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Pflanzenphysiologie: Grüne Jäger

Gewächse, die Insekten verschlingen, erscheinen auf den ersten Blick ungewöhnlich. Doch bei genauerer Betrachtung ist der Evolutionsweg zur Karnivorie gar nicht so weit.
Venusfliegenfalle (Dionaea muscipula)

In zahlreichen Gartencentern gibt es eine Abteilung mit Pflanzen, die Insekten fangen. Bei den meisten der grünen Fleischfresser fällt die Beute in einen Trichter und landet in Verdauungssaft. Andere verfügen über klebrige Blätter, und wieder andere wickeln ihren Fang auch noch ein. Und als wahrscheinlich auffälligster Vertreter findet sich dort die Venusfliegenfalle (Dionaea muscipula), deren Klappfalle in Bruchteilen von Sekunden zuschnappen. Während sich der typische Gartencenterkunde wohl eher fragt, wie diese Gewächse zu Hause gehalten werden können, interessieren wir Biologen uns für etwas anderes: Wie kamen einige Pflanzen dazu, Insekten zu fangen und zu verspeisen?

Dazu betrachten wir die grünen Jäger aus dem Blickwinkel der Evolutionsbiologie. Worin könnte der Vorteil liegen, der zu diesem Lebensstil geführt hat? Hierfür müssen wir hinaus in die Natur und untersuchen, wo und unter welchen Bedingungen karnivore Pflanzen leben.

Hier in Deutschland kommen verschiedene Arten des Sonnentaus (Drosera) und der Fettkräuter (Pinguicula) vor, die alle ihre Beute mit klebrigen Blättern fangen. Man findet sie beispielsweise im Schwarzen Moor in der Rhön sowie in Feuchtgebieten des Harzes oder der Mecklenburgischen Seenplatte. Auch wenn man weltweit schaut, gedeihen die meisten karnivoren Pflanzen in ähnlichen Biotopen. So beschränkt sich das Areal der Venusfliegenfalle auf ein kleines Sumpfgebiet der US-Bundesstaaten North und South Carolina. Andere grüne Fleischfresser leben sogar komplett im Wasser. Solchen Gebieten ist gemeinsam, dass sie über viel Licht und Wasser verfügen – im Boden mangelt es allerdings an Elementen wie Stickstoff oder Phosphor. Wie jeder Hobbygärtner weiß, sind diese Nährstoffe unverzichtbar für das Pflanzenwachstum und daher Hauptbestandteil vieler Dünger. Insekten enthalten wiederum dank ihrer Proteine und ihrer DNA sehr viel Stickstoff und Phosphor. In einer nährstoffarmen Umgebung nutzt somit eine Pflanze, die solche Tiere fangen und verdauen kann, die Fliege quasi als Biodünger. An derartigen Standorten besitzen Fleischfresser daher einen entscheidenden Vorteil gegenüber Konkurrenten, die sich ihre Nährstoffe lediglich aus dem Boden holen können.

Aber wie könnte diese neue Eigenschaft entstanden sein? …

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  • Quellen

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