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Neurokonstruktivismus: Die große Illusion

Ist unser Bild der Welt nur das Produkt neuronaler Prozesse? Laut Forschern prägen die Eigenarten des Gehirns, was und wie wir wahrnehmen. Trotzdem sei unser Erleben kein Hirngespinst, halten Philosophen dagegen.
Wolkenkuckucksheim

"Wenn du die blaue Kapsel schluckst, ist es aus", sagt Morpheus mit bedeutungsschwerem Blick. "Du wachst in deinem Bett auf und glaubst an das, was du glauben willst." Der Computernerd Neo hat die Wahl: Entscheidet er sich gegen die blaue Kapsel und für die rote, wird er die Wahrheit sehen, verspricht Morpheus. Neo nimmt – logisch: die rote!

Im nächsten Moment erwacht er in einem schleimigen Kokon, aufgehängt in einem mit Flüssigkeit gefüllten Tank. Er ist nackt und an ­diverse Schläuche angeschlossen. Maschinen ­haben die Herrschaft auf der Erde übernommen und halten sich die Menschheit als Energiespender. Um sie in Ruhe ausbeuten zu können, speisen sie in das Nervensystem der Erdlinge eine Matrix ein: die Welt, wie Neo sie kannte. Sie ist in Wahrheit nichts weiter als eine kolossale Computersimulation.

Manchen Kinogänger des Jahres 1999 brachte der Film "Matrix" vielleicht zum ersten Mal auf die Idee, die Welt könne eine einzige große Illu­sion sein. Laut dem Neurokonstruktivismus ist an diesem Hollywood-Szenario womöglich mehr dran, als wir glauben. Demnach leben wir tatsächlich in einer Art virtueller Kunstwelt. Ihr Schöpfer ist allerdings nicht das Computerprogramm irgendeiner überlege­nen Intelligenz, sondern unser Gehirn ...

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Gehirn&Geist – Wer entscheidet? Wie das Gehirn unseren freien Willen beeinflusst

Was bedeutet es, ein Bewusstsein zu haben? Haben wir einen freien Willen? Diese Fragen beschäftigt Neurowissenschaft, Philosophie und Theologie gleichermaßen. Der erste Artikel zum Titelthema zeichnet die Entwicklung der neurowissenschaftlichen Forschung nach und zeigt, wie das Gehirn das subjektive Erleben formt. Anschließend geht es im Interview mit dem Neurophilosophen Michael Plauen um die Frage, ob wir frei und selbstbestimmt handeln, oder nur Marionetten unseres Gehirns sind. Die Antwort hat Konsequenzen für unser Selbstbild, die Rechtsprechung und unseren Umgang mit KI. Daneben berichten wir, wie virtuelle Szenarien die traditionelle Psychotherapie erfolgreich ergänzen und vor allem Angststörungen und Posttraumatische Belastungsstörungen lindern können. Ein weiterer Artikel beleuchtet neue Therapieansätze bei Suchterkrankungen, die die Traumata, die viele Suchterkrankte in ihrer Kindheit und Jugend erfahren haben, berücksichtigen. Zudem beschäftigen wir uns mit der Theorienkrise in der Psychologie: Der Risikoforscher Gerd Gigerenzer erklärt, warum die Psychologie dringend wieder lernen muss, ihre Theorien zu präzisieren.

Spektrum der Wissenschaft – Innerer Dialog – Wie Kopf und Körper miteinander kommunizieren

Über ein fein abgestimmtes System aus neuronalen Netzwerken via hormonelle Steuerung bis hin zu zellulären Dialogen stehen Kopf und Körper in ständigem Austausch. Denn wie in jeder funktionierenden Gesellschaft gilt auch hier: Ohne Kommunikation geht nichts. Dieser innere Austausch ist ebenso komplex wie der soziale – und er läuft rund um die Uhr, meist, ohne dass wir ihn bewusst wahrnehmen. Er spielt auch eine entscheidende Rolle für unsere Gesundheit.

Spektrum - Die Woche – Bei Dauerstress lässt das Gehirn den Körper altern

Stress macht nicht nur müde – das Gehirn lässt den Körper bei Dauerstress auch schneller altern. In »Die Woche« erfahren Sie, wie das Gehirn als »Alterungsmanager« fungiert, warum Pinguine einst lange Schnäbel hatten und welche Risiken die versenktee Atommüllfässer im Atlantik bergen.

  • Literaturtipps

Gabriel, M.: Warum es die Welt nicht gibt. Ullstein, Berlin 2013
Einführung in den "Neuen Realismus" für jedermann

Holt, J.: Gibt es alles oder nichts? Eine philosophische Detektivgeschichte. Rowohlt, Reinbek 2014

Roth, G.: Aus Sicht des Gehirns. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2009
Ausführliche Darstellung der Argumente "pro Neurokonstruktivismus"

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