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Philosophie: Die Freuden der Qualia

Jeder kennt sie, aber die wenigsten wissen, dass es sie gibt: Qualia. So nennen Neurophilosophen die besondere Qualität allen bewussten Erlebens – sei es die Wahrnehmung der Farbe Orange, der Geschmack eines Apfels oder wie es sich anfühlt, eine gute Idee zu haben. Seit 2007 sind zwölf junge Forscher aus Psychologie, Medizin, Linguistik, Philosophie und Kunstgeschichte dem ­Geheimnis auf der Spur.
Kunst und Qualia
Auf dem Weg quer über den Gendarmenmarkt treibt mir der Wind fast gefrorene Regentropfen ins Gesicht, jeder einzelne ein kleiner Nadelstich. Die Beine hasten schneller, werden warm. Ich denke an das bevorstehende Treffen, doch kurz vor der Tür der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (BBAW) reißt mich ein intensiver Orangeton von der Fassade gegenüber aus meinen Gedanken. Im Seminarraum im zweiten Stock treffe ich die interdisziplinäre Arbeitsgruppe "Funktionen des Bewusstseins" der BBAW. Heute sind neun der zwölf Nachwuchswissenschaftler anwesend, darunter mehrere Philosophen, eine Kunsthis­torikerin, ein Psychologe, ein Psychiater und eine Sprachwissenschaftlerin. Ihr gemeinsames Thema: Qualia.
Der philosophische Fachausdruck beschreibt die besondere Qualität bewussten Erlebens, die über den bloßen Informationsgehalt eines Sinneseindrucks hinausgeht. Die Wahrnehmung der Farbe Rot etwa umfasst mehr als die bloße Information, Licht einer bestimmten Wellenlänge zu sehen. Heute Morgen hätte ein Roboter vielleicht die vielen kleinen Impulse der Regentropfen registriert, aber er hätte sie nicht ebenso wie ich empfunden. Auch die Wärme meiner Muskeln oder der Farbton Orange haben sich für mich auf eine besondere Weise angefühlt, die zentral ist für mein bewusstes Erleben ...

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Gehirn&Geist – Wer entscheidet? Wie das Gehirn unseren freien Willen beeinflusst

Was bedeutet es, ein Bewusstsein zu haben? Haben wir einen freien Willen? Diese Fragen beschäftigt Neurowissenschaft, Philosophie und Theologie gleichermaßen. Der erste Artikel zum Titelthema zeichnet die Entwicklung der neurowissenschaftlichen Forschung nach und zeigt, wie das Gehirn das subjektive Erleben formt. Anschließend geht es im Interview mit dem Neurophilosophen Michael Plauen um die Frage, ob wir frei und selbstbestimmt handeln, oder nur Marionetten unseres Gehirns sind. Die Antwort hat Konsequenzen für unser Selbstbild, die Rechtsprechung und unseren Umgang mit KI. Daneben berichten wir, wie virtuelle Szenarien die traditionelle Psychotherapie erfolgreich ergänzen und vor allem Angststörungen und Posttraumatische Belastungsstörungen lindern können. Ein weiterer Artikel beleuchtet neue Therapieansätze bei Suchterkrankungen, die die Traumata, die viele Suchterkrankte in ihrer Kindheit und Jugend erfahren haben, berücksichtigen. Zudem beschäftigen wir uns mit der Theorienkrise in der Psychologie: Der Risikoforscher Gerd Gigerenzer erklärt, warum die Psychologie dringend wieder lernen muss, ihre Theorien zu präzisieren.

Spektrum Kompakt – Das Unbewusste

Viele unserer Denkprozesse laufen auf Autopilot ab. Untersucht wurden sie schon von Sigmund Freud, C. G. Jung und Alfred Adler. Heute arbeitet man daran, das Zusammenspiel von Unbewusstem und Bewusstem neuronal sichtbar zu machen oder psychische Abwehrmechanismen durch bestimmte Tests zu ergründen.

Gehirn&Geist – Gehirn und KI im Dialog: Was uns künstliche Intelligenz über menschliches Denken lehrt

Ist künstliche Intelligenz in der Lage, echtes Bewusstsein zu simulieren? Neue Ansätze in der KI-Forschung versuchen KI-Systeme menschenähnlicher zu machen, indem sie den modularen Aufbau des Gehirns nachahmen. Mit diesem Artikel startet die neue Serie »Wechselspiel der Intelligenzen«, in der wir beleuchten, wie sich künstliche und menschliche Intelligenz gegenseitig beeinflussen. Im Schwerpunktthema »Demokratie in Gefahr?« klären wir im Interview, ob sich wissenschaftlich fassen lässt, wie eine Demokratie in eine Autokratie abgleitet. Ein weiterer Artikel zu diesem Thema erklärt, wie sich trotz zunehmend kontroverser Gesellschaftsdebatten ein kühler Kopf bewahren lässt. Daneben berichten wir, warum noch Jahre nach Konsum von Psychedelika visuelle Störungen auftreten können, ob Hirnstimulation gegen Depressionen hilft, oder Eisbaden und Kältekammern wirklich gesund sind.

  • Quellen
Jung, M., Heilinger, J. (Hg.): Funktionen des Erlebens. Neue Perspektiven des qualitativen Bewusstseins. De Gryter, Berlin 2009.

Lamme, V. A. F.:Why Visual Attention and Awareness are Different. In: Trends in Cognitive Sciences 7(1), S. 12-18, 2003.

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