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Das visuelle Lexikon der Technik.

Gerstenberg, Hildesheim 2000. 511 Seiten, DM 68,–.


Dieses "Lexikon" weckt nostalgische Gefühle! Es erinnert mich in der äußeren Erscheinung an Bücher meiner Jugend, die versprachen, die Welt oder zumindest einen Teil von ihr in bunten Bildern begreiflich zu machen.

Beim raschen Durchblättern flimmert ein Kaleidoskop der Technik vorbei. Auf der – wahllos aufgeschlagenen – Doppelseite "Räder und Achsen" entdecke ich die mittelalterliche Darstellung eines Tretrades, den Nachbau eines horizontal betriebenen Wasserrades, das im 1. Jahrhundert vor Christus in Griechenland einen Mahlstein drehte, und das Laufrad des Freiherrn Karl von Drais, einen Vorläufer des Fahrrades. Jedes Bild wird mit wenigen Sätzen erläutert.

Ein Feuerwerk also für den an Technik Interessierten – aber auch ein Lexikon? Alphabetisch geordnet sind die einzelnen Artikel nicht. Vielmehr sind die meist zwei-, manchmal vierseitigen Beiträge zusammengefasst zu Technikbereichen wie "Biologische Wissenschaften und Biotechnologie" oder "Mechanik und mechanische Technik", oder zu anderen Themenkreisen wie "Statik in der Bautechnik", "Maschinen" und "Kommunikation und Information". In jedem dieser Kapitel stehen die einzelnen Beiträge meist in einer logischen Reihenfolge, beispielsweise "Räder und Achsen", "Getriebe", "Komplexe Maschinen".

Die schiere Zahl an Abbildungen und Kleintexten eignet sich vor allem für lange Winterabende. Aber entgegen dem ersten Anschein behandelt dieses "Lexikon" seine Themen keineswegs umfassend. Weil es immer nur Schlaglichter wirft, liefert es zu anspruchsvolleren und übergreifenden Themen nur Stichwortsammlungen.

Immerhin: Die Doppelseite "Erntemaschinen" erläutert die grundlegende Technik und weist sogar noch mit dem Bild einer Zwergmaus auf das Problem der Feldbewohner in der Erntezeit hin. Dagegen präsentiert "Brücken, Tunnel, Wolkenkratzer" nur ein Sammelsurium willkürlich ausgewählter Themen: das Kolosseum, das Modell einer Hängebrücke von 1900, die Skyline von Manhattan, eine Tunnelbohrmaschine und anderes. Die zugehörigen Texte erklären wenig. Mir unverständlich: Beton wird nur kurz im Rahmen der römischen Baukunst erwähnt; von seiner Rolle als typischer Baustoff des 20. Jahrhunderts ist nicht die Rede!

In einer Hinsicht eignet sich das Buch allerdings wirklich als Nachschlagewerk: Es ist eine illustrierte Technikgeschichte. Tatsächlich stammt der größte Teil des Bildmaterials aus Museen und deckt die Zeit bis in die siebziger und achtziger Jahre ab; Jüngeres ist selten zu finden. So las ich unter "Raumstationen" vieles zu "Saljut" und "Mir", doch keine Erwähnung der Internationalen Raumstation. In der Metallverarbeitung scheint den Autoren der Druckguss Stand der Technik zu sein, obwohl Karosserieteile heute durch Umformen von Blechen hergestellt werden. Auch dass der Eindruck entsteht, "Kathodenstrahlröhren" seien das einzige Prinzip, einen Bildschirm zu realisieren, nimmt der Herausgeber in Kauf – und liefert in seinem Kapitel "Kleine Philosophie der Technik" sogar eine Art Rechtfertigung: "Stets haben neue Techniken zunächst Merkmale der Vergangenheit mitgeschleppt… Wer Technik verstehen will, muss sich deshalb immer auch mit der Geschichte der Technik beschäftigen."


Aus: Spektrum der Wissenschaft 5 / 2000, Seite 106
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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