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Die Pentomino-Werkstatt. Ein Kochbuch neuer geometrischer Muster für logische Denker und Rätselfreunde


Es ist zu vermelden, daß aus einer Saat, die Martin Gardner vor mehr als 30 Jahren gelegt hat, ein prächtiges Bäumchen herangewachsen ist. Der Altmeister der „Mathematical Recreations“, deren letzte Ausgaben noch als „Mathematische Spielereien“ in den ersten Jahrgängen dieser Zeitschrift erschienen, hatte in den fünfziger Jahren im „Scientific American“ ein einfaches Klötzchenspiel vorgestellt, das in den Folgejahren eine große Schar Anhänger gewann.

Solomon W. Golomb, ein damals 22jähriger Mathematik-Doktorand an der Harvard-Universität in Cambridge (Massachusetts), hatte sich 1954 überlegt, welche Vielfalt an Figuren entsteht, wenn man n Quadrate so aneinanderlegt, daß jedes Quadrat mit einer ganzen Seite an mindestens ein benachbartes angrenzt und die Gesamtfigur keine Löcher hat. Wenn man Figuren, die durch Drehung und/oder Spiegelung ineinander übergehen, als gleich betrachtet, erhält man zwei verschiedene dreiteilige, fünf vierteilige und zwölf fünfteilige Gebilde, die Golomb – in Analogie zu „Domino“ – „Triominos“, „Tetrominos“ und „Pentominos“ nannte. Die wenigen Triominos und Tetrominos erwiesen sich bald als zu unergiebig, die 35 Hexominos (Sechsteiler), 108 Heptominos (Siebenteiler) und die noch zahlreicheren Figuren mit größerer Quadratezahl als zu unübersichtlich. „Die zwölf Pentominos jedoch waren komplex genug, um einerseits verlockende Probleme aufzuwerfen und andererseits elegante und graphisch reizvolle Lösungen anzubieten.“

Günter Albrecht-Bühler (Jahrgang 1942), eigentlich Professor für Zellbiologie an der Northwestern University in Chicago, betreibt das Spiel, aus Pentominos die merkwürdigsten Figuren zusammenzusetzen, offensichtlich, seit Golomb 1965 das einschlägige Buch veröffentlicht hat: „Die meisten Leute kamen jedoch bald wieder zur Vernunft. Andere dagegen verloren ihre Pentomino-Sucht nie. Zu den anderen gehöre ich.“

Immerhin frönt er seiner Sucht auf professionell-wissenschaftliche Weise. In verschiedenen Kapiteln entwickelt er Rezepte, um Muster mit vorgegebenen Eigenschaften zu konstruieren, zum Beispiel sämtliche Zusammenstellungen aller zwölf Pentominos zu einem Rechteck der Größe 6¥10, unendliche Pflasterungen der Ebene, solche mit verschiedenen Farben, die gewissen Zeichnungen von Maurits Cornelis Escher nachempfunden sind, und vieles mehr.

Indem er alle Quadrate zu Rauten mit einem Öffnungswinkel von 60 Grad zusammenstaucht, gewinnt er Figuren, die beim Betrachter unweigerlich den Eindruck dreidimensionaler Gebilde erregen. Und sein bevorzugtes Darstellungsmittel ist weder der Computer – was naheläge – noch Stift und Papier, sondern, sehr mühsam, aber auch sehr edel anzusehen: Einlegearbeit mit Furnierhölzern verschiedener natürlicher Farben.

Sicher – das ist alles eine ziemlich unbedeutende Spielerei, bei allem Scharfsinn, den der Autor investiert hat. Aber Spaß macht es trotzdem.


Aus: Spektrum der Wissenschaft 10 / 1993, Seite 124
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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