Direkt zum Inhalt

Mathematik: Die Architektur der Mathematik

Denken in Strukturen Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek 2000. 187 Seiten, DM 16,90

Pierre Basieux, Unternehmensberater und gelernter Mathematiker, möchte sein Buch als krönende Zusammenfassung seiner drei Essays "Die Welt als Roulette" (1995), "Abenteuer Mathematik" (1999; siehe Spektrum der Wissenschaft 4/1999, S. 122) und "Die Top Ten der schönsten mathematischen Sätze" (2000) verstanden wissen.

Erst kommt das Gebäude und dann das Fundament – das ist nicht gerade, was ein Architekt unter "Architektur der Mathematik" verstehen würde, entspricht aber der historischen Entwicklung. Die Mathematik war gleichsam auf Sand gebaut, bis Georg Cantor (1845–1918) und seine Nachfolger sie mit der axiomatischen Mengenlehre auf eine solidere Grundlage stellten. Nun gibt es nichts mehr, was wegrutschen könnte, denn das ganze Gebäude der Mathematik mit seinen "mehr als dreitausend unterschiedlich spezialisierten Einzeldisziplinen" ruht auf – der leeren Menge!

Aus diesem Nichts den ganzen Reichtum mathematischer Strukturen zu konstruieren erfordert einigen Aufwand. Basieux erspart uns zwar die "masochistische Tortur" eines kompromisslosen Formalismus, wie die französische Gruppe Bourbaki ihn betrieb. Aber es gibt eine Fülle von Begriffen zu lernen, deren Sinn und Zweck sich erst aus ihrer späteren Verwendung erschließt. Der Überbau bestimmt eben doch weitgehend die Basis.

Auf dem Fundament des Mengenbegriffs stehen drei Säulen, die ihrerseits die Mathematik tragen. Es sind drei Typen von Beziehungen unter den Elementen einer Menge: algebraische, topologische und Ordnungsrelationen. In der Tat kann man von diesem radikal abstrakten Standpunkt Gemeinsamkeiten zwischen weit entfernten Teilgebieten sehen, die anderenfalls in der Detailfülle untergehen würden.

Das Buch vertritt eine sehr spezielle Sichtweise auf die Mathematik, die vom Leser erhebliche Denkarbeit verlangt. Basieux ist es gelungen, dieses spröde Thema in dem begrenzten Rahmen eines Taschenbuchs schmackhaft aufzubereiten.

Christoph Pöppe

Aus: Spektrum der Wissenschaft 1 / 2001, Seite 108
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.