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Editorial: Die Haut und ihre Mythen



Was ist das: Es wiegt zwölf Kilo und bedeckt eine Fläche von zwei Quadratmetern? Richtig geraten, es ist unsere Haut. Über dieses größte Organ unseres Körpers sind selbst Grundkenntnisse, das muss man leider sagen, nicht besonders verbreitet. Die Gefahren allzu üppiger Sonnenanbetung predigen Ärzte allenthalben. Dass solche Warnungen aber häufig ignoriert werden, liegt an mehreren Alltags­mythen, die sich hartnäckig um das Thema Haut ranken.

Waschmarotte: Die Oberhaut besitzt einen fett- und wasserhaltigen Schutzfilm, der nicht nur Wasser abstößt und die Haut geschmeidig hält, sondern auch Bakterien und Pilzbewuchs abwehrt. Allzu häufiges Waschen zerstört diesen Schutzfilm. Hautärzte halten es für ausreichend, alle zwei Tage zu duschen.

Bräune: Blässe ist keine Krankheit, sagen Mediziner, und warnen generell vor zu viel Sonne und Strand. Dennoch bevorzugt unsere Wellness-Society die gebräunte Haut als Erfolgs- und Gesundheitssymbol. Dabei gibt es keine "gesunde" Bräune, Schäden im Erbgut der Hautzellen sind der Preis. Besonders Kinder sind gefährdet.

Hautkrebs: Rund 2700 Menschen sterben in Deutschland jährlich an schwarzem Hautkrebs. Ausgelöst wird diese gefährliche Krebsart vor allem durch die energiereiche UV-B-Strahlung. Aber auch die energieschwächere UV-A-Strahlung, wie sie Sonnenstudios verwenden, erhöht das Krebsrisiko und lässt die Haut vorzeitig altern.

Falten: Die Haut altert unvermeidlich, sie wird im Laufe der Jahre zwangsläufig trockener und unelastischer. Doch die beste Vorsorge gegen die "äußere Alterung" ist immer noch ein ausgeglichener Lebenswandel, nicht rauchen, kein Alkohol. Wundermittel gibt es nicht. Mit "Anti-Falten-" oder gar "Anti-Aging-Cremes" aller Sorten werden zwar Milliarden verdient, in erster Linie aber nur psychosomatische Wirkungen erzielt. Zahllose Zusätze versuchen den kindlich zarten Zustand der Haut, nämlich fettarm und wasserreich, zu erhalten. Ob Liposome, Vitamine, Kollagen, Duft- und Färbemittel oder Feuchtigkeitszusätze – weder eine kosmetische noch eine medizinische Wirkung ist bewiesen.

Hautfarbe: Lange wurden Farbe der Haut und Rasse einander gleichgesetzt – bis Genetiker sich der Sache annahmen und bewiesen, dass zwei Menschen desselben Farbtyps genetisch unterschiedlicher sein können als Menschen verschiedener Haut­farbe. Den klassischen Rassismus hat diese Einsicht natürlich nicht beseitigt; sie hat ihn nur noch absurder gemacht. Die eigentliche Funktion der Hautfarbe ­beleuchtet unsere Titelgeschichte ab Seite 38: Es geht um die subtile Balance zweier Vitamine, von denen eines durch UV-Strahlung zerstört und das andere aufgebaut wird – beide aber sind lebensnotwendig.

Dass wegen der globalen Mobilität zahllose Menschen heute in Breitengraden leben, die ihrem Hauttyp nicht angemessen sind, ist ein neuzeitliches Problem – mit allen Negativfolgen für unsere Gesundheit.

Aus: Spektrum der Wissenschaft 6 / 2003, Seite 3
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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