Folge 2: Deutsche Inseln im Meer der Fremde

"Am zehnten Dezember (1847, die Red.) sahen wir in der Ferne Land und waren alle der Meinung, es wäre das so heiß ersehnte Amerika. Es war aber eine bittere Täuschung für uns, denn wir sahen blos die Azorischen Inseln, und wir hatten von hier aus noch eine fünfwöchige Fahrt mit sehr viel Sturm. Jetzt könnt Ihr Euch denken, daß mich die Langeweile plagte und ich mich nach dem Lande sehnte."
Jetzt werden die Plastikschieber vor den Fenstern zugezogen, und das bisschen Außenwelt verschwindet. Auf den Bildschirmen flimmert ein Actionstreifen. Doch ich bin mit den Gedanken bei Karl, Schriftsetzer aus dem Königreich Württemberg, damals 28 Jahre alt. Im Spätherbst 1847 war er mit dem gleichen Ziel unterwegs – irgendwo zehn Kilometer unter uns, in der Weite des Nordatlantiks. 63 Tage lang segelte die Dreimastbark »Anna« von Bremerhaven nach New York. Die Passagiere waren der bedrückenden Enge, der öden Tage auf See, des oft stürmischen Wetters längst müde: 103 Menschen, geflohen vor Hunger, Armut, Ausbeutung, religiöser Unterdrückung und staatlicher Willkür. Sie alle hofften auf ein besseres Leben in der Neuen Welt ...
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