonders mit Titanverbindungen gearbeitet, die als Liganden organische Amine haben. Es handelt sich dabei um Tetrakis(dialkylamido)-titan-Komplexe, gelbe Flüssigkeiten, die leicht zu verdampfen und somit für CVD-Verfahren gut einsetzbar sind.

Dem amerikanischen Unternehmen Schumacher in Carlsbad (Kalifornien) gelang es 1992, erstmals eine flüssige und leicht verdampfbare Kupferverbindung – Handelsname CupraSelect – zu synthetisieren. Als Liganden fungieren ein Beta-Diketonat und ein Olefin. Die besondere Bedeutung ist: Kupfer könnte das Leiterbahnmaterial künftiger Chipgenerationen sein, da es besser Strom leitet als Aluminium (Bild 5).

Zudem sucht man sogenannte Single-Source-Prekursoren zu entwickeln, also solche, die bereits alle nötigen Elemente zum Aufbau einer Schicht enthalten, so daß man nur eine Verbindung in den Prozeßreaktor bringen muß. Zum Beispiel werden in der Mikroelektronik mit Borsilikatglas Chip-Oberflächen geebnet; das läßt sich nun in einem Schritt aus Tri(trimethyl-siloxy)bor, einer an der Universität Köln entwickelten Verbindung von Bor, Silicium und Sauerstoff, mittels CVD abscheiden – eine aufwendige Dosierung von Komponenten könnte entfallen.


Selektive Metallabscheidung

Gegenüber den physikalischen haben die chemischen Verfahren einen weiteren entscheidenden Vorteil: Durch Auswahl geeigneter Prekursoren und Prozeßbedingungen lassen sich auf Teilen der zu beschichtenden Oberfläche selektiv Metalle abscheiden, beispielsweise nur auf einem elektrisch leitenden, hingegen nicht auf einem isolierenden Substrat. Dies ist deshalb möglich, weil der Zustand der Substratoberflächen die Anlagerung der Prekursormoleküle und damit das Bilden von Metallkeimen für das Schichtwachstum beeinflußt; insbesondere ist bei Isolatoren die energetische Barriere für die Keimbildung höher als bei elektrischen Leitern.

Von Interesse ist dies wiederum in der Mikroelektronik: Für Kupfer gibt es anders als für Aluminium noch keine etablierten Ätzprozesse, doch mit selektivem CVD können derartige Strukturierungsprozesse entfallen (Bild 5).

Plasma-unterstützte CVD-Verfahren

Viele Substrate wie gerade auch Kunststoffe lassen sich nur bei niedrigen Temperaturen beschichten, sonst würden sich die Materialeigenschaften oder die Bauteilformen oder beides irreversibel verändern. Außerdem braucht man zur Abscheidung bestimmter metastabiler Materialien eine Konzentration an aktivierten Molekülen oder Atomen, die sich thermisch erst bei mehreren tausend Grad Celsius einstellt.

In beiden Fällen nutzt man mittlerweile sogenannte Nichtgleichgewichtsplasmen, um die chemischen Reaktionen auszulösen. Das sind ionisierte Gase, bei denen die Bestandteile nicht wie bei der Kernverschmelzung in Sternen oder bei einer Wasserstoffbomben-Explosion im thermischen Gleichgewicht sind. Man erzeugt sie durch eine Gasentladung mit vergleichsweise geringem Ionisierungsgrad, indem man ein elektrisches Gleichstrom- oder Wechselstromfeld in einem evakuierten Gefäß anlegt. Meistens nutzt man dazu Hochfrequenz- oder Mikrowellengeneratoren mit 13,56 Megahertz beziehungsweise 2,45 Gigahertz (Bild 6). Im Gas werden zunächst einige Atome und Moleküle durch Stöße ionisiert, die wiederum im Feld beschleunigt mit anderen zusammenstoßen, so daß ein Lawineneffekt zustande kommt. Ein solches Plasma aus neutralen und positiv geladenen Teilchen sowie Elektronen entsteht zum Beispiel in jeder Leuchtstoffröhre.

Damit lassen sich also die chemischen Reaktionen von Prekursoren und Trägergas statt thermisch durch reaktionsfreudige Radikale und Ionen auslösen. Beispielsweise erfolgt die erwähnte Umsetzung von Titantetrachlorid, Stickstoff und Wasserstoff plasma-unterstützt bereits bei 550 Grad Celsius, vor allem dank Stickstoff- und Wasserstoffradikalen. Bei noch niedrigeren Temperaturen würde das Chlor nicht ausreichend abgespalten und in die Schicht eingebaut, was massive Korrosion verursachte. Kürzlich ist es sogar gelungen, Titannitrid aus Tetrakis(dimethylamido)-titan bei Temperaturen von nur 100 Grad Celsius in einem Stickstoffplasma abzuscheiden. Zur Zeit wird untersucht, ob sich mit diesem Verfahren auch Kunststoffe haftfest metallisieren lassen.

Plasma-CVD hat es zudem Europa ermöglicht, wieder Anschluß an die Lichtleitfasertechnologie zu finden, die vor allem von den USA und Japan dominiert wurde. Im Innern einer solchen Faser muß das Signal möglichst verlustfrei totalreflektiert werden. Das erfordert im zentralen lichtleitenden Kern einen um ein bis zwei Prozent höheren Brechungsindex als im umgebenden Mantelbereich. Entsprechende Preforms lassen sich fertigen, indem man das Innere eines Rohres aus hochreinem Siliciumdioxid plasma-unterstützt radialsymmetrisch beschichtet. Dabei wird ein Mikrowellenresonator mit einem Motor entlang des Rohres bewegt. Die Beschichtung bildet sich im unmittelbaren Mikrowellenplasmabereich und besteht aus bis zu 1000 Einzellagen.


Ultraharte Schichten

Der Kreis schließt sich beim Verschleißschutz, denn mittels Nichtgleichgewichtsplasmen sind auch besonders harte Schichten herstellbar wie sonst nur unter hohem Druck und hoher Temperatur. So lassen sich solche aus Diamant mit der Mikrowellenplasma-CVD schon recht gut fertigen; vor einigen Jahren gelang es sogar, Diamant orientiert auf Silicium-Einkristallen abzuscheiden (Spektrum der Wissenschaft, Januar 1993, Seite 18; vergleiche auch September 1992, Seite 30). Ein noch junges Forschungsfeld hingegen ist die Abscheidung von kubischem Bornitrid. Seine Kristallstruktur ist mit der des Diamants identisch. Die Substanz, die in der Natur nicht vorkommt, ist aber auch bei Temperaturen von mehr als 600 Grad Celsius beständig und läßt sich – im Gegensatz zu Diamant, der sich im Kontakt mit Stahl zu Graphit umwandelt – zur Stahlbearbeitung verwenden. Allerdings vermochte man bislang keine geschlossenen Schichten aus kristallinem kubischem Bornitrid mittels CVD herzustellen. Höchst aktuell sind schließlich Experimente zum Beschichten mit Beta-Kohlenstoffnitrid (C3N4), unter anderem gleichfalls mittels Plasma-CVD. Dieses Material ist nach theoretischen Berechnungen sogar härter als Diamant, doch hat noch keine Forschergruppe es zweifelsfrei nachgewiesen, geschweige denn als dünne Schicht produziert.


Aus: Spektrum der Wissenschaft 4 / 1996, Seite 86
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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