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Die Mars Mission. Pathfinder, Sojourner und die Eroberung des Roten Planeten.

BLV, München 1998. 160 Seiten, DM 49,90.

Millionen von Menschen verfolgten im Fernsehen und auch im Internet, wie am 4. Juli 1997 erstmals seit mehr als zwei Jahrzehnten wieder eine Sonde auf dem Roten Planeten landete. Es gibt offensichtlich eine große Menge Mars-Begeisterte. Doch als nach einigen Wochen der Kontakt sowohl zum Fahrzeug Sojourner als auch zum Lander Pathfinder selbst abbrach, ging das öffentliche Interesse zurück, und bei vielen Menschen blieben (zum Großteil einfache) Fragen offen. Das vorliegende Buch versucht unter anderem, diese Lücke zu schließen und auch dem Laien die Ergebnisse dieser Mission in einem größeren Zusammenhang nahezubringen. Das ist den Wissenschaftlern Gerhard Neukum und Ralf Jaumann vom Institut für Planetenerkundung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin-Adlershof sowie dem erfahrenen Wissenschaftsjournalisten Holger Heuseler im großen und ganzen gut gelungen. Auch Ergebnisse, die in erster Linie für den Experten von Interesse sind, kommen nicht zu kurz.

Eine wesentliche Komponente dieses Buches sind die Bilder, deren bestechende Qualität nur durch die der Originaldaten begrenzt ist. Eine wohlausgewogene Mischung zwischen Aufnahmen von der Oberfläche durch die Kameras des Landemodules und des Mars-Rovers Sojourner einerseits und aus Umlaufbahnen von der gegenwärtigen und von früheren Marsmissionen andererseits bringt dem Leser diese 200 Millionen Kilometer weit entfernte Welt zum Greifen nahe. Wer Wüstengegenden auf der Erde kennt, wird Ähnlichkeiten mit der Marsoberfläche entdecken, zumindest im Landegebiet der Pathfinder-Sonde.

Bildpaare, welche die Stereo-Kamera des Landers aufgenommen hat, sind rot beziehungsweise grün eingefärbt und übereinandergedruckt. Mit Hilfe der dem Buch beiliegenden Rot-Grün-Brille gewinnt der Leser ein so plastisches Bild vom Landeplatz und seiner Umgebung, als wäre er selbst da. Insbesondere das sogenannte Super-Panorama-Bild ist beeindruckend. Nur die sehr schlichte Rot-Grün-Brille ist etwas umständlich zu handhaben.

Die Autoren berichten von den ersten Tagen der Mission auf der Mars-Oberfläche fast wie von einer Expedition in eine (irdische) Wüste. Dank der detaillierten Schilderung kann der Leser an einer der ehrgeizigsten Unternehmungen der Menschheit gleichsam direkt teilhaben. Der Tagesablauf der Roboter, insbesondere des kleinen Mars-Autos Sojourner, und der sie steuernden Wissenschaftler und Ingenieure im Kontrollzentrum JPL (Jet Propulsion Laboratory) in Pasadena (Kalifornien) ist durch die Zeitverschiebung dominiert: Der Tag auf dem Mars ist ungefähr eine halbe Stunde länger als der auf der Erde.

Nach der Landung war die Hülle des den Aufprall abfedernden Airbags nicht so vollständig wie geplant unter die Sonnenkollektoren gezogen worden und blockierte dadurch die Ausfahrt des Rovers. Durch geschickte Fernsteuerung gelang es, das störende Teil so selbstverständlich wegzuräumen, als stünde die Sonde vor unserer Haustüre. Mit einfachen Beispielen geben die Autoren dem unvertrauten Leser ein Gefühl für die erforderliche – und in der Regel auch erreichte – Präzision. So landete die Sonde weniger als 20 Kilometer vom vorgesehenen Zielpunkt entfernt; bei gleicher Präzision müßte ein in Hamburg abgeschlagener Golfball ein Loch in Lissabon treffen.

Auch die technisch Interessierten unter den Lesern kommen auf ihre Kosten. In kurzen „Essays“ beschreiben die verantwortlichen Wissenschaftler Funktionsweise und Zweck der wichtigsten Instrumente sowohl auf dem Rover als auch auf dem Lander. In der Darstellung der ersten, vorläufigen Ergebnisse der Mission samt Schlußfolgerungen bekommt der Leser einen unmittelbaren Einblick in die Planetologie, die ihrerseits mit Geologie, Geophysik und Mineralogie eng verknüpft ist.

Die Autoren widmen diesem Themenbereich, insbesondere der Geophysik und Geologie, der Entstehungsgeschichte der riesigen Vulkane und Cañon-Systeme, von Flußläufen und möglicherweise ehemaligen Meeren, ebenfalls einen breiten Raum. Dabei verwenden sie Analogien zu ähnlichen Strukturen und Phänomenen auf der Erde, wie dem Grand Canyon in den USA. Stets geht es darum, ob auf ein früheres Vorkommen von Wasser zu schließen ist – eine zentrale Frage der gegenwärtigen Marsforschung. Diese Diskussionen sind auch für den Laien einigermaßen nachvollziehbar, jedoch manchmal etwas zu weitschweifig und sich zum Teil wiederholend.

Insgesamt ist dieses Buch trotz einiger kleiner Schwächen ein gelungenes Werk.


Aus: Spektrum der Wissenschaft 11 / 1998, Seite 156
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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