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Meeresbiologie: Das Innenleben der Delfine

Experimente in Delfinarien haben früh die erstaunlichen kognitiven Fähigkeiten der Meeressäuger offenbart. Doch erst jahrzehntelange Beobachtungen in freier Wildbahn enthüllen, in welch komplexem sozialem Gefüge die intelligenten Tiere leben.
Gruppendynamik

Es ist fast acht Uhr abends, unser Schiff liegt in den türkisfarbenen Gewässern der Bahamas vor Anker. Die Mannschaft des Wild Dolphin Project bereitet sich auf den Feierabend vor, als der Ausguck die Sichtung von Zügeldelfinen (Sternella frontalis) meldet. Eine kleine Schar nähert sich unserem Boot: zwei erwachsene Weibchen mit vier Jungen. Wir gehen ins Wasser, um sie zu filmen. Kurze Zeit später schwimmen die beiden Muttertiere davon und lassen uns mit dem Nachwuchs allein. Erst nach gut zehn Minuten tauchen sie wieder auf, holen die Jungtiere ab und kehren mit ihnen gemächlich zur großen Gruppe zurück.

An diese Episode vor wenigen Jahren erinnere ich mich noch sehr gut. Ich fand es damals ziemlich seltsam, dass wilde Tiere ihre Jungen unter menschliche Aufsicht stellen. Vermutlich gingen die Weibchen schlicht davon aus, dass ihrem Nachwuchs keine Gefahr drohte. Tatsächlich beobachten wir diese Delfingruppe bereits seit drei Jahrzehnten – Tiere und Forscher kennen und erkennen sich daher gleichermaßen.

Seit 1985 folgen die Wissenschaftler des Wild Dolphin Project unter der Leitung von Denise Herzing an mehr als 100 Tagen im Jahr Zügeldelfinen sowie auch Großen Tümmlern (Tursiops truncatus) und haben so beträchtliche Datenmengen über das Leben dieser Gruppen gesammelt. Anhand bestimmter körperlicher Merkmale wie Narben oder farbigen Flecken lassen sich mittlerweile mehrere hundert Individuen unterscheiden. DNA-Analysen ihrer Ausscheidungen verraten, welches Tier mit wem Nachwuchs zeugte. Delfine können über 40 Jahre alt werden – manche von ihnen kennt die Mannschaft somit seit Beginn der Studie.

Die Wissenschaftler des Wild Dolphin Project führen nicht als Einzige Langzeitstudien zu Delfinen durch …

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Spektrum der Wissenschaft – Dunkle Energie - ein Trugbild?

Eine geheimnisvolle Kraft treibt alles im Universum immer schneller auseinander. Doch niemand weiß, was hinter dieser Dunklen Energie steckt, und neue Messdaten mehren grundsätzliche Zweifel am kosmologischen Standardmodell. Bieten alternative Ansätze eine Erklärung? Außerdem: Neue Verfahren erlauben es, Immunzellen direkt in unserem Körper so zu verändern, dass sie Krebszellen attackieren – bisher mussten sie Patienten dafür entnommen und wieder zurückgeführt werden. Quantentheorie und allgemeine Relativitätstheorie beruhen auf unvereinbaren Weltbildern. Neue Experimente an der Schnittstelle zwischen Quantenphänomenen und Gravitation sollen helfen, diesen Widerspruch zu überwinden. In der Pangenomik wird das Erbgut zahlreicher Individuen verglichen – mit weitreichenden Folgen für Forschung und Züchtung von Nutzpflanzen. Und wie immer in der Dezemberausgabe berichten wir vertieft über die Nobelpreise des Jahres für Physiologie oder Medizin, Physik und Chemie, ergänzt durch einen kritischen Blick darauf, welche Verantwortung mit großen Entdeckungen einhergeht.

Spektrum der Wissenschaft – Lebensraum Meer: Faszinierende Welt unter Wasser

Wir tauchen ab in den Lebensraum Meer, der faszinierenden Welt unter Wasser, und berichten vom Geheimnis des Meeresleuchten, den Erkenntnissen über Meeressäuger bis hin zum Leben unter dem Nordpol. Diese Welt ist durch Hochseefischerei, Tiefseebergbau und nicht zuletzt die vom Menschen verursachte Klimakrise stark gefährdet. Das von den Vereinten Nationen ausgerufene Ziel, 30 Prozent der Land- und Meeresflächen bis 2030 unter Schutz zu stellen, erscheint in weiter Ferne. Warum der Schutz dieses Lebensraum so wichtig ist, erfahren Sie in dieser Ausgabe.

Spektrum - Die Woche – Wie ein Elementarteilchen unser Weltbild auf die Probe stellte

Das magnetische Moment des Myons stellte das Standardmodell in Frage. Doch Fortschritte bei theoretischen Berechnungen konnten die Unstimmigkeiten zu den hochpräzisen Experimenten nun ausräumen. Darüber hinaus: Wie wirkt sich unsere Darmflora auf die Wirksamkeit von Krebsbehandlungen aus?

  • Quellen

Birgersson, S. et al.: Dolphin personality study based on ethology and social network theory. Lambert Academic Publishing, 2014

Clegg, I. L. K. et al.:Bottlenose dolphins engaging in more social affiliative behaviour judge ambiguous cues more optimistically. Behavioural Brain Research 322, 2017

Czech-Damal, N. et al.:Electroreception in the Guiana dolphin (Sotalia guianensis). Proceedings of the Royal Society B 279, 2012

Delfour, F., Herzing, D.:Underwater mirror exposure to free-ranging naïve Atlantic spotted dolphins (Stenella frontalis) in the Bahamas. International Journal of Comparative Psychology 26, 2013

Dudzinski, K. M., Ribic, C. A.:Pectoral fin contact as a mechanism for social bonding among dolphins. Animal Behavior and Cognition 4, 2017

Gregg, J. D. et al.:Do dolphins eavesdrop on the echolocation signals of conspecifics? International Journal of Comparative Psychology 20, 2007

Kremers, D. et al.:Behavioural evidence of magnetoreception in dolphins: detection of experimental magnetic fields. Naturwissenschaften 101, 2014

Kremers, D. et al.:Sensory perception in cetaceans: Part II - Promising experimental approaches to study chemoreception in dolphins. Frontiers in Ecology and Evolution, fevo.2016.00050, 2016

Krützen M. et al.:Cultural transmission of tool use in bottlenose dolphins. PNAS 102, 2005

Lopez-Marulanda, J. et al.:First results of an underwater 360° HD audio-video device for etho-acoustical studies on bottlenose dolphins (Tursiops truncatus). Aquatic Mammals 43, 2017

Morrison, R., Reiss, D.:Precocious development of self-awareness in dolphins. PLoS One 13, e0189813, 2018

Skrzypczak, N.:Personality traits in Atlantic spotted dolphins (Stenella frontalis): syndromes and predictors of neophilia. Thesis Florida Atlantic University 2016

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