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Datentransport über geringe Entfernungen


Kommunikationssysteme sollen die digitalisierten Informationen – derzeit vor allem Telephongespräche und Datenströme – immer rascher befördern. Prototypen schneller Vermittlungssysteme bewältigen bereits Datenraten von 622 Millionen Bits pro Sekunde, was es möglich macht, etwa 10000 Gespräche in einer Leitung zu übertragen. Die gleichzeitig eintreffenden Signale werden als kleine Pakete einem seriellen Gesamtstrom beigegeben, schließlich wieder ausgekoppelt und den richtigen Empfangsorten zugeleitet; man spricht von Zeitmultiplexing. Die Komponenten faßt man in Schaltschränken zusammen, von denen jeder mehr als 1000 Ein- und Ausgangsleitungen haben kann; je nach Ausbaustufe besteht ein System aus mehreren solchen Schränken.

Optische Übertragungswege sind für solche Datenraten den elektrischen überlegen (Bild), denn man kann sie ohne Gefahr des Übersprechens dicht packen, und ihre Dämpfung ist geringer. Während sie auf Fernstrecken etabliert und wirtschaftlich sind, befindet sich die entsprechende Verbindungstechnik – charakterisiert durch kürzere Entfernungen – noch weitgehend in der Entwicklung und Erprobung. Entsprechend der zu überbrückenden Distanz unterscheidet man Verbindungen

- von Schaltschrank zu Schaltschrank mit zwei bis 300 Metern,

- innerhalb eines Schranks mit einem halben bis zwei Metern Länge,

- zwischen Chips auf einer Leiterkarte mit einer Länge von einem bis fünfzig Zentimetern und

- innerhalb einer integrierten Schaltung, wobei die Leitung kürzer als ein Zentimeter ist.

Grundbausteine einer jeden optischen Verbindung sind der Sendebaustein zur Umwandlung der elektrischen Signale in optische, das Übertragungsmedium, lösbare Verbindungen (Stecker) und der Empfangsbaustein zur Rückwandlung der optischen Signale in elektrische. Indem man mehrere elektrische und optische Komponenten in einem Gehäuse kombiniert, lassen sich Kosten und Platzbedarf niedrig halten.

Dabei werden die Lichtwellen über längere Strecken in Glasfasern, über kürzere in planaren Wellenleitern geführt. Anders als bei der Freiraumausbreitung mit Linsen und Spiegeln kann man bei diesen Verfahren defekte Komponenten ohne Ausschalten des Gesamtsystems auswechseln.


Mikromechanische Justagevorrichtungen

Um Schaltschränke zu verbinden, faßt man viele Einzelfasern zu Faserbändchen zusammen. Eine individuelle Justage jeder darin enthaltenen Leitung vor der jeweiligen Lichtquelle oder Photodiode ist aber allein aus Kostengründen nicht mehr möglich. Statt dessen entwickelte man mittels Mikromechanik und Mikrosystemtechnik eine Vorrichtung, alle Fasern eines Bändchens gleichzeitig in präzis geätzte V-förmige Nuten eines Silicium-Trägers einzulegen und festzukleben. Die lichtführenden Kerne der Fasern lassen sich so auf weniger als ein tausendstel Millimeter genau ausrichten. Dies ergibt einen kompakten Aufbau: Der Abstand zwischen den Fasern beträgt 0,25 Millimeter; ein Bändchen mit zehn optischen Kanälen ist dann nur 2,5 Millimeter breit (und 0,3 Millimeter dick). Die präzise Montage der Laser- und Detektorzeilen ist noch Gegenstand der Forschung; zur horizontalen und vertikalen Ausrichtung nutzt man beispielsweise in den Silicium-Träger geätzte Stufen und galvanisch sehr genau abgeschiedene Metallhöcker als mechanische Auflage; letztere dienen gleichzeitig als elektrische Kontakte.

Derzeit arbeitet unsere Forschungsgruppe daran, die erreichte Übertragungsleistung um das Zehnfache zu steigern, indem wir die Datenrate auf 2,5 Milliarden Bits pro Sekunde und die Kanalzahl auf zehn erhöhen. An einer Silicium-Trägerplatte mit zehnkanaliger Laserzeile und Faserbändchen als Vorstufe werden bereits grundlegende Experimente unternommen.


Ausblick

In Kooperation mit den Universitäten Dortmund und Erlangen arbeiten wir auch an planaren Wellenleiterplatten und zugehörigen Mehrkanal-Steckverbindungen zur Verteilung der optischen Signale innerhalb eines Schaltschranks. Die optischen Wellenleiter sollen dabei in naher Zukunft einfach als eine zusätzliche Ebene auf eine elektrische Leiterplatte aufgebracht und mit anderen derartigen Boards über optische Mehrkanal-Stecker verbunden werden. Verwendet man etwa für die planaren Wellenleiter transparente Kunststoffe, kann man sie als flexible Folie auflaminieren oder kleben. Entfernt man Teilbereiche der Folie, entstehen Fenster für elektronische Bauteile sowie Sende- und Empfangsmodule. Mit eingebetteten Wellenleiterstrukturen läßt sich die Verdrahtungsdichte gegenüber Glasfaser-Bändchen nochmals um das Zehnfache steigern.

Des weiteren entwickeln wir Möglichkeiten, die Verbindungen während des Betriebs neu zu konfigurieren. Derzeit gibt es nur starre Punkt-zu-Punkt-Verknüpfungen; doch könnten sie sich mittels thermo-optischer Raumschalter auch modifizieren lassen, um beispielsweise bei Ausfall einer Baugruppe vollautomatisch einen Ersatz einzuschalten.

Künftig wird man in der optischen Verbindungstechnik wohl immer kürzere Strecken überbrücken, dabei aber mehr Kanäle in einer Leitung integrieren wollen. Möglicherweise setzt man Sender und Empfänger auch direkt auf Chips auf und baut sie in ein gemeinsames Gehäuse, so daß sich elektronische Bauelemente mit optischen Ein- und Ausgängen ergeben. Elektrische Zuleitungen gäbe es dann nur für Versorgungsspannungen und Steuersignale.


Aus: Spektrum der Wissenschaft 7 / 1996, Seite 112
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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